Nach der Leitzinserhöhung Startet jetzt die Zinsrakete?
13.04.2011, 09:58 UhrDie Finanzkrise hat für eine lang andauernde Niedrigzinsphase gesorgt. Billiges Geld sollte die Wirtschaft beleben. Jetzt setzt die Inflation ein. Damit verbunden sollten die Zinsen auch für die Anleger steigen. Tut sich schon was?

Bei den Dispozinsen wird sich die Leitzinserhöhung am schnellsten bemerkbar machen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Inflationsdruck hat der Europäischen Zentralbank (EZB) fast keine andere Möglichkeit gelassen. Sie hat die Leitzinsen in der vergangenen Woche um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Weitere Zinserhöhungen kommen wahrscheinlich noch in diesem Jahr.
In Deutschland lag die Inflationsrate laut Statistischem Bundesamt im März bei 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das bedeutet, wer sein Geld auf einem unverzinsten Girokonto parkt, kann dabei zusehen, wie es an Wert verliert.
Besser ist es auf einem Tagesgeldkonto aufgehoben. Unser Tagesgeld-Vergleichsrechner zeigt allerdings, dass gute Angebote, die nicht nur die Inflation ausgleichen, sondern noch für eine zusätzliche Rendite sorgen, kaum zu finden sind. Die Leitzinserhöhung wäre ein guter Anlass für die Banken, um die Kunden vom steigenden Zinsniveau profitieren zu lassen, denn diese müssen nun mehr Geld ausgeben, wenn sie sich von der EZB Geld leihen möchten. Im Schlepptau des EZB-Leitzinses steigt auch der Euribor, der Maßstab für den Zins unter Banken ist.
Geringe Wechsel-Ambitionen
"Die Banken sind auf diese Art der Geldbeschaffung gar nicht angewiesen, solange nicht die große Masse der Sparer und Anleger zu Häusern mit höheren Zinsen abwandert", weiß Max Herbst, Chef der FMH-Finanzberatung. Und auf die Wechselfaulheit der Sparer ist Verlass: Viele bleiben ihren Banken treu und warten geduldig, dass diese nach der Leitzinserhöhung auch die Anlagezinsen nach oben schrauben. Solange die Refinanzierung über die Kundengelder klappt, haben diese hierfür allerdings keinen Anlass.
Im Schnitt zahlen die Banken für Einlagen auf Tagesgeldkonten laut FMH-Finanzberatung bei einer Anlagesumme in Höhe von 50.000 Euro gerade mal 1,17 Prozent pro Jahr, was unterm Strich ebenfalls Geldvernichtung bedeutet. Gute Angebote sind rar. Cosmos Direkt hat zwar die Verzinsung um 0,25 Prozentpunkte auf nun zwei Prozent angehoben, doch mit diesem Zins kann sich der Direktversicherer nicht an die Spitze der Tagesgeldangebote setzen. Hier thront weiterhin die Allianz Bank mit 2,3 Prozent, gefolgt vom Bankhaus August Lenz mit 2,24 Prozent. Dahinter reihen sich mit jeweils 2,1 Prozent Cortal Consors, GE Capital Direkt, Targobank und DAB Bank. Alle genannten Angebote gehören einem deutschen Sicherungssystem an.
Vier Prozent mit vielen Bedingungen
Ausreißer nach oben gibt es nur mit Auflagen. Cortal Consors garantiert vier Prozent Zinsen für ein ganzes Jahr auf dem Tagesgeldkonto, wenn man als Neukunde das Depot dorthin verlagert, sein altes Depot auflöst und wenigstens 6000 Euro Depotvolumen mitbringt – allerdings auch nur bis zu einer Anlagesumme in Höhe von 20.000 Euro. Drei Prozent gibt es auf dem Tagesgeldkonto der Advanzia Bank für den kurzen Zeitraum bis zum 30. Juni. Die Advanzia Bank gehört allerdings keinem deutschen Einlagensicherungsfonds an.
Auch bei der Festgeldanlage ist bislang wenig von Aufbruchstimmung zu spüren. Für einjähriges Festgeld setzt sich das Angebot der IKB direkt mit einem Zinssatz von 2,8 Prozent vom übrigen Feld ab. Die Mindestanlage beträgt 5000 Euro, einen Höchstbetrag gibt es nicht. Dahinter folgen mit 2,3 Prozent pro Jahr die ErgoDirekt und die Isbank.
Dispozins steigt automatisch
Beim Tages- und Festgeld sind Leitzins und Euribor zwar ein Wert, an dem sich die Banken orientieren. Es gibt aber keinen Automatismus, der für die Anleger mit steigenden Zinsen gleichzusetzen ist. Ganz anders sieht es auf der anderen Seite des Bankgeschäfts aus. Viele Banken vereinnahmen schon jetzt hohe Zinsen, wenn das Girokonto in den Miesen geführt wird. Aus Verbraucherschutzgründen hat der Gesetzgeber deshalb die Kopplung an die Zinsentwicklung verordnet. Der Zeitpunkt während eines Zinstiefs war hierfür allerdings denkbar ungünstig. Der aktuelle Dispozins wird von vielen Banken am Monatsende mit dem Euribor abgeglichen. "Hier wird sich zeigen, welche Häuser wie gierig sind", sagt Herbst voraus.
Quelle: ntv.de