Ratgeber

Recht verständlich Gehaltskürzung durch Betriebsvereinbarung?

Eine Lohnkürzung ist auch per Betriebsvereinbarung nicht einfach zu erreichen.

Eine Lohnkürzung ist auch per Betriebsvereinbarung nicht einfach zu erreichen.

Der Arbeitsvertrag verweist auf die jeweils gültige Tarifvergütung - müssen die Arbeitnehmer dann ein schlechteres Gehalt aus einer zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung hinnehmen?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG), Aktenzeichen 4 AZR 119/17, entschied kürzlich, dass eine Betriebsvereinbarung eine sogenannte dynamische Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag nicht zu Ungunsten der Mitarbeiter kippen kann. Eine dynamische Bezugnahmeklausel verweist auf den jeweils gültigen Tarifvertrag, damit gelten auch die jeweils gültigen Tarifvergütungen als Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, so als wären sie jeweils in den Arbeitsvertrag hineinkopiert. Das BAG urteilte, dass eine solche arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung als individuell vereinbarte Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers – anders als möglicherweise allgemeine Geschäftsbedingungen - nicht durch eine kollektivrechtliche Regelung wie eine Betriebsvereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden kann.

Was war hier passiert?

Dr. Alexandra Henkel MM, Partnerin FPS

Dr. Alexandra Henkel MM, Partnerin FPS

Hier hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ein Masseur in einem Senioren- und Pflegezentrum, im Arbeitsvertrag die Vergütung nach den jeweils geltenden Regelungen des BAT (Bundesangestelltentarif) und nachfolgend des TVöD/VKA (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung) vereinbart. Eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1993 verweist demgegenüber auf die Bestimmungen einer älteren Fassung des BAT. Diese ältere BAT-Vergütung, die die Arbeitgeberseite als für das Arbeitsverhältnis anwendbar argumentierte, war natürlich wesentlich niedriger als die aktuelle TVöD/VKA-Vergütung, die der Mitarbeiter unter Verweis auf die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel verlangte.

Das Urteil

Das BAG gab dem Mitarbeiter recht und ließ letztlich offen, ob die Betriebsvereinbarung wirksam war. Jedenfalls könne sie als kollektivrechtliche Regelung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat nicht die individuell im Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und dem Mitarbeiter vereinbarte Vergütung als Hauptleistungsvereinbarung zu Lasten des Mitarbeiters abändern. Bei einem Arbeitsvertrag handelt es sich bei der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und der Vergütung durch den Arbeitgeber um sogenannte Hauptleistungen. Die von der Vorinstanz aufgeworfene Frage, inwieweit sonstige Allgemeine Geschäftsbedingungen des Arbeitsvertrages betriebsvereinbarungsoffen sind, also durch Betriebsvereinbarungen abgeändert werden können, musste nicht entschieden werden.

Es gilt für den klagenden Mitarbeiter die jeweils zwischen den Tarifparteien vereinbarte Tarifvergütung.

Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel MM ist Partnerin der Kanzlei FPS.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen