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Forschung und Pannen im All Die ISS wird 10

Vor zehn Jahren ist der Menschheitstraum vom dauerhaften Leben im All mit dem Einzug in die Internationale Raumstation ISS näher gerückt. Wertvolle Forschungsarbeit wird in 350 Kilometern Höhe geleistet. In Erinnerung sind aber auch Kuriositäten.

Seit zehn Jahren umkreist der kosmische Aussenposten der Menschheit die Erde ohne Unterbrechung.

Seit zehn Jahren umkreist der kosmische Aussenposten der Menschheit die Erde ohne Unterbrechung.

(Foto: dapd)

Herzlichen Glückwunsch, ISS! Seit zehn Jahren leben dauerhaft Menschen auf der Internationalen Raumstation - scherzhaft als "teuerste Wohngemeinschaft der Welt" bezeichnet. Die erste Dauerbesatzung - zwei Russen und ein US-Amerikaner - bezog am 2. November 2000 nach zweitägigem Flug das Quartier in rund 350 Kilometern Höhe.

Was als großes Abenteuer begann, ist ein Jahrzehnt später fast Normalität. Für Aufsehen sorgen heutzutage weniger die wichtigen Forschungsprojekte oder schwierigen Außeneinsätze, sondern Kuriositäten und Pannen. Dabei ist die Station ein Zeichen für erfolgreiche internationale Zusammenarbeit. Etwa 15 Nationen beteiligten sich an Bau und Finanzierung, darunter auch Deutschland.

Baustelle im All

Seit 2000 gab es häufige Aus- und Einzüge - etwa 200 Mitbewohner kamen und gingen im Abstand von nur wenigen Monaten. Der erste Deutsche war 2006 der Astronaut Thomas Reiter. Gemeinsam arbeiteten Raumfahrer aus 16 Ländern auf dem Außenposten der Menschheit. Und sieben Abenteuertouristen besuchten die ISS - 20 Millionen Dollar zahlte jeder von ihnen. Doch die Bewohner haben auch mit Problemen wie in einer irdischen WG zu kämpfen: Immer wieder sind etwa die Millionen Euro teuren High-Tech-Klos kaputt.

Die ISS ist auch die größte Baustelle im All. Vor dem Bezug mussten mühsam mehrere Module in den Weltraum geschossen und dort zusammengeschraubt werden. Erst im kommenden Jahr soll die Station endgültig fertig sein. Geplantes Betriebsende: frühestens 2020. Schon jetzt ist die ISS die am längsten dauerhaft bewohnte Raumstation. Der sowjetische Vorgänger Mir war 2001 im Pazifik versenkt worden.

Kaum Gaumenfreuden

Rund 8500 zurückgebliebene Trümmerteile früherer Weltraummissionen kreisen neben intakten Satelliten um die Erde. Dem muss die ISS ausweichen.

Rund 8500 zurückgebliebene Trümmerteile früherer Weltraummissionen kreisen neben intakten Satelliten um die Erde. Dem muss die ISS ausweichen.

(Foto: dpa)

Aber auch die Unterhaltskosten für die Station selbst sind astronomisch. Der gesamte Nachschub muss mühsam mit Raumfähren herangeschafft werden: tonnenweise Wäsche, Post von den Lieben auf der Erde, Sauerstoff, Nahrungsmittel. Und das Essen im All kostet so viel wie in einem echten Sterne-Restaurant. Umgerechnet 350 Euro pro Besatzungsmitglied werden jeden Tag fällig. Dabei gibt es kaum eine kulinarische Abwechslung für die Bewohner. Der Speiseplan wiederholt sich alle acht Tage. Und zu essen gibt es nur Gerichte, die wegen der Schwerelosigkeit gut am Besteck haften bleiben. Brot ist hingegen verboten - die Krumen könnten die teure Technik verkleben.

Millimeterarbeit ist beim Andockmanöver gefragt, bei gleichzeitig enormen Tempo - schließlich rast die ISS mit etwa 28.000 Kilometern pro Stunde durchs All, immer wieder muss sie Weltraumschrott ausweichen. Etwa anderthalb Stunden braucht die Station für eine Erdumrundung. An Silvester können die ISS-Bewohner deshalb etwa 15 Mal auf das neue Jahr anstoßen.

Routine statt Euphorie

"Die Station ist schön, sauber, hell, alles funktioniert", funkte der Kosmonaut Juri Gidsenko dereinst seine ersten Eindrücke aus der ISS zur Erde. Mit seinem Landsmann Sergej Krikaljow und dem US-Astronauten William Shepherd gehörte er zur ersten ISS-Besatzung, der "Mission One". "Es ist ein verblüffendes Raumschiff", schwärmt der zuständige Manager der US-Weltraumbehörde NASA, Mike Suffredini, zehn Jahre später. Für ihn ist die ISS schlicht "die wohl schwierigste Aufgabe, die die Menschheit je gemeistert hat".

Doch die einstige Euphorie ist mittlerweile Routine gewichen. Die immensen Investitionen von vermutlich etwa 100 Milliarden Euro stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen, kritisieren ISS-Gegner. Forschungsprojekte lägen hinter dem Zeitplan.

Von 2011 an stellen die USA ihre Shuttle-Flüge ein. Dann können Mensch und Material nur noch mit russischen Sojus und Progress ins All fliegen. Das sei vermutlich eine schwierigere Aufgabe als der erste Flug vor zehn Jahren, erklärte die russische Raumfahrtagentur Roskosmos. Beobachter fürchten, dass sich wegen der geringeren Transportmöglichkeiten die Entwicklung des Weltraumlabors weiter verzögert. Doch nun hat Russland den Bau von zwei Raumfähren ausgeschrieben. Es ist ein klares Signal: Die stolze Raumfahrtnation Russland hält an bemannten Flügen ins All fest.

Quelle: ntv.de, Benedikt von Imhoff, dpa

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