Auf Druck der "Wirtschaftslobby"? Foodwatch kritisiert Kennzeichnung
12.09.2014, 13:38 UhrViele Werbeaussagen und Produktkennzeichnungen sind nach Ansicht der Verbraucherorganisation Foodwatch irreführend. Was wiederum an der lückenhaften Kennzeichnungspflicht der Hersteller liege. Der mündige Verbraucher bleibt demnach eine Mär.
Die Mehrheit der Verbraucher will bessere Informationen auf den Verpackungen von Lebensmitteln. Die aktuelle Kennzeichnung lasse sie wegen zu kleiner Schrift, unverständlichen oder fehlenden Angaben oft ratlos zurück, teilte die Verbraucherorganisation Foodwatch unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage mit. Die Politik tue sich mit strengeren Regeln zur Verpackungsgestaltung schwer, weil sie dem Druck der "Wirtschaftslobby" nachgebe.
Im Auftrag von Foodwatch hatte das Meinungsforschungsinstitutes TNS Emnid 1005 Bundesbürger für den Verbraucherreport befragt. Dabei gaben 74 Prozent der Befragten an, es sei schwierig für sie, die Qualität von Lebensmitteln anhand der Angaben auf der Verpackung richtig zu beurteilen. 69 Prozent der Bürger wünschen sich demnach "mehr Informationen" über die Produkte direkt auf den Etiketten. Rund 90 Prozent hielten überdies eine Angabe zur Herkunft der wichtigsten Zutaten für bedeutsam. Eine solche Kennzeichnung fehle aber auf den meisten Lebensmitteln, da sie nicht verpflichtend vorgeschrieben sei.
Dass viele Werbeaussagen und Produktkennzeichnungen irreführend seien, liege an lückenhaften Kennzeichnungspflichten, urteilte Foodwatch. "Alle reden vom mündigen Verbraucher. Doch weder Hersteller noch Gesetzgeber geben uns die Informationen an die Hand, die uns Verbraucher erst mündig machen würden", erklärte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.
Immerhin machen sich laut der Umfrage gut zwei Drittel der Befragten auf verschiedene Weise Gedanken, wie tauglich die aufgedruckten Informationen wirklich sind: 68 Prozent der Verbraucher sind demnach manchmal oder sogar häufig besorgt darüber, "dass wichtige Angaben zu den Inhaltsstoffen nicht oder nur versteckt auf der Packung stehen". 67 Prozent hätten zumindest manchmal Bedenken, "dass ein Lebensmittel nicht so gesund ist, wie es die Verpackung verspricht." Und 61 Prozent sorgten sich wenigstens ab und zu, "dass in einem Produkt nicht drin ist, was drauf steht".
Derartige Ergebnisse stellten auch der Politik ein schlechtes Zeugnis aus, folgerte Foodwatch. So sei zuletzt die Europäische Kommission vor der Wirtschaftslobby eingeknickt und habe ihre neuen Regelungen zur Mindestschriftgröße auf Lebensmitteletiketten von ursprünglich geplanten 3 Millimetern auf noch 1,2 Millimeter gesenkt, für kleine Verpackungen sogar nur auf 0,9 Millimeter, bezogen auf das kleine "x". Für die meisten Kunden sei das eindeutig zu klein: Zwei Drittel der Deutschen gebe an, sich schon einmal über eine zu kleine Verpackungsaufschrift geärgert zu haben. Bei den über 60-Jährigen seien es sogar 87 Prozent und bei den 14- bis 29-Jährigen bereits 31 Prozent.
Quelle: ntv.de, awi/AFP