So läuft der 11. Bundesliga-Spieltag Guardiola blufft, Höwedes schleimt
07.11.2014, 12:38 Uhr
Liga first: Josep Guardiola und Philipp Lahm.
(Foto: imago/ActionPictures)
Der FC Bayern stellt einfach seinen eigenen Spielplan auf, Trainer Guardiola entpuppt sich als Tiefstapler. Für die Fußball-Bundesliga ist das keine gute Nachricht. Derweil kommen sie beim FC Schalke nicht vom Fleck.
Wie hoch gewinnen die Bayern?
Gar nicht. Jetzt ist Schluss mit der Dominanz des FC Bayern. Der Stern des Südens verglüht. Ab sofort. Weil endlich einer auf den Tisch gehauen hat: Hoffenheims Trainer Markus Gisdol nämlich. Wie bitte, der spielt an diesem elften Spieltag der Fußball-Bundesliga gar nicht gegen die Bayern? Ach so. Aber gute Ratschläge für die anderen Mannschaften hat er trotzdem parat. "Es ist wichtig, dass wir anderen uns nicht in die Hosen scheißen." Sehr wichtig. Vor allem für die Zeugwarte. Aber lassen wir das. Jedenfalls machten zuletzt die Borussen aus Mönchengladbach und Dortmund nicht gerade den Eindruck, als hätten sie Angst vor den Bayern. Gewonnen haben sie trotzdem nicht.

"Gegen die beste Mannschaft, bei der die besten Spieler der Welt spielen": Alex Meier.
(Foto: imago/osnapix)
Welchen Plan hat sich also Eintracht Frankfurt zurechtgelegt für das Duell mit dem Tabellenführer am Samstag, Kapitän Alex Meier? "Wir haben keine Angst." Ja doch, aber wie wollen die defensiv anfälligen Hessen der Bayern-Offensive das Leben schwer machen? "Das wird nur mit Kampf und Einsatz gehen." Nun gut, was soll man auch sagen, vor einem Spiel gegen "die beste Mannschaft, bei der die besten Spieler der Welt spielen"? Die beste Mannschaft kann seit dem lockeren 2:0 über den AS Rom schon einmal als Gruppensieger für die K.o.-Runde in der Königsklasse planen, was den Kapitän ganz durcheinander bringt: "Wir haben bis Anfang März kein Pokalspiel mehr, bis Ende Februar kein Champions-League-Spiel mehr", fabulierte Philipp Lahm. Ein Blick in den Kalender zeigt: Stimmt nicht. Am 25. November geht es nach Manchester, am 10. Dezember kommt ZSKA. Aber Lahms spezieller Spielplan beweist nur, dass er es ernst meint: "In den nächsten Monaten steht Bundesliga an. Da sind wir zwar vorne, aber nicht weit weg." Vorne, aber nicht weit weg. Ob es das war, was Trainer Josep Guardiola meinte, als er nach dem verlorenen Supercup meinte, sein Team werde bis zur Winterpause Probleme haben? Was für ein Bluffer.
Wie läuft die Dortmunder Aufholjagd?
Zweitbester Start aller Vereine in der Geschichte der Champions League, schlechtester Start der Vereinsgeschichte in der Bundesliga: Der BVB hat derzeit nicht etwa zwei Gesichter, sondern zwei Teams. Eins, das in der Königsklasse nahezu fehlerlos verteidigt und im Angriff eine gnadenlose Effizienz zeigt - und eins, das in der Liga dumme Tore kassiert und vorne Chancen versiebt wie ein schüchterner Teenager beim Abschlussball. Bis auf Platz 17 hat die unerklärliche Schwäche den BVB gebracht - ein guter Ausgangspunkt für eine Aufholjagd. Beim 4:1 gegen Istanbul entdeckte Jürgen Klopp "Entwicklung und Stabilität", auf die er aufbauen will. Die Frage ist nur, ob der Fortschritt schnell genug erfolgt, um am Sonntag zu bestehen. Da kommt nämlich die Borussia aus Mönchengladbach. Die führt mit acht Punkten aus vier Spielen nicht nur die Auswärtstabelle der Liga an, sondern ist nun seit 18 Spielen ungeschlagen - obwohl sie es schon mit den Bayern zu tun bekam. Mit dem Sieg in Limassol brachen die Fohlen den Uralt-Rekord aus Hennes Weisweilers Ära in den 70er Jahren den vorigen Jahrhunderts. Und plötzlich klingen sie, als seien diese Zeiten wieder nah. "Diese Serie hilft nur, wenn man einen Titel holt", sagte Abwehrchef Martin Stranzl. Ein Titel. Mönchengladbach. Zur Erinnerung: Der letzte liegt fast 20 Jahre zurück, 1995 gewannen sie den DFB-Pokal. In Dortmund kann die Borussia dann gleich mal ihre Titeltauglichkeit unter Beweis stellen. Wenn sie Klopps Team die sechste Niederlage in Folge beibringen, hätte das auch etwas Gutes: So ein 18. Platz ist natürlich eine noch viel bessere Ausgangsposition für eine Aufholjagd.
Was passiert sonst noch?
Der VfL Wolfsburg, tabellarisch erster Verfolger des FC Bayern München, empfängt nach dem Kantersieg gegen Krasnodar in der Europaliga nun den Hamburger SV. Da ist die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking nach sieben Pflichtspielsiegen in Folge natürlich Favorit. Zumal nun auch die Joker stechen. Doppelpack Aaron Hunt, Doppelpack Nicklas Bendtner - beim 5:1 gegen das russische Team trafen die Sorgenkinder. "Das ist der falsche Ausdruck", betonte jedoch Manager Klaus Allofs: "Über ihre Qualität gab es nie Zweifel." Gegen den HSV kann Hecking nun wählen. Gegen Krasnodar waren mit Ivica Olic, Maximilian Arnold und Junior Malanda drei Stammplatz-Kandidaten außen vor. Er wird schon eine Lösung finden. Schließlich gilt, was Allofs sagt: "Wir haben einen tollen Lauf."
Den haben die Hoffenheimer als Tabellenvierter ebenfalls, auch wenn sie am vergangenen Sonntag in Mönchengladbach verloren haben. Aber wer tut das derzeit nicht? Und Trainer Gisdol hat sich nicht nur Gedanken über den FC Bayern gemacht, sondern auch über den Gegner an diesem Samstag, den 1. FC Köln. "Der FC ist eine harte Nuss, die es zu knacken gilt. Das kann ein enges Spiel werden, in dem Kleinigkeiten entscheidend sind." Einen Zähler weniger als die Hoffenheimer haben die Leverkusener auf dem Konto. Zu wenig, sagt Trainer Roger Schmidt und fordert ein Ende der Punkteverschwendung, wie er dem "Kölner Stadtanzeiger" vor der Partie gegen den FSV Mainz sagte. Ansonsten findet es aber, dass es ganz gut läuft. "Ich habe schon nach dem ersten Spiel gehört, dass wir unseren Stil so unmöglich im Drei-Tage-Rhythmus durchziehen können. Aber jetzt sieht man: Wir können es. Wir können alle drei Tage mehr laufen und mehr sprinten als der Gegner."
Welche Mannschaft überrascht?
Vielleicht ja der FC Schalke 04 - mit gutem Fußball. Den haben die Gelsenkirchener schon länger nicht mehr geboten. Und das, obwohl sie vor einem Monat den Trainer gewechselt haben. Jens Keller musste gehen, Roberto Di Matteo übernahm. Doch was hat's gebracht? Ein 2:0 gegen eine harmlose Hertha aus Berlin, eine 0:1-Niederlage in Leverkusen und ein Grusel-Sieg gegen Augsburg am Freitag vor einer Woche. In der Champions League feierten die Schalker ein glückliches 4:3 gegen Sporting, bevor sie am Mittwoch mit 2:4 in Lissabon verloren. Danach zog Angreifer Klaas-Jan Huntelaar ein ernüchterndes Fazit: "Die Angst zu verlieren war größer als der Wille zu gewinnen." Di Matteo sagte: "Es braucht Zeit". Und behauptete: "Wir haben Fortschritte gemacht."
Sein Kapitän schleimt sich jedenfalls bei seinem neuen Trainer ein und schiebt die Schuld dessen Vorgänger zu. Unter Jens Keller sei zu wenig an der Fitness gearbeitet worden, ließ Benedikt Höwedes durchblicken: "Da hätten wir mehr machen können. Wir müssen schon noch ein bisschen was aufholen. Wir können nicht jedes Spiel in dieser intensiven Phase über 90 Minuten gehen." Ach so. Dann wird es wohl doch nichts mit der Überraschung, am Samstag gastieren die Schalker beim SC Freiburg, dem am vergangenen Wochenende mit dem 1:0 in Köln der erste Saisonsieg gelang. Trainer Christian Streich ist voller Tatendrang, zumal der Sportclub auch noch im DFB-Pokal reüssierte und mit 5:2 beim Zweitligisten TSV 1860 München gewann. "Wir haben bei den beiden Auswärtssiegen sechs Tore geschossen. Die Spieler haben jetzt eine deutlich breitere Brust." Mit der Kondition scheinen sie keine Probleme zu haben. Oder wie es Streich es formulierte: "Sie sind gelaufen wie die Salzmänner."
Wo wird's brisant?
Das Brisante an der Partie des SV Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart ist ja, dass der BVB nach diesem elften Spieltag auf dem letzten Tabellenplatz steht, wenn Werder auch nur einen Punkt gegen den VfB ergattert und die Dortmunder Borussia gegen Mönchengladbach verliert. In Bremen und Stuttgart sehen sie das natürlich anders. Dort lecken sie ihre Wunden und erinnern sich wehmütig an bessere Zeiten, als beide Teams noch zu den besseren der Liga gehörten. "Das waren immer tolle Spiele gegen Bremen, aber auf einem anderen Niveau. Das waren immer Spitzenspiele", sagte VfB-Trainer Armin Veh. Diesen Samstag dagegen finde "eher das Topspiel der Kellerkinder" statt. Wohl wahr. Aber zumindest spricht viel dafür, dass Tore fallen werden. Nicht nur stellen die beiden Teams die schlechtesten Abwehrreihen der Liga. Auch ein Blick in die Geschichte des Spiels ist aufschlussreich: Während der ersten VfB-Ära von Trainer Armin Veh zwischen Februar 2006 und November 2008 fielen in den fünf Begegnungen der beiden Teams insgesamt 29 Tore - das ist ein Schnitt von fast sechs Treffern pro Partie. Der Höhepunkt war ein 6:3-Heimsieg der Stuttgarter am 8. März 2008. Bremens Trainer Viktor Skripnik, der seinen Bundesligaeinstand am vergangenen Wochenende beim 2:1-Sieg in Mainz feierte, steht vor seinem Heimspieldebüt. Und ist "natürlich aufgeregt. Ich weiß nicht, was mich erwartet". Er schlafe sogar schlecht, "selbst Gute-Nacht-Tee hilft nicht".
Für welchen Trainer wird es eng?
Für Jos Luhukay, jedenfalls wenn er mit der U2 zum Spiel seiner Hertha gegen Hannover ins Berliner Olympiastadion fährt. Der Streik der Lokführer wirkt sich ja auch auf die Bundesliga aus, am Donnerstag teilte sogar die Frankfurter Eintracht mit, das Spiel gegen die Bayern könnte ausfallen. So weit ging die Hertha nicht, aber sie sah sich angesichts des Ausfalls der S-Bahn zu einem Hinweis an die Fans veranlasst: "Viel Zeit einplanen. Auf dem Hin- und Rückweg wird es eng." Vielleicht wäre es der Hertha sogar ganz recht gewesen, wenn das Spiel am Freitag gar nicht stattfindet. Schließlich knirscht es ganz gewaltig nach den zuletzt enttäuschenden Vorstellungen im Pokal in Bielefeld und in der Liga in Paderborn. Trainer Jos Luhukay fand die desaströsen Vorstellungen "schwer erklärbar". Nun geht es aber wenigstens im eigenen Stadion ran, wo die Hertha in fünf Spiele drei Siege holte. Nur stimmt die Bilanz gegen Hannover nicht: Der bisher letzte Heimsieg gegen 96 liegt fünf Jahre zurück. Aber vielleicht strandet Hannover ja auch einfach auf dem Weg? Den Gefallen will Trainer Tayfun Korkat der Hertha nicht machen: "Wir werden rechtzeitig losfahren. Wir haben einen Busfahrer, der nicht streikt."
Wer spielt das schönste Phrasenschach?
"Das ist ein guter Spitzname." Heung-Min Sons bescheidenes Statement zu seinem neuen Rufnamen "Sonaldo".
Quelle: ntv.de