Bundesarbeitsgericht urteilt Teilzeitbeschäftigte werden bei Überstundenvergütung diskriminiert
05.12.2024, 15:57 Uhr Artikel anhören
In Deutschland arbeiten mehr als zwölf Millionen Menschen in Teilzeit - und leisten nicht selten Überstunden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Millionen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten in Teilzeit - vor allem Frauen. Bisher werden sie bei Überstundenzuschlägen oft schlechter behandelt als Vollzeitbeschäftigte. Das muss sich jetzt ändern.
Teilzeitbeschäftigte dürfen einem Grundsatzurteil zufolge bei Überstundenzuschlägen nicht mehr schlechter behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschieden (Az.: 8 AZR 370/20).
Tarifliche Regelungen, nach denen Teilzeit-Arbeitnehmer erst dann Mehrarbeitszuschläge bekommen, wenn sie mit der Zahl der erbrachten Überstunden die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschritten haben, verstoßen demnach gegen das Diskriminierungsverbot. Eine Ausnahme wäre nur möglich, wenn die Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.
In dem verhandelten Fall hatte die spätere Klägerin, eine Pflegekraft in Teilzei, bis Ende März 2018 fast 130 Überstunden bei ihrem Arbeitgeber - einem ambulanten Dialyseanbieter - angesammelt. Zuschläge oder entsprechende Zeitgutschriften hatte sie aber nicht erhalten, da sie in Teilzeit mit 40 Prozent einer vollen Stelle beschäftigt ist. Mit seinem Urteil sprach das Bundesarbeitsgericht der Frau die Zeitgutschriften für die geleisteten Überstunden zu.
In Deutschland arbeiten nach Zahlen des Statistischen Bundesamts mehr als zwölf Millionen Menschen in Teilzeit - besonders hoch ist der Anteil bei Frauen.
Oft Frauen benachteiligt
Die Bundesarbeitsrichter entschieden auch, dass beim Fehlen sachlicher Gründe für die bisherige Zuschlagsregelung bei Teilzeit regelmäßig auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen werde. Es liege eine "mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts vor, wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind", erklärten sie.
Die sogenannte Vollzeitquote bei Überstundenzuschlägen ist nach Angaben von Arbeitsrechtlern in vielen Tarifverträgen enthalten. Der Präzedenzfall für das Grundsatzurteil kommt aus Hessen.
Quelle: ntv.de, awi/dpa