Ratgeber

Recht verständlich Wer bei der Arbeit pennt, fliegt raus?

Nicht immer muss ein Schläfchen während der Arbeitszeit zur Kündigung führen.

Nicht immer muss ein Schläfchen während der Arbeitszeit zur Kündigung führen.

(Foto: imago/Westend61)

Arbeitgeber dürfen die Pausenzeiten festlegen. Doch riskiert ein Mitarbeiter, der außerhalb dieser bei der Arbeit schläft, eine fristlose Kündigung? Darf der Arbeitgeber hier von Arbeitszeitbetrug und damit einer Straftat ausgehen?

Das Arbeitsgericht Siegburg - Az.: 4 BV 56/16 – hatte kürzlich den Fall eines Betriebsratsmitglieds zu beurteilen, das sich einige Minuten vor Beginn der Pausenzeiten im Pausenraum hingelegt hatte und tief und fest eingeschlafen war. Betriebsratsmitglieder unterliegen besonderem Kündigungsschutz und können grundsätzlich nur dann gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigt und wenn vorher die Zustimmung des Betriebsrates zum Ausspruch der Kündigung vorliegt. Die Frage, ob Schlafen am Arbeitsplatz außerhalb der Pausen eine fristlose Kündigung rechtfertigt, stellt sich aber auch generell bei "normalen" Mitarbeitern.

Dr. Alexandra Henkel MM, Partnerin FPS.

Dr. Alexandra Henkel MM, Partnerin FPS.

Bei Schlafen am Arbeitsplatz könnte man eventuell an einen Arbeitszeitbetrug denken. Der Arbeitnehmer spiegelt dem Arbeitgeber vor, dass er ganz normal arbeitet und kassiert sein normales Gehalt für die vermeintliche Arbeitszeit - er arbeitet aber nicht, weil er zum Beispiel private Dinge erledigt oder wie hier Pause macht und schläft. Betrug, hier Arbeitszeitbetrug, ist eine Straftat und kein Kavaliersdelikt und je nach Einzelfall ist in der Arbeitsrechtsprechung anerkannt, dass Arbeitszeitbetrug ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung – auch ohne vorherige einschlägige Abmahnung - sein kann. Je nach Einzelfall aber eben ...

... und hier sah das Arbeitsgericht in diesem Einzelfall keinen hinreichenden Grund dafür, dass das Betriebsratsmitglied seinen Job fristlos verliert und hielt eine Kündigung für nicht zulässig. Hierbei sprachen 20 Jahre beanstandungsloser Tätigkeit für den Arbeitgeber für den Mitarbeiter und die Tatsache, dass es sich nur um 2 Minuten frühere Pause handelte. Der Mitarbeiter hatte als Entschuldigung angegeben, sich wegen starker Knieschmerzen zwei Minuten früher in den Pausenraum begeben zu haben, um dort auf der Krankenliege kurz das Bein hochzulegen.

Dieses Ergebnis galt laut Arbeitsgericht Siegburg auch trotz der Tatsache, dass der Mitarbeiter schon einige Tage zuvor ebenfalls einige Minuten vor Pausenbeginn beim Schlafen erwischt und abgemahnt worden war. Zweimal nur wenige Minuten reichten dem Gericht nicht aus. Es führte aus, dass nicht jede Nichteinhaltung der Pausenzeiten automatisch auch ein Arbeitszeitbetrug sei.

Bei einem anderen Fall von längerem Schlafen am Arbeitsplatz oder kürzerer Beschäftigungszeit könnte die richterliche Wertung der Interessen im Einzelfall durchaus auch anders aussehen und eine Kündigung drohen. Hier wäre der Arbeitgeber sicherlich auch besser beraten gewesen, wenn er den Mitarbeiter vor Einleitung des Verfahrens auf Zustimmung zu einer fristlosen Kündigung vorher angehört und nicht nur eine Tatkündigung (bei der man hier den Vorsatz des Betruges beweisen muss), sondern auch noch eine Verdachtskündigung ausgesprochen hätte. Angesichts der 20 Jahre Beschäftigung und der lediglich zweimaligen wenigen Minuten zu viel Pause wäre aber auch das kein rechtlich sicheres Verfahren gewesen und die Gerichte wären jedenfalls bei einem besonders zu schützenden Betriebsratsmitglied wohl zu demselben Ergebnis gekommen.

Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel MM ist Partnerin der Kanzlei FPS.

Quelle: ntv.de

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