Ratgeber

NC beim Medizinstudium Zulassungssystem könnte kippen

3aae17d6a622817053e8ac2d660337a5.jpg

(Foto: dpa)

Wird man ein guter Arzt, wenn man gute Noten in der Schule hatte? Nicht unbedingt. Allerdings ist ein Spitzenabitur derzeit der sicherste Weg, um überhaupt zum Medizinstudium zugelassen zu werden. Das Bundesverfassungsgericht stellt jetzt das Vergabeverfahren auf den Prüfstand.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Prüfung des Numerus clausus (NC) im Studienfach Medizin begonnen. Es prüft, ob das komplizierte Zulassungssystem dem Recht auf freie Berufswahl entspricht und der Grundsatz der Gleichbehandlung erfüllt ist. Vizepräsident Ferdinand Kirchhof sprach in seiner Einleitung von einem "Knappheitsproblem, das die berufliche Lebensplanung junger Menschen gravierend betrifft".

Denn nur noch Abiturienten mit einer Durchschnittsnote von 1,0 bis 1,1 haben momentan die Chance, über ihre Notenleistung sofort einen Studienplatz in Medizin zu erhalten. Wer über die Wartezeit einen Studienplatz erhalten will, wartet immer länger. Inzwischen sind es 15 Semester, also sechseinhalb Jahre. Bewerber können zwar auch mit einem Test versuchen, ihre Note zu verbessern. Letztlich werden aber immer nur knapp 20 Prozent der Bewerber pro Studienjahr angenommen. Grund für den Engpass ist die hohe Bewerberzahl von zuletzt etwa 40.000 im Jahr bei nur gut 9000 Studienplätzen.

Letzte Entscheidung vor 45 Jahren

Anlass für die Prüfung durch das Verfassungsgericht ist unter anderen die Klage einer Bewerberin, die 2009 mit 2,0 das Abitur ablegte. Sie bekam keinen Studienplatz in Medizin und ließ sich zur Krankenpflegerin ausbilden. Nach vier Jahren Wartezeit wurde ihre Bewerbung noch immer abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Gießen hielt das Zulassungssystem für verfassungswidrig und legte es dem Karlsruher Gericht zur Prüfung vor. Zuletzt hatten sich die Karlsruher Richter im Jahr 1972 mit dem NC befasst und ihn gerade noch für verfassungsgemäß erklärt. Das neue Urteil des Ersten Senats wird frühestens in drei Monaten erwartet.

Die knappen Plätze im Studienfach Medizin werden bundesweit nach einem Schlüssel vergeben. Ein Fünftel der Plätze erhalten diejenigen mit den besten Abiturnoten. Weitere 20 Prozent werden nach der Wartezeit vergeben, 60 Prozent vergeben die Hochschulen nach eigenem Auswahlverfahren. Die Universitäten können dabei den Medizinertest, eine Berufsausbildung oder auch ein Auswahlgespräch berücksichtigen. Die Kriterien der Hochschulen sind allerdings unterschiedlich. "Dürfen Universitäten ohne gesetzlich vorgegebene Kriterien nach eigenem Ermessen die Bewerber auswählen?", fragte der Vizepräsident Kirchhof hierzu in seiner Einleitung. Kritische Fragen gab es seitens der Richterbank auch zur Studienortspräferenz. Bewerber müssen eine Rangliste von sechs Studienorten bilden. Einige Unis vergeben nur Plätze an die, die sie als erste Präferenz nennen.

Gut in der Schule, gut im Studium

Im Kern geht es in dem Prozess um die Berufsfreiheit. Artikel zwölf des Grundgesetzes sagt, dass Beruf und Ausbildungsstätte frei gewählt werden können. Nun muss das Verfassungsgericht laut Kirchhof klären, ob der Artikel "einen unmittelbaren Anspruch auf Bereitstellung eines Studienplatzes verleiht, ob er nur einen Teilhabeanspruch an vorhandenen Ausbildungskapazitäten gibt oder ob er lediglich fordert, bei der Auswahl der Studienbewerber nach gleichen Kriterien und zumutbar vorzugehen."

Die Stiftung für Hochschulzulassung verteidigte das Zulassungssystem. Universitäten seien zur Qualitätssicherung verpflichtet. Die Abiturnote und der Studienerfolg stünden nach wissenschaftlichen Studien in einem eindeutigen Zusammenhang, sagte Max-Emanuel Geis. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, sprach sich für einen zentralen Test aus, der auch menschliche Qualifikationen abprüft. Denn es sei zwar nachgewiesen, dass gute Abiturnoten für den Studienerfolg sprechen, aber der Zusammenhang zwischen Bestnoten und späterem Berufserfolg sei bislang nicht erforscht

Quelle: ntv.de, ino/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen