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Linsen aus Aragonit Käferschnecken sehen mit Stein

Zum ersten Mal entdecken Wissenschaftler Lebewesen im Tierreich, die mit Linsen aus dem Mineral Aragonit sehen. Mit diesen Augen aus Stein kann die karibische Käferschnecke nicht nur zwischen Hell und Dunkel unterschieden, sondern sogar Objekte erkennen.

Acanthopleura granulata

Acanthopleura granulata

(Foto: Hans Hillewaert)

Karibische Käferschnecken besitzen einzigartige Augen aus Stein. Die einfachen Sehorgane haben Linsen aus dem Mineral Aragonit und sind über die Schalenplatten der Weichtiere verteilt. Mit diesen steinernen oder mineralischen Linsen können die Schnecken nicht nur das Licht bündeln und zwischen Hell und Dunkel unterscheiden, sondern sogar bedrohlich näher kommende Feinde erkennen, berichten US-amerikanische Biologen in der Zeitschrift "Current Biology". Es ist ihnen zufolge das erste Beispiel für Augenlinsen aus diesem Material im Tierreich.

Sönke Johnson und Daniel Speiser von der Duke-Universität in Durham (USA) untersuchten die westindische Käferschnecke Acanthopleura granulata. Auf den acht sich überlappenden Kalkplatten, die ihren daumenlangen Körper von oben schützen, befinden sich hunderte winziger Linsen über Gruppen einfacher lichtempfindlicher Zellen.

Bisher waren Forscher davon ausgegangen, dass die Tiere damit Helligkeitsunterschiede wahrnehmen können. Johnson und Speiser zeigten je doch, dass die einfachen Tiere viel mehr sehen: Bewegten sie dunkle Formen in ihre Nähe, so zogen die Käferschnecken ihren Körper fest an den steinigen Untergrund – nicht jedoch, wenn das Licht lediglich durch einen grauen Filter um denselben Wert gedämpft wurde. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Tiere Objekte erkennen können, die auf den Menschen übertragen so groß erscheinen wie der zwanzigfache Monddurchmesser.

Guter Weg in der Evolution

Augenlinsen im Tierreich bestehen aus den verschiedensten Materialien – meist aus Proteinen oder Chitin. Die winzigen Linsen der Käferschnecken sind aus Kalziumkarbonat aufgebaut – aber nicht aus seinem üblichen Kristall Kalzit, sondern aus dem Mineral Aragonit, das die Tiere selbst bilden und aus dem sie ihre Schalenplatten aufbauen, berichten die Forscher. Die Käferschnecken sind bisher die einzigen bekannten Tiere, die dieses Mineral auch für Linsen nutzen. "Es überrascht, wie diese Tiere praktisch Augen aus Stein machen", kommentierte Sönke Johnson, "aber es erscheint als guter Weg in der Evolution, das zu nehmen, was man sowieso hat."

Käferschnecken sind eine eigene Klasse der Mollusken wie auch Muscheln, Schnecken und Tintenfische. Ähnliche Tiere existieren bereits seit 500 Millionen Jahren – ihre Augen sind aber eine sehr junge Erfindung und treten erst seit 25 Millionen Jahren auf, berichten die Forscher. Damit gehören sie zu den letzten Augen-Neuentwicklungen in der Evolution.

Quelle: ntv.de, dpa

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