Versorgungsehe vermutet Witwengeld trotz Zwei-Monats-Ehe?
08.08.2016, 15:19 UhrWird eine Ehe nur aus dem Grund geschlossen, um dem Partner eine Rente oder Pension zu sichern, spricht das Gesetz von einer Versorgungsehe - die keinerlei Hinterbliebenenbezüge sichert. Meist zählt die Dauer der gesetzlichen Verbindung. Aber nicht immer.

Egal ob Witwenrente oder Witwengeld - die Regelungen bei Versorgungsehen gelten analog.
(Foto: imago stock&people)
Die Witwe eines Ruhestandsbeamten erhält nach dem Beamtenversorgungsgesetz Witwengeld. Dies wird allerdings nicht gewährt, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Es sei denn, dass die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält das Gesetz eine anspruchsausschließende Vermutung einer Versorgungsehe, die durch besondere Umstände des Falles widerlegt werden kann. Im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen inhaltsgleiche Regelungen.
Dennoch hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) entschieden, dass die Witwe, die einen lebensbedrohlich erkrankten Beamten in Kenntnis von dessen Erkrankung knapp zwei Monate vor dessen Tod geheiratet hat, ein Anspruch auf Witwengeld hat.
Im konkreten Fall sei der Heiratsentschluss bereits vor Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffen und der Hochzeitstermin aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben worden, befand das Gericht. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei dann widerlegt, wenn die Gesamtbetrachtung der Beweggründe für die Heirat im Einzelfall ergibt, dass verschiedene andere Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwögen oder ihm zumindest gleichwertig seien. So sei den Eheleuten bei der Hochzeit ärztlicherseits eine gemeinsame Zukunft für eine längere Zeit in Aussicht gestellt worden. Die Vermutung einer Versorgungsehe sei daher widerlegt, sodass die Klägerin Witwengeld verlangen könne, urteilte das VGH (Az.: 4 S 1562/15).
Im verhandelten Fall erhielt der verstorbene Lebensgefährte und spätere Ehemann der Witwe Versorgungsbezüge von zuletzt rund 2100 Euro, die Klägerin ein Arbeitseinkommen von rund 530 Euro netto monatlich.
Quelle: ntv.de, awi