Regeln im Schengen-Raum achten Österreichs Kanzler warnt Merz vor Alleingang bei Grenzkontrollen
27.01.2025, 18:59 Uhr Artikel anhören
Menschen, die Deutschland zurückweist, könnten zunächst in Österreich stranden.
(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)
Die Unionspläne zur Zurückweisung von Menschen an deutschen Grenzen haben Auswirkungen auf die Nachbarländer. In Österreich mahnt Interims-Kanzler Schallenberg "gemeinsame Lösungen" an. Aus einem anderen Nachbarland kommt dagegen großes Lob für Merz' Pläne.
Die Pläne von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz für eine grundsätzliche Zurückweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Landgrenzen werden im Nachbarstaat Österreich kritisch gesehen. Er freue sich, dass in Deutschland in der Migrationspolitik ein Umdenken stattfinde, sagte der geschäftsführende österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Gleichzeitig müssten aber die Regeln für den grenzkontrollfreien Schengen-Raum eingehalten werden. "Wir brauchen - das wissen wir alle - gemeinsame Lösungen", sagte er. "Wenn jeder von uns jetzt einzeln einfach die Zugbrücken hochzieht, dann sind wir alle ärmer und keiner ist sicherer."
Mit Blick auf die Frage, ob Österreich von Deutschland an der Grenze abgewiesene Schutzsuchende zurücknehmen würde, verwies Schallenberg ebenfalls auf die geltenden Regeln für den Schengen-Raum. Diese sehen vor, dass erst einmal geprüft werden müsste, wo die betreffende Person in die EU eingereist ist. Erst dann kann ein EU-Staat einen Schutzsuchenden in den so ermittelten anderen EU-Staat schicken.
In einem Unionsantrag zur Migrationspolitik heißt es nun aber unter dem Punkt "An den deutschen Grenzen zurückweisen", Grenzkontrollen würden unbegrenzt fortgesetzt und konsequent mit Zurückweisungen verbunden. Wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus dem Schengen-Raum einreisen und in Deutschland einen Asylantrag stellen wolle, sei nicht bedroht. Er werde an der deutschen Staatsgrenze zurückgewiesen. Dabei handelt es sich nicht um einen Gesetzesentwurf, sondern einen sogenannten Entschließungsantrag. Eine sofortige Maßnahme ergibt sich daraus nicht.
Für Aufsehen sorgen die Äußerungen von Schallenberg auch deswegen, weil er wie Merz Mitglied der europäischen Parteienfamilie EVP ist. Der geschäftsführende Kanzler äußerte sich bei einem EU-Außenministertreffen vor Journalisten zu dem Thema. Er nimmt neben dem Amt des Kanzlers weiter auch die Funktion des österreichischen Außenministers wahr.
Umfängliches Lob für Merz' Pläne kam dagegen aus Frankreich. Der Chef des Rassemblement National, Jordan Bardella, begrüßte die Grenzkontrollpläne des Unions-Kanzlerkandidaten. "Ich freue mich, dass die deutsche Gesellschaft heute erkennt, dass die massive Einwanderungspolitik, die Bundeskanzlerin Angela Merkel jahrelang verfolgt hat, die großen Gleichgewichte einer Gesellschaft erschüttert, die ihre Identität und Sicherheit schützen will", sagte Bardella in Paris. Diese Entwicklung erkläre auch den Aufstieg der AfD in Deutschland, fügte er hinzu.
Verschärfte Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze halte er für umsetzbar, sagte Bardella. "Einwanderung kontrollieren, das bedeutet nicht, Grenzpendler zu behindern", fügte er hinzu. "Die Passagen für illegale Einwanderung sind auch nicht rund um Straßburg, sondern zwischen Frankreich und Italien, auf der Insel Lampedusa und zwischen Griechenland und der Türkei."
Bardella ließ erkennen, dass sich seine rechtspopulistische Partei Rassemblement National künftig wieder der AfD annähern könne. "In der Politik ist nichts in Stein gemeißelt." Der Rassemblement National war auf Distanz gegangen, seit sich die AfD die "Remigration" auf die Fahnen geschrieben hat, also die massive Ausweisung von Menschen mit ausländischen Wurzeln. "Dieses Wort benutze ich nicht", sagte Bardella.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP