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Wärmefluss aus dem Erdmantel Grönland-Eis schmilzt auch von unten

Ob das Eis taut, hängt auch davon ab, wie dick die Erdhülle darunter ist.

Ob das Eis taut, hängt auch davon ab, wie dick die Erdhülle darunter ist.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Lithosphäre, die äußere Erdhülle, ist bis zu 200 Kilometer dick. Doch auf Grönland erreicht sie gerade mal 70 bis 80 Kilometer. Das hat offenbar unmittelbare Auswirkungen für die darauf liegenden Gletscher.

Der grönländische Eisschild schmilzt nicht nur durch steigende Wasser- und Lufttemperaturen. Wissenschaftler des Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam fanden heraus, dass das Eis durch einen hohen Wärmefluss aus dem Erdmantel in die äußere Erdhülle auch von unten angeschmolzen wird.

Dieser Einfluss variiert räumlich sehr stark und hat seine Ursache in einer außergewöhnlich dünnen Lithosphäre auf Grönland. Daraus folgt ein erhöhter Wärmefluss aus dem Erdmantel und ein komplexes Wechselspiel zwischen dieser geothermischen Heizung und dem grönländischen Eisschild. Dieser Effekt dürfe bei der Modellierung des Eisschildes im Klimageschehen nicht vernachlässigt werden, schreiben die Potsdamer Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von "Nature Geoscience".

Die kontinentalen Eisschilde spielen im Klima eine zentrale Rolle. Wechselwirkungen und Rückkopplungsprozesse zwischen Eisfläche und Temperaturanstieg sind extrem komplex. Der grönländische Eisschild verliert jährlich rund 227 Gigatonnen an Eis und trägt damit pro Jahr etwa 0,7 Millimeter zur mittleren Meeresspiegeländerung bei. Im Augenblick steigt der Meeresspiegel jährlich etwas um 3 Millimeter. Bisherige Modellrechnungen beruhten jedoch auf einer Betrachtung der Eiskappe und berücksichtigten den Effekt der Lithosphäre, also der Erdkruste und des oberen Mantels, zu stark vereinfacht und vornehmlich mechanisch: das Eis drückt aufgrund seines Gewichts die Kruste nach unten.

Simulation bestätigt Ergebnisse

GFZ-Wissenschaftler Alexej Petrunin und Irina Rogoschina koppelten nun ein Eis-/Klima-Modell mit einem thermomechanischen Modell für die Lithosphäre Grönlands. "Wir haben das Modell über einen Simulationszeitraum von drei Millionen Jahre laufen lassen und dabei Messungen aus Eisbohrkernen und unabhängigen magnetischen und seismischen Daten berücksichtigt", so Petrunin. "Unsere Modellrechnungen stimmen sehr gut mit den Messungen überein. Sowohl die Mächtigkeit des Eisschilds als auch die Temperatur an seiner Basis werden sehr genau abgebildet."

Das Modell kann sogar den Temperaturunterschied erklären, der an zwei nah beieinander liegenden Bohrlöchern gemessen wurden: die Dicke der grönländischen Lithosphäre variiert auf engem Raum sehr stark und damit auch der geothermische Wärmefluss.

Die grönländische Lithosphäre ist zwischen 2,8 und 1,7 Milliarden Jahre alt und unter Zentral-Grönland mit etwa 70 bis 80 Kilometer außergewöhnlich dünn. Warum das so ist, muss noch erforscht werden. Es zeigt sich aber, dass die Kopplung von Modellen der Eisdynamik mit thermomechanischen Modellen der festen Erde einen präziseren Blick in die Vorgänge erlaubt, die das grönländische Eis zum Schmelzen bringen.

Quelle: ntv.de, sba

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