Panorama

Sexting, Pöbeleien, Drohungen Der harte Kampf gegen Cybermobbing

HANDOUT - ILLUSTRATION - Ein Mädchen steht im Hof einer Schule und schaut auf ihr Smartphone, während im Hintergrund zwei andere Mädchen lachen - Illustration zum Thema Cybermobbing. Am 7. Februar 2017 findet der internationale Safer Internet Day statt. In Deutschland lautet das Schwerpunktthema

Insbesondere Jugendliche werden Opfer von Mobbing-Attacken in sozialen Netzwerken und über Smartphones.

(Foto: Maribelle Photography)

Hier ein Nackt-Selfie von der Ex auf Instagram posten, da einen Kollegen auf Whatsapp einschüchtern - Cybermobbing ist ein vielschichtiges Phänomen. Längst sind es nicht nur Jugendliche, die im digitalen Raum zu Tätern werden.

Ein gehässiger Kommentar auf Facebook oder die Verbreitung von Gerüchten – Cybermobbing hat viele Gesichter. Es ist so einfach, dass es jeder machen kann. In sozialen Netzwerken und über Smartphones wird zunehmend ausgegrenzt, beleidigt und bedroht. Deshalb rückt die EU-Initiative "Klicksafe" zum heutigen "Safer Internet Day" das Thema Cybermobbing in den Mittelpunkt.

"Mobbing ohne das vorgestellte 'Cyber' gibt es praktisch nicht mehr", schreibt "Klicksafe" in einer Informationsbroschüre anlässlich des weltweiten Aktionstags für mehr Sicherheit im Internet. Da Kommunikation heutzutage zu großen Teilen im digitalen Raum stattfindet, müsse man davon ausgehen, dass Mobbing sowohl analog als auch digital geschehe. Dementsprechend stehen die Opfer der Mobbingattacken nicht nur während der Arbeitszeit oder in der Schule unter Beschuss: "Cybermobbing ist generell orts- und zeitgelöst", sagt Christopher Homann im Gespräch mit n-tv.de. Homann ist Leiter von "Offlines", der ersten deutschen Beratungsagentur auf dem Gebiet der "Digitalen Balance".

Mit seiner Firma bietet Homann Workshops zum Thema Cybermobbing an. Dabei setzt er vor allem auf Prävention. Dennoch sei der Kampf gegen das durch die Digitalisierung entstandene Phänomen schwierig, da es sehr facettenreich ist. "Das reicht von einfachen Beleidigungen, über Bloßstellungen und Belästigungen bis hin zu Drohungen." Laut "Klicksafe" kann auch Sexting eine Art von Cybermobbing darstellen - wenn ursprünglich im Vertrauen verschicktes erotisches Material gegen den Willen der abgebildeten Person an Dritte weiterverbreitet wird.

Online-Enthemmungseffekt

Besonders betroffen vom Cybermobbing sind Jugendliche. In einer Umfrage des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (MPFS) vom November vergangenen Jahres gab jeder Fünfte an, dass über ihn falsche oder beleidigende Dinge im Internet oder per Handy verbreitet wurden. Zudem hat der "JIM-Studie" zufolge jeder dritte 12- bis 19-Jährige bereits mitbekommen, dass im Bekanntenkreis jemand im Netz oder per Handy fertig gemacht wurde (siehe Grafik unten). Um dem vorzubeugen, versuchen Homann und seine Kollegen, Jugendliche für einen gewissenhaften Umgang mit sozialen Netzwerken zu sensibilisieren: "Wenn die Jugendlichen nicht lernen, was sie teilen können und wer das alles sehen kann, dann sind sie prädestiniert für Mobbingattacken."

Allerdings sei Cybermobbing längst nicht nur ein Jugendproblem. "Wir merken, dass sich das vermehrt auch in Unternehmen langsam festsetzt", sagt Homann. Unter Erwachsenen nähmen die Mobbingattacken demnach aus demselben Grund zu wie bei jungen Menschen. Im digitalen Raum kann der Täter die Reaktion des Opfers nicht direkt sehen. "Das ist der sogenannte Online-Enthemmungseffekt", so Homann. Im Schutze der Anonymität sei die Hemmschwelle zur Diffamierung demnach weitaus geringer als im realen, analogen Leben. Zudem sei das Publikum der Mobbingattacke nahezu uneingeschränkt.

BKA erfasst keine digitale Gewalt

Für die Präventionsarbeit sei es laut Homann problematisch, dass Opfer von Cybermobbing "eher stille Opfer" seien. Deshalb rät er dazu, in die Offensive zu gehen: "Man muss offen darüber kommunizieren – mit einem Vertrauenspartner, Freunden, Kollegen oder auch mit Beratungsstellen." Im äußersten Falle müsse ein Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden, um strafrechtlich dagegen vorzugehen. Dabei sei es laut Homann in jedem Fall ratsam, Screenshots von den beleidigenden Inhalten zu machen. Denn der alte Spruch 'Das Internet vergisst nie' sei nur noch teilweise richtig, schließlich kann man Posts löschen lassen.

In den offiziellen Kriminalstatistiken sucht man nach dem Stichwort "Cybermobbing" vergeblich. Das Bundeskriminalamt begründete dies auf Anfrage von n-tv.de mit dem Umstand, dass das Phänomen nicht als alleiniger Straftatbestand existiert. Demnach seien solche Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik beispielsweise als Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung im Sinne der Paragraphen 185-187 StGB erfasst. Zudem kämen mitunter die Straftatbestände Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, Nötigung oder Bedrohung in Betracht.

Damit es gar nicht erst zur Anwendung dieser Paragraphen kommt, fordert Homann über den "Safer Internet Day" hinaus eine stärkere öffentliche Sensibilisierung für das Thema. Zwar gebe es kein Patentrezept, um Cybermobbing zu verhindern, dennoch müsse weiterhin viel Präventionsarbeit geleistet werden. Dabei sieht Homann insbesondere Politik und Internetkonzerne in der Pflicht: "Wenn man über die Zukunft der Digitalisierung spricht, muss man Themen wie Datenschutz beachten und ihnen einen größeren Stellenwert beimessen."

Quelle: ntv.de

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