Richtig wichtig Masernimpfung für Erwachsene
09.06.2006, 09:53 UhrErwachsene sollten bei Fällen von Masern in ihrem Umfeld genau prüfen, ob sie gegen die Erkrankung ausreichend geimpft sind. Stecken sie sich an der hochinfektiösen Krankheit an, drohen eher neurologische Komplikationen.
"Die Verläufe sind umso schwerer, je älter der Erkrankte ist", sagt Thomas Fischbach, Landesverbandsvorsitzender Nordrhein des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ) in Solingen. So sei etwa bei Erwachsenen das Risiko, eine so genannte Masernenzephalitis -eine Gehirnentzündung -zu bekommen, doppelt so groß wie bei Kindern.
In Nordrhein-Westfalen ist es in diesem Frühjahr zur größten Masernepidemie seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 gekommen. Innerhalb von zehn Wochen sind in dem Bundesland rund 1100 Menschen erkrankt. Bei vielen kam es zu schweren Krankheitsverläufen: 160 wurden ins Krankenhaus eingeliefert, ein siebenjähriges Kind muss mit schweren Spätfolgen rechnen.
In 10 bis 20 Prozent aller Masernerkrankungen kommt es laut Fischbach zu Komplikationen. Die häufigste ist eine Lungenentzündung, die je nach Verlauf lebensbedrohlich werden kann. Während der Masern kann es auch zu Mittelohrenentzündungen kommen. Am gefährlichsten ist jedoch die so genannte subakute sklerotisierende Panenzephalitis (SSPE). Bei ihr kommt es laut Fischbach zu einer zeitlich verzögerten Gehirnentzündung. Die Folgen seien "schwerste neurologische Ausfälle", am Ende führe die Krankheit regelmäßig zum Tod.
Zwar sei das Risiko, an SSPE zu erkranken, für Säuglinge am größten. Laut Fischbach ist diese Masernvariante aber auch bei Erwachsenen möglich. "Der einzige Schutz ist die Impfung. Jeder, der nicht oder nur unzureichend gegen Masern geimpft ist, sollte sich daher umgehend impfen lassen", empfiehlt Fischbach.
Das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin rät vor allem zur konsequenten Impfung von Kindern. "Das Risiko für Erwachsene ist relativ gering", sagt eine Sprecherin. Schließlich hätten fast alle mit wenigen Ausnahmen die Krankheit als Kind gehabt.
Thomas Fischbach hält eine Impfung für Erwachsene aber auch aus dem Grund für wichtig, um eine Epidemie zu verhindern. "Das ist wie ein Gegenfeuer bei Waldbränden", erklärt der BVKJ-Landesverbandsvorsitzende. Denn jeder nicht Immunisierte könne sich anstecken und die Krankheit dadurch weiter verbreiten. Die "Durchimpfungsrate" in Deutschland von 64 Prozent hält er ohnehin für viel zu niedrig. "Das reicht nicht. Man müsste 95 Prozent haben."
Säuglinge und Kinder sollten in jedem Fall geimpft werden, da unkontrollierte Wildinfektionen zu gefährlich seien.
Von so genannten "Masernpartys", bei denen Eltern ihre Sprösslinge absichtlich mit an Masern erkrankten Kindern in Kontakt bringen, hält Fischbach daher gar nichts: "Das ist fahrlässig." Möglich sei die Impfung bei Säuglingen ab dem Alter von neun Monaten. Die Impfempfehlungen sehen als frühesten Termin für eine Masernimpfung den elften Lebensmonat vor.
Sicheren Schutz vor Masern bieten laut Fischbach nur zwei Impfungen. Lebenslang immun sei auch, wer als Kind an Masern erkrankt war. Er empfiehlt Erwachsenen, in ihrem Impfausweis nachzuschauen, ob beide Impfungen vorgenommen worden sind. Wer sich wegen seines Impfschutzes unsicher ist, sollte seinen Hausarzt um Rat fragen.
Eine Nachimpfung ist laut Fischbach für Erwachsene ohne weiteres möglich.
Allerdings übernehmen die Krankenkassen die Kosten nicht in jedem Fall. "Es ist generell so, dass Impfungen Satzungsleistungen der Kassen sind", erklärt ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Berlin. "Jede Kasse kann für sich entscheiden, welche Impfung sie trägt und welche nicht." In der Regel würden aber diejenigen aus den Impfempfehlungen des RKI übernommen. Auch bei bestimmten Indikationen -zum Beispiel bei einer Masernepidemie in der Region -könnten die Kosten übernommen werden. Um sicher zu gehen, sollten sich Betroffene bei ihrer Krankenkasse erkundigen, so der Sprecher. Doch auch wenn Erwachsene eine Nachimpfung selbst bezahlen müssten, sollten sie sich davon laut Thomas Fischbach nicht abschrecken lassen: "Das wäre mir meine Gesundheit Wert."
Masern werden nach Angaben des RKI durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten übertragen. Das Virus führe bereits bei kurzem Kontakt zur Infektion. Zu den Anzeichen gehören Fieber, grippale Symptome sowie Schnupfen und Husten. Nach kurzzeitigem Fieberrückgang kommt es zum erneuten rapiden Temperaturanstieg. Außerdem tritt hinter den Ohren beginnend rosa-bräunlicher Hautausschlag auf.
Quelle: ntv.de