Klimaschnappschüsse im Bohrkern Forscher ringen der Erde ältestes Eis ab
17.08.2017, 12:25 Uhr
Die meterlangen Bohrkerne müssen gut verpackt, isoliert und in die USA geschickt werden.
(Foto: Yuzhen Yan, Department of Geosciences, Princeton University)
Was Anfang des 20. Jahrhunderts der Wettlauf zum Südpol war, scheint im 21. Jahrhundert das Wetteifern von Forschern um das älteste Eis der Erde zu sein. Ein neuer Bohrkern bricht einen alten Rekord und verrät Fakten über das Eiszeitalter vor Millionen Jahren.
Die Antarktis ist ein Kontinent aus Eis und Schnee und der letzte Fleck auf Erden, der nicht dauerhaft von Menschen besiedelt wird. Trotz der lebensfeindlichen Bedingungen treibt es Forscher immer wieder dorthin. An der Suche nach dem ältesten Eis der Erde sind dutzende Institutionen und Forscherteams weltweit beteiligt. Aus den Luftbläschen in den Eisbohrkernen können Erkenntnisse über Klima und Lebenswelt vor Tausenden von Jahren gewonnen werden. Das bislang älteste Eis, das von Forschern 2006 aus knapp 3000 Metern Tiefe gehoben werden konnte, ist wohl fast 900.000 Jahre alt.
Das Camp der Princeton-Forscher auf dem Blaueis bei Allan Hills.
(Foto: Preston Cosslett Kemeny, Department of Geosciences, Princeton University)
Trotz großer Anstrengungen konnte man bisher kein älteres Eis finden, obwohl die Eisschichten in der Ostantarktis an vielen Stellen mehrere Kilometer dick sind. Doch nicht immer ist das am tiefsten liegende auch das älteste Eis, denn wenn Eisschichten zu dick und zu schwer werden, taut die Erdwärme die untersten - und damit ältesten - Schichten einfach weg.
Forscher der Princeton University ließen sich von diesem Problem zu einem neuen Lösungsansatz inspirieren. Das Team um Michael Bender machte sich auf die Suche nach Stellen in der Antarktis, an denen Eisschichten durch Strömungen bereits vor Tausenden von Jahren auf die Seite gekippt worden waren. Die Forscher wurden im sogenannten Blaueis der Allan Hills fündig. In dieser Region der Antarktis werden die oberen Schneeschichten durch starke Winde immer wieder weggeweht. Zurück bleiben stark komprimierte Eisschichten, die bläulich schimmern, sehr alt sind und zusätzlich angekippt werden.
Bohrungen in der Horizontalen
Luftbläschen im ältesten Eis der Welt.
(Foto: Yuzhen Yan, Department of Geosciences, Princeton University)
Die Idee der Wissenschaftler sollte Erfolg haben. Bereits 2010 gelang es in einer Horizontalbohrung, einen Bohrkern zu gewinnen, der 128 Meter lang war und Eis enthielt, das bis zu einer Million Jahre alt ist. Zwar war die Schichtenabfolge in diesem Kern durch diverse Kippungen der Eisschichten nicht chronologisch aneinandergereiht, dennoch konnte das Alter des Eises in den jeweiligen Zonen des Bohrkerns mit Hilfe einer speziellen Methode bestimmt werden.
Erst sechs Jahre später konnten die Bohrungen im Blaueis bei Allan Hills von den Forschern fortgesetzt werden. Doch der enorme Aufwand dafür hat sich gelohnt, wie die jüngsten Analysedaten zeigen. Im neuen Bohrkern befindet sich Eis, das in drei Altersgruppen eingeteilt werden kann: In eine Million Jahre altes Eis, in eineinhalb Millionen Jahre altes Eis und in Eis, das 2,7 Millionen Jahre alt ist. Damit ist es das älteste Eis, das jemals geborgen wurde.
Die Forscher haben nun die Möglichkeit, Erkenntnisse über den Beginn des Eiszeitalters, des sogenannten Pleistozäns, zu erhalten, das als Beginn des Wechsels zwischen Kalt- und Warmzeiten angesehen wird. Die Luft, die in diesem Eis konserviert ist, bietet einen einzigartigen Zugang zur Erdatmosphäre der Urzeit. Wichtige Hinweise lieferten bereits die Daten aus der Bestimmung des Kohlendioxids aus der Millionen Jahre alten, eingeschlossenen Luft im Eis. Es stellte sich heraus, dass sie zu allen Zeiten unter 300 parts per Million, kurz ppm, und damit deutlich unter den gegenwärtigen 400 ppm lagen.
Auch wenn noch nicht alle Analysedaten aus dem Eisbohrkern ausgewertet und eingeordnet worden sind, planen die Forscher der Princeton University bereits eine neue Bohrung im Blaueis von Allan Hills, um noch älteres Eis zu finden.
Ihre bisherigen Ergebnisse stellten die Forscher auf der ersten Konferenz für Geochemie, der "Goldschmidt 2017" in Paris vor.
Quelle: ntv.de, jaz