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Wohnorte der über 100-Jährigen Im Norden werden die Deutschen am ältesten

Das viel gepriesene gesunde Landleben bietet keine Gewähr für ein besonders langes Leben: Wie eine Studie zeigt, erfreuen sich vor allem jene Menschen eines biblischen Alters, die in Großstädten zur Welt kommen und ihrem Heimatort treu bleiben.

Die Zahl der 100-Jährigen steigt in Deutschland weiter an.

Die Zahl der 100-Jährigen steigt in Deutschland weiter an.

(Foto: imago stock&people)

Sesshaftigkeit und eine gute Versorgung in frühester Kindheit gehören zu den hervorstechenden Merkmalen eines langen Lebens. Vor allem Menschen in den Ballungszentren Berlin und Hamburg sowie im Nordwesten Deutschlands, haben es geschafft, 105 Jahre und älter zu werden. Wie Forscher des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock weiter berichteten, liegt der Anteil dieser Höchstaltrigen dort um mehr als 50 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

"Die Höchstaltrigen scheinen überraschend sesshaft gewesen zu sein", sagte Sebastian Klüsener vom Rostocker Max-Planck-Institut. Etwa ein Drittel sei am Geburtsort gestorben. Insgesamt die Hälfte der analysierten Uralten habe ihren Lebensabend direkt dort oder im Umkreis von 25 Kilometern verbracht. Obwohl das 20. Jahrhundert voller Turbulenzen und Verwerfungen gewesen sei, seien die Lebensmittelpunkte zu Beginn und zum Ende des Lebens oft fast identisch. Beide Phasen seien für die Überlebenswahrscheinlichkeit besonders relevant, stellte Klüsener fest. Metropolen böten wegen des guten Zugangs zu medizinischer Versorgung besonders für sehr alte Menschen höhere Überlebenschancen.

Muttermilch und medizinische Versorgung ausschlaggebend

"Wir haben zwar keine Daten zum soziökonomischen Status der besonders alten Menschen. Aber vieles spricht dafür, dass eine gute Versorgung in den ersten Lebensmonaten und eine umfassende medizinische Betreuung im Alter die Lebenserwartung maßgeblich beeinflussen", sagte Klüsener. So habe zum Ende des 19. Jahrhunderts etwa in Bayern, wo Kleinkinder häufig nicht gestillt wurden, sondern eine Art Breie erhielten, die Säuglingssterblichkeit dreimal höher gelegen als im Norden. Ursache für die Todesfälle seien vermutlich Verunreinigungen gewesen, zudem enthalte Muttermilch viele besonders gesundheitsfördernde Stoffe. Der Anteil der Höchstaltrigen habe dort nun kaum die Hälfte des bundesweiten Mittelwerts erreicht.

Neben des Stadtstaaten Berlin und Hamburg weisen auch der Regierungsbezirk Hannover (+ 53 Prozent) und Schleswig-Holstein (+ 52 Prozent) überdurchschnittlich viele Menschen jenseits eines Alters von 105 Jahren auf. Die höchsten Werte aber verzeichnen Hamburg (+ 72 Prozent) und Berlin (+ 59 Prozent). München liegt bei 44 Prozent, sticht aber im Vergleich mit dem Rest von Bayern deutlich positiv hervor.

Immer mehr Menschen über 100 Jahre

Möglicherweise seien auch genetische Faktoren für die positiven Zahlen im Norden mitverantwortlich. "Die Kinder, die dort seinerzeit geboren wurden, waren meist größer und schwerer als die im Süden", sagte Klüsener. Deutlich unter dem Mittelwert der Höchstaltrigen liegen neben Bayern auch Sachsen und Teile von Thüringen.

Laut Klüsener basiert die Studie auf Daten aus dem Bundespräsidialamt für die Jahre 1990 bis 2002. Für Glückwunschschreiben des Bundespräsidenten werden dort Angaben zu den Menschen gesammelt, die 105 Jahre und älter werden. In diesem Zeitraum traf das auf rund 1300 Menschen zu. Die Ergebnisse ihrer Studie werden die Rostocker Demografen Sebastian Klüsener und Rembrandt Scholz in Kürze im "Vienna Yearbook of Population Research" veröffentlichen.

Nach Meinung der beiden Forscher wird das Erleben des eigenen 100. Geburtstages künftig fast vom Ausnahme- zum Normalfall. So habe sich die Zahl der Hundertjährigen in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren schätzungsweise verzehnfacht. 2012 seien gut 14.000 Menschen hundert Jahre oder älter gewesen. Entwickle sich die Lebenserwartung wie in den vergangenen 150 Jahren, könne jedes zweite heute geborene Kind ein Alter von 100 Jahren erreichen.

Quelle: ntv.de, sni/dpa

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