Grundsatzurteil zu Verpackungen Was drauf ist, muss auch drin sein
02.12.2015, 18:34 UhrWo Himbeeren drauf sind, müssen auch Himbeeren drin sein - eine Verpackung, die nicht hält, was sie verspricht, ist nicht zulässig, entscheidet der BGH. Verbraucherschützer jubeln, warnen aber auch: Es gibt noch massenhaft Etikettenschwindel.

Stimmt das Bild auf der Verpackung mit den Zutaten überein? Die wenigsten Käufer gucken genauer hin.
(Foto: picture alliance / dpa)
Verbraucherfreundliches Machtwort vom BGH: Bei einer Verpackung darf nicht der Eindruck entstehen, dass ein Lebensmittel eine Zutat hat, die gar nicht enthalten ist. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) nun im Fall eines auffällig mit Himbeeren und Vanille bebilderten Früchtetees. Es reiche nicht aus, wenn die Zutaten zwar genau aufgeführt seien, die Aufmachung der Verpackung aber den Käufer irreführen könne. Entscheidend sei der gesamte Eindruck der Verpackung (Az.: I ZR 45/13).
Verbraucherschützer wie die Organisation foodwatch begrüßten das Urteil: "Das war überfällig." Zugleich warnten sie: "Viele Produkte sind noch im Handel, die vorne mit großen Früchten locken, diese aber gar nicht oder nur in homöopathischen Dosen enthalten." Nach Auffassung von foodwatch müssen Hersteller jetzt "massenhaft Etiketten retuschieren oder Rezepturen überarbeiten".
In dem Rechtsstreit ging es um den Früchtetee "Felix Himbeer-Vanille Abenteuer" des Marktführers Teekanne. Der wurde zwar schon 2012 aus den Regalen genommen, doch die Grundsatzfrage blieb ungeklärt. Auf der knallroten Verpackung waren neben einem Hasen Himbeeren sowie eine Vanilleblüte abgebildet - und auch der Hinweis, dass in dem Tee "nur natürliche Zutaten" sind. Im Tee selbst waren allerdings nicht mal Spuren von echten Himbeeren und Vanille.
EuGH hat vorgelegt
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte wegen Irreführung des Verbrauchers geklagt und schon im Juni grundsätzlich Rückendeckung vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) bekommen (Rechtssache C 195/14): Hersteller dürfen demnach auf der Verpackung nicht mit Bildern von Zutaten werben, die nicht im Produkt enthalten sind. Der BGH setzte dies nun in deutsches Recht um: "Wenn die Etikettierung eines Lebensmittels und die Art und Weise, in der sie erfolgt, insgesamt den Eindruck entstehen lassen, dass das Lebensmittel eine Zutat enthält, die tatsächlich nicht vorhanden ist, ist eine Etikettierung geeignet, den Käufer über die Eigenschaften des Lebensmittels irrezuführen." Im Fall des Felix-Himbeertees sei dies aufgrund der in den Vordergrund gestellten Angaben auf der Verpackung der Fall.
"Das Urteil trägt der Erfahrung Rechnung, dass Bilder und Begriffe auf Lebensmittelverpackungen für Verbraucher maßgeblich beim Einkauf sind – und nicht das Kleingedruckte im Zutatenverzeichnis. Produkte dürfen keine falschen Erwartungen wecken", sagte Klaus Müller, der Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).
Teekanne ist kein Einzelfall
Teekanne teilte unterdessen mit, man habe die gesamten Produktverpackungen bereits "an das Bedürfnis der Verbraucher nach mehr Transparenz angeglichen" und weise bei der Verwendung von Aromen "ausdrücklich mit unmissverständlichen Hinweisen" wie "aromatisierter Früchtetee mit Himbeer- und Vanillegeschmack" auf die Aromatisierung hin.
Laut Foodwatch sind immer noch viele Produkte im Handel, "die vorne mit großen Früchten locken, diese aber gar nicht oder nur in homöopathischen Dosen enthalten". Nach dem BGH-Urteil müssten die Hersteller jetzt "massenhaft" Etiketten retuschieren oder Rezepturen überarbeiten. Das sieht auch der vzbv so. Vermittelt etwa die Abbildung auf einem Fruchtpüree Mango als Hauptzutat, obwohl deutlich mehr Apfel enthalten ist, müsse es einen Hinweis geben, zum Beispiel: "Fruchtpüree mit 80 Prozent Apel und 20 Prozent Mango".
Quelle: ntv.de, ino/dpa