Deutsche EM-Gruppe C unter der Lupe Weltmeister, Lewandowski - und ein Ohrwurm
08.06.2016, 12:08 Uhr
Polen hat seit 1986 keine Vorrunde mehr bei einem großen Turnier überstanden. Mit Lewandowski soll das nicht passieren.
(Foto: imago/Newspix)
Joachim Löw will sich am 10. Juli auch Europameistertrainer nennen dürfen. Im ukrainischen Team reichen sich zwei Kontrahenten die Hände und für Polen soll bei dieser EM endlich alles anders werden. Und dann ist da noch die "Green and White Army".
Gestatten, Deutschland
Joachim Löw ist im Tunnel. "Bei einem Turnier bin ich in meiner eigenen Welt. Da nehme ich wenig wahr, was von außen kommt", sagt der Mann, der sich seit zwei Jahren und dem Triumph in Rio Weltmeistertrainer nennen darf. Sein Ziel ist es, sich ab dem 10. Juli, also nach dem Endspiel im Stade de France, auch Europameistertrainer nennen zu dürfen. "2014 habe ich den großen Erfolg bei der Weltmeisterschaft in Brasilien sehr genossen. Ich habe jetzt gemerkt: man strebt immer wieder danach. Es ist auch ein Teil des Antriebs und der Motivation, einen Titelgewinn zu wiederholen." Na, dann mal los. Am Sonntag beginnt das Turnier für die deutschen Fußballer mit der Partie gegen die Ukraine, Anstoß ist um 21 Uhr im Stade Pierre-Mauroy zu Lille. Es folgen die Partien gegen Polen am 16. (21 Uhr) und gegen Nordirland am 21. Juni (18 Uhr). Was bisher geschah, lesen Sie hier:
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Nützliches Wissen für Ahnungslose: Bernd Leno von Bayer Leverkusen und Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona konkurieren um Platz zwei im deutschen Tor. Die Ersatzmänner von Manuel Neuer sind bereits des Öfteren aneinander geraten. Beide sind seit Jahren Konkurrenten, durchliefen alle U-Nationalmannschaften zusammen. Leno hatte jedoch meist das Nachsehen, ter Stegen war stets die Nummer eins.
Gestatten, Ukraine

"Ich gebe meinen Fehler zu und hoffe, wir können uns friedlich auf die EM vorbereiten": Andrej Jarmolenko.
(Foto: imago/BPI)
Die Stimmung im Kader der Ukraine ist gespalten, im wahren Sinn des Wortes: wie das Land und die Gesellschaft, so die Mannschaft. Und so haben Trainer Michail Fomenko und Andrej Schewtschenko, sein prominenter Assistent, ein Problem. Ein fieser Tritt des Starangreifers Andrej Jarmolenko von Dynamo Kiew gegen Taras Stepanenko von Schachtjor Donezk am 1. Mai und die anschließende Massenrangelei haben die Spannungen zwischen den größten Klubs des Landes verschärft. Jarmolenko wollte Stepanenko dafür bestrafen, dass dieser sein Tor zum 3:0 vor den Dynamo-Fans angeblich provozierend gefeiert hatte. Stepanenko konterte: "Das ganze Land soll wissen, dass meine Freundschaft mit Jarmolenko beendet ist."
Der Verband hatte versucht, zu retten, was zu retten ist. Jarmolenko musste öffentlich Abbitte leisten. Vor Journalisten las er einen Text vor und reichte seinem Kontrahenten die Hand. "Ich gebe meinen Fehler zu und hoffe, wir können uns friedlich auf die EM vorbereiten." Stepanenko, das ist übrigens der Mann, der im WM-Qualifikationsspiel 2013 gegen Moldawien seinen Gegenspieler Vitaliy Bordiyan mit einem Kung-Fu-Tritt gegen Hals und Kopf niedersteckte. Als sei das nicht genug, müssen drei dem Vernehmen nach nicht sonderlich beliebten Russland-Legionäre integriert werden. Alexander Sintschenko, ausgeliehen an FK Ufa, Jewhen Selesnjow von Kuban Krasnodar und Bogdan Butko von Amkar Perm waren in der ersten Nominierungsrunde überraschend nicht berücksichtigt und erst später berufen worden. Und wie sieht es Fußballerisch aus? Fomenko hat zumindest angekündigt: "Die Nummer eins in der Gruppe ist Deutschland, um Platz zwei kämpfen wir, Polen und Nordirland."
Sonntag, 12. Juni
18 Uhr, Nizza: Polen - Nordirland
21 Uhr, Lille: Deutschland - Ukraine
Donnerstag, 16. Juni
18 Uhr, Lyon: Ukraine - Nordirland
21 Uhr, St. Denis: Deutschland - Polen
Dienstag, 21. Juni
18 Uhr, Marseille: Ukraine - Polen
18 Uhr, Paris: Nordirland - Deutschland
Nützliches Wissen für Ahnungslose: Die Lage spitzt sich zu. Bis Dienstag warteten immer noch 1000 Fans aus der Ukraine auf ein Visum für Frankreich, 100 weitere sind bereits abgewiesen worden. So geht's nicht, dachten die Anhänger und schickten deshalb eine Petition an die an die französische Botschafterin in Kiew, Isabelle Dumont: "Die Situation scheint bereits kritisch", heißt es in dem Schreiben. Und Präsident Petro Poroschenko hat tatsächlich seinen französischen Kollegen Francois Hollande gebeten, "die Erteilung von Visa an ukrainische Fans zu ermöglichen, die einen Besuch der EM in Frankreich planen". Ob's hilft? Die Zeit jedenfalls drängt. Am Samstag um 21 Uhr ist Anstoß, in Lille spielt die Ukraine dann wie erwähnt gegen die deutsche Mannschaft.
Gestatten, Polen
Zweimal waren die Polen bislang EM-Teilnehmer. Zweimal schieden sie sang- und klanglos nach der Vorrunde aus. Diese Negativbilanz wollen die "Biało-Czerwoni" (die Weiß-Roten) bei dieser EM vergessen machen. Und es sieht gut aus. Seit Beginn der EM-Qualifikation im Jahr 2014 kann Polen eine beachtliche Länderspielbilanz aufweisen, der Glanzpunkt das 2:0 gegen den Fußballweltmeister Deutschland im Oktober 2014 in Warschau. Zwar verlor man das Rückspiel in Frankfurt am Main im September 2015 mit 1:3, doch die nachfolgenden acht Partien wurden abgesehen von einem 2:2-Remis gegen Schottland alle gewonnen. Das hat natürlich Eindruck hinterlassen. Tritt das Team von Adam Nawalka weiterhin so geschlossen auf, ist mit Polen bei dieser EM zu rechnen. Mit Ausnahme von Bayerns Robert Lewandowski fehlen in Polens Kader allerdings Spieler, die den sogenannten "Unterschied ausmachen" können. Neben Lewandowski soll Torwart Wojciech Szczęsny vom AS Rom bei der EM 2016 die Kohlen aus dem Feuer holen. Der 26-Jährige, der auch schon für den FC Arsenal auf dem Platz stand, hat ebenso internationale Erfahrung wie Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek von Borussia Dortmund und dessen ehemaligen Teamkollegen Jakub Błaszczykowski (AC Florenz). Mittelfeldmotor Grzegorz Krychowiak vom FC Sevilla könnte eine entscheidende Rolle zukommen. Als zweite Sturmspitze neben Lewandowski ist Arkadiusz Milik ein weiterer Torgarant. Der 22-Jährige von Ajax Amsterdam machte in neun Qualifikationsspielen sechs Tore.
Nützliches Wissen für Ahnungslose: In 20 Länderspielen konnte Polen nur einmal gegen das deutsche Team gewinnen, dagegen stehen 13 Niederlagen und sechs Unentschieden.
Gestatten, Nordirland
"Wie wir das geschafft haben? Ich weiß es wirklich nicht", sagte Michael O'Neill, nachdem Nordirland im Belfaster Windsor Park mit einem Sieg gegen Griechenland die Teilnahme an der Endrunde erreicht hatte. Seine einzige Erklärung: "Die Spieler waren großartig." Seit Dezember 2011 ist O'Neill Nationaltrainer Nordirlands. Zuvor war der 46-Jährige drei Jahre Übungsleiter der Shamrock Rovers in Irland und gewann 2010 mit dem Klub die erste Meisterschaft seit 1994. Mit Ausnahme von Aaron Hughes, der in Australien für Melbourne City aufläuft, besteht die Nationalelf Nordirlands aus weitestgehend unbekannten Spielern. Der "Star" der Mannschaft ist Kapitän Steven Davies, der auch bei seinem Stammverein FC Southampton eine feste Größe ist. Der Torjäger vom Dienst ist Kyle Lafferty. Stolze sieben Tore erzielte er in der EM-Qualifikation für die "Green and White Army", wie Nordirlands Nationalmannschaft genannt wird.
Nützliches Wissen für Ahnungslose: Großbritannien hat einen Fangesang im Ohr, die Hymne eines Fans auf den nordirischen Angreifer Will Grigg stürmt derzeit die britischen Charts.
"He will score goals, he will just score more and more.
He will score goals, that’s what we signed him for.
Will Grigg's on fire, your defence is terrified
Will Grigg's on fire, your defence is terrified
Will Grigg's on fire, your defence is terrifed
Will Grigg's on fire, na na na na na na na na na na na"
Griggs schoss sich mit 25 Treffern zur Torjägerkanone und sein Team Wigan Athletic hoch in Englands zweite Liga. Immer mehr Anhänger luden Videos bei Youtube hoch, das Lied kam teamintern so gut an, dass sich die Mannschaft spontan entschloss, eine eigene Version für die BBC einzusingen.
Auf diesen Spieler müssen Sie achten
Robert Lewandowski. Keine Frage, der Spieler vom FC Bayern München gehört zu den besten Stürmern der Welt. Der 27-Jährige hat alle zehn EM-Qualifikationsspiele bestritten und dabei unglaubliche 13 Tore erzielt - im Schnitt also mehr als eins pro Spiel. Dazu kommen noch 30 Ligatreffer, neun in der Champions League und drei im Pokal - diese Zahlen sprechen Bände.
Wie geht die Gruppe aus?
1. Deutschland
2. Polen
3. Nordirland
4. Ukraine
Quelle: ntv.de