"James Webb" blickt noch genauer hin Nasa baut "Hubble"-Nachfolger
27.05.2012, 13:19 Uhr
Eine künstlerische Darstellung zeigt das neue Weltraumteleskop "James Webb".
(Foto: picture alliance / dpa)
"Hubble" liefert spektakuläre Bilder aus dem All - und das bereits seit 1990. Zeit also, das betagte Weltraumteleskop in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken. Für seinen Nachfolger "James Webb" hat die Nasa jetzt nach 10 Jahren intensiver Arbeit ein besonders wichtiges Instrument fertiggestellt.
Ein europäisches Forscherkonsortium hat eine Infrarotkamera gebaut, die eine Kerze selbst noch auf den mehr als 600 Millionen Kilometer entfernten Jupitermonden nachweisen könnte. Die Spezialkamera namens MIRI ist das erste Beobachtungsinstrument für das "James-Webb"-Weltraumteleskop (JWST), den Nachfolger des erfolgreichen, aber betagten Veteranen "Hubble". Rund zehn Jahre Arbeit stecken im Mid-InfraRed-Instrument (MIRI), das im Mai zum Einbau in das Weltraumteleskop an die federführende US-Raumfahrtbehörde Nasa übergeben wurde. Damit nimmt der "Hubble"-Nachfolger immer mehr Gestalt an. Auch die Spiegelsegmente für den 6,5 Meter großen Hauptspiegel des Teleskops sind bereits fertig.

Schon die Bilder von "Hubble" sind phänomenal. Sein Nachfolger soll ihn an Schärfe aber noch toppen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das JWST soll 2018 starten und wird das größte – und mit geschätzten Baukosten von etwa sieben Milliarden Euro sicher auch das teuerste – Weltraumteleskop, das Menschen je ins All geschossen haben. Sein Hauptspiegel ist mehr als siebenmal größer als der von "Hubble" und immer noch rund zweieinhalbmal so groß wie der von "Herschel", dem gegenwärtig größten Weltraumteleskop. Namensgeber des Teleskops ist der ehemalige Nasa-Chef James Webb, der unter anderem das "Apollo"-Programm der Amerikaner auf den Weg gebracht hatte.
Das Mid-InfraRed-Instrument (MIRI) ist leistungsfähiger als alle Infrarotkameras der Vergangenheit und der absehbaren Zukunft, betont der britische Forschungsrat STFC. Mehr als 200 Forscher aus ganz Europa haben an der Kombination von Kamera und Spektrograph gearbeitet, die auf einen ganz bestimmten Wellenlängenbereich der Infrarotstrahlung zwischen 5 und 28 Mikrometern spezialisiert ist.
"Strahlung solcher Wellenlängen erlaubt es uns, in das Innere von Wolken zu blicken, in denen neue Sterne und Planeten entstehen", erläutert Thomas Henning, Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und einer der leitenden Wissenschaftler des europäischen MIRI-Konsortiums. "So können wir mit MIRI kosmische Geburten so genau und detailscharf untersuchen wie nie zuvor. Sogar Details der wirbelnden Scheiben aus Gas und Staub, in denen Planeten geboren werden, sollten wir ausmachen können."
Sonnensegel groß wie ein Tennisplatz
MIRI ist eines von vier Instrumenten an Bord des JWST. Zum Betrieb muss die Infrarotkamera auf minus 266 Grad Celsius gekühlt werden, das ist nur rund sieben Grad über dem absoluten Nullpunkt. Um das Teleskop vor der Wärmestrahlung von Mond und Erde zu schützen, wird es wie "Herschel" in rund 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde am sogenannten zweiten Lagrange-Punkt (L2) stationiert. Das entspricht etwa der vierfachen Mondentfernung.
Gegen das Sonnenlicht soll das JWST eine Abschirmung entfalten, die so groß ist wie ein Tennisplatz. Auf der warmen, sonnenzugewandten Seite wird es dann 85 Grad warm sein, auf der kalten, sonnenabgewandten minus 233 Grad kalt. MIRI wird von einer Spezialkühlung auf die noch tiefere Betriebstemperatur gebracht.
Auch ein zweites der vier wissenschaftlichen Instrumente des JWST entsteht unter europäischer Regie: NIRSpec, der Near-Infrared Spectrograph (Nah-Infrarot-Spektrograph), soll Spektren von mehr als hundert Galaxien oder Sternen zugleich aufnehmen können, um die Sternentstehung und chemische Zusammensetzung in fernen jungen Galaxien zu untersuchen. Darüber hinaus wird das JWST mit einer Kamera für kurzwellige Infrarotstrahlung (NIRCam) bestückt, die von der NASA beigesteuert wird.
Das vierte Instrument, FGS/NIRISS, kommt von der kanadischen Raumfahrtagentur CSA. Es ist ein Kombi-Instrument, das zum einen die haargenaue Ausrichtung des Weltraumteleskops ermöglicht (Fine Guidance Sensor; FGS) und zum anderen auf die Entdeckung und Charakterisierung von Planeten bei anderen Sternen, sogenannten Exoplaneten, spezialisiert ist (Near Infrared Imager and Slitless Spectrograph; NIRISS). Mit seinen vier hochempfindlichen Augen soll das JWST mindestens fünf Jahre lang tiefer und genauer in den Kosmos blicken als jedes Weltraumteleskop zuvor.
Quelle: ntv.de, dpa