"Gottesteilchen" und die Entstehung des Universums Higgs und Englert erhalten Physik-Nobelpreis
08.10.2013, 13:02 Uhr
Hat allen Grund zur Freude: der Brite Peter Higgs.
(Foto: REUTERS)
Schon eine Weile war darüber spekuliert worden, nun steht es fest: Der Nobelpreis für Physik geht an den Briten Peter Higgs und den Belgier François Englert. Higgs zeigt sich begeistert und hofft auf mehr Verständnis für "Forschung ins Blaue hinein".
Der Physik-Nobelpreis geht in diesem Jahr an den Briten Peter Higgs und den Belgier François Englert. Das teilte die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mit.

Auch Englert gehört zu den Wissenschaftlern, die bereits in den 60ern die Existenz der subatomaren Teilchen prognostizierten.
(Foto: AP)
Die beiden Wissenschaftler hätten mit ihrer Vorhersage der Existenz des Higgs-Bosons maßgeblich zum Verständnis der Teilchenphysik beigetragen, teilte das schwedische Karolinska-Institut mit. Nach Higgs ist das wegen seiner Bedeutung für die Entstehung des Universums auch "Gottesteilchen" genannte subatomare Partikel benannt, das im vergangenen Jahr am europäischen Teilchenbeschleuniger Cern nachgewiesen wurde. Der heute 84-jährige Higgs und der 80-jährige Englert hatten dessen Existenz bereits in den 60er Jahren prognostiziert. Den experimentellen Nachweis seiner Theorie kommentierte Higgs trocken: "Es ist schön, manchmal Recht zu haben."
"Das ist ein Triumph, nicht nur für Higgs und Englert, sondern auch für die Teilchenphysik", sagte Gunnar Ingelman von der Königlich-Schwedischen Wissenschaftsakademie. "Der Preis wird in diesem Jahr für etwas sehr Kleines verliehen, das den ganzen Unterschied macht", sagte Staffan Normark, Ständiger Sekretär der Wissenschaftsakademie.
Englert sagte, er sei "sehr froh", dass er den Preis bekomme. Higgs zeigte sich begeistert von der Entscheidung. "Ich bin überwältigt, diesen Preis zu bekommen und danke der Königlichen Akademie in Schweden", sagte Higgs nach einem von der Universität in Edinburgh verbreiteten Statement. "Ich möchte auch all denjenigen gratulieren, die zur Entdeckung dieses neuen Teilchens beigetragen haben", betonte Higgs.
"Wert des Forschens ins Blaue hinein"
Auch seiner Familie und Freunden dankte er für die Unterstützung. "Ich hoffe, dass diese Anerkennung für die Grundlagenforschung das Bewusstsein für den Wert des Forschens ins Blaue hinein schärft", heißt es in dem Statement des Preisträgers. Ende Mai waren Higgs und Englert für die vor fast 50 Jahren aufgestellte Theorie des Higgs-Teilchens der spanische Prinz-von-Asturien-Preis in der Sparte Wissenschaft und Forschung zugesprochen worden.
Auch die Mitarbeiter am Cern in Genf waren glücklich über die Entscheidung. "Hier war ein Riesenjubel", sagte die Teilchenphysikerin Kerstin Borras. Weit über 100 Forscher hatten sich demnach im großen Foyer des Bürogebäudes am Cern in Genf verteilt und verfolgten live die Übertragung der Preisverkündung, die sich eine gute Stunde verzögert hatte.
"Wir haben alle hier eine Stunde gewartet. Das war eine Superanspannung, die sich dann in einem Riesenapplaus löste", erzählte Borras. "Es war natürlich nicht 100-prozentig klar, aber wir haben schon gehofft, dass die historische Entdeckung dieser Forscher gewürdigt wird." Dass kein Mitarbeiter des Cern mitaufgeführt war, sah Borras gelassen. "Es ist sehr schwierig, einen Cern-Wissenschaftler herauszuheben. Wir sind eine weltweite Forschergemeinde."
"Es ist eine exzellente Entscheidung. Es war einfach fällig", sagte die Heidelberger Teilchenphysikerin Johanna Stachel in Berlin. "Die Theorie steht seit 50 Jahren. Jetzt ist das Teilchen entdeckt, was die Theorie zur Realität macht." Stachel, die auch Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Physik ist, bemängelte, dass es offenbar nicht möglich sei, die zahlreichen Forscher stärker zu würdigen, die das Higgs-Teilchen in Experimenten entdeckten.
Belgiens Premier Elio Di Rupo gratulierte seinem Landsmann Englert. "Sie (die Auszeichnung) ehrt die Freie Universität von Brüssel und ganz Belgien", erklärte er in Brüssel. Der Preis sollte Forscher und junge Menschen ermutigen, sich wissenschaftlichen Studien zuzuwenden. "Wissenschaft und Innovation bedeuten mehr denn je unsere Zukunft", so der Regierungschef.
Es bleibt bei acht Millionen Kronen
Am Montag war der diesjährige Medizin-Nobelpreis dem gebürtigen Deutschem Thomas Südhof zuerkannt worden. Der Neurochemiker teilt sich die Auszeichnung mit den US-Forschern James Rothman und Randy Schekman. Die drei Wissenschaftler haben wesentliche Transportmechanismen in Zellen entdeckt.
Die feierliche Nobelpreisverleihung findet am 10. Dezember in Stockholm statt. Das Preisgeld wird zu drei gleichen Teilen an die drei Wissenschaftler ausgezahlt. Es fällt in diesem Jahr mit insgesamt acht Millionen Kronen (925.000 Euro) ebenso hoch beziehungsweise niedrig aus wie 2012. Seit 2001 war der Nobelpreis mit zehn Millionen Kronen dotiert, wegen der Wirtschaftskrise wurde die Summe vergangenes Jahr jedoch reduziert.
Am Mittwoch wird der Nobelpreis für Chemie bekannt gegeben. Am Donnerstag folgt die Bekanntgabe des Trägers des Literaturnobelpreises. Am Freitag wird der mit besonderer Spannung erwartete Träger des Friedensnobelpreises verkündet. Am Montag kommender Woche wird der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften gekürt.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa