Akustischer Fingerabdruck Jeder Mensch klatscht ganz individuell
02.06.2025, 11:02 Uhr Artikel anhören
Die Individualität beim Klatschen könnte in Zukunft zur Identifikation von Personen genutzt werden, so die Forscher.
(Foto: IMAGO/Pond5 Images)
Beim Klatschen entsteht ein für jeden Menschen einzigartiger Klang, finden Forscher heraus. Ihre Studie liefert zudem neue Einblicke in die Physik dieser alltäglichen Geste: Nicht nur der Aufprall der Hände, sondern auch ein spezieller Luftstrom sind demnach Ursache für den charakteristischen Klang
Wie klingt eine Handschrift? Nein, nicht die auf Papier, sondern die, die man in die Luft schreibt, wenn man klatscht. Forscher haben herausgefunden, dass jeder Mensch beim Applaus einen einzigartigen Klang erzeugt – und dass hinter dem vertrauten Geräusch überraschend komplexe Mechanismen stecken.
Ein Forschungsteam der Cornell University und der University of Mississippi zeigte mithilfe verschiedener Live-Experimente, theoretischer Modelle und Silikonrepliken menschlicher Hände, dass das Geräusch des Klatschens durch die schnelle Bewegung der Luft zwischen den Handflächen zustande kommt. Auf diese Weise entstehe das akustische Phänomen, bei dem eine Luftkammer komprimiert und aus einem kleinen Raum herausgedrückt werde.
Konkret bedeutet das: Wenn die Hände zusammenkommen, entsteht eine Lufttasche, die schnell durch die Öffnung zwischen Daumen und Zeigefinger ausgestoßen wird. Dieser Luftstrom versetzt die umgebenden Luftmoleküle in Schwingung - wie bei einem Lautsprecher - und erzeugt so den charakteristischen Klang.
Ähnlich dem Ton aus einer Flasche
Dieses Phänomen ähnelt der sogenannten Helmholtz-Resonanz - dem Prinzip, das auch den Ton erklärt, den man hört, wenn man über die Öffnung einer leeren Flasche bläst. Dabei schwingt die Luft in der Flasche in einer bestimmten Frequenz, abhängig von der Größe der Luftkammer und der Öffnung.
"Das ist etwas, das allgegenwärtig ist, aber nicht gut verstanden wird", sagt Yicong Fu, Doktorand an der Cornell University und Hauptautor der Studie, die im Fachblatt "Physical Review Research" veröffentlicht wurde. "Wir klatschen ständig, aber wir haben nie tief darüber nachgedacht. Das ist der Sinn der Studie - die Welt mit tieferem Wissen und Verständnis zu erklären."
Knall statt längerer Ton
In den Experimenten zeigte sich auch, dass Faktoren wie Handgröße, Form der Hände, Weichheit der Haut und Klatschtechnik den erzeugten Ton beeinflussen. "Herkömmliche Helmholtz-Resonatoren haben starre Wände - denken Sie an die Glaswände einer Flasche", wird Mitautor Likun Zhang von der University of Mississippi in einer Mitteilung zitiert. Dadurch entstehe ein langanhaltender Ton, der sehr langsam abklinge, da der größte Teil der Energie zum akustischen Signal beitrage.
"Wenn wir jedoch elastische Wände haben - beispielsweise unsere Hände -, kommt es zu stärkeren Schwingungen des festen Materials, und diese Bewegungen absorbieren Energie aus dem Ton." Deshalb erzeugt das Klatschen einen einzigen kurzen "Knall" und kein längeres Geräusch, so Zhang.
Individuell einzigartiger Klang
Die Studie der US-Forscher ergab zudem, dass jeder Mensch beim Klatschen einen einzigartigen Klang erzeugt. Diese Individualität könnte in Zukunft zur Identifikation von Personen genutzt werden, ähnlich wie Fingerabdrücke oder Netzhautscans.
"Eine der vielversprechendsten Anwendungen dieser Forschung ist die Identifizierung von Menschen", kommentiert Mitautor Guoqin Liu, der ebenfalls an der University of Mississippi arbeitet. "Allein anhand des Geräusches könnten wir erkennen, wer es erzeugt hat." Den Studienautoren zufolge könnten ihre Erkenntnisse nicht nur zur Entwicklung neuer biometrischer Identifikationsmethoden beitragen, sondern auch Anwendungen in der Musikpädagogik und Akustikdiagnostik finden.
Auf die Technik kommt es an
Es ist indes nicht das erste Mal, dass Applaus wissenschaftlich untersucht wurde: 2024 veröffentlichten zwei griechische Wissenschaftler der Technischen Universität von Kreta eine Untersuchung, die zeigte, wie man am besten klatscht: Sie fanden heraus, dass das lauteste Klatschen erreicht wird, wenn die Hände in einem Winkel von etwa 45 Grad zueinander gehalten werden und die Handflächen sich teilweise überlappen. Diese Konfiguration erzeugt einen besonders lauten Klang mit einem durchschnittlichen Schalldruckpegel von 85,2 dB.
In einer weiteren, bereits 2000 in "Nature" veröffentlichten Arbeit ging eine Forschungsgruppe der Frage nach, wie sich Gruppen beim gemeinsamen Klatschen mit der Zeit synchronisieren. "Dieses Phänomen ist ein reizvoller Ausdruck sozialer Selbstorganisation, der ein Beispiel auf menschlicher Ebene für die Synchronisationsprozesse liefert, die in zahlreichen natürlichen Systemen auftreten, von blinkenden asiatischen Glühwürmchen bis hin zu oszillierenden chemischen Reaktionen", schrieb das Team damals.
Quelle: ntv.de, kst/dpa