Tschernobyl-Strahlung Pflanzen schützen sich
21.06.2009, 13:40 Uhr
Die Pflanzen in der Nähe des Unglücksreaktors schützen sich mit Proteinen gegen die Strahlung, vermuten Forscher.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Trotz der Strahlung durch radioaktive Elemente im Boden gedeihen viele Pflanzen rund um den Unglücksreaktor in Tschernobyl weiterhin gut. Slowakische Forscher berichten im "Journal of Proteome Research" von den Veränderungen, die den Gewächsen dabei helfen. Martin Hajduch von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Nitra (Slowakei) bepflanzte 2007 zusammen mit ukrainischen Kollegen zwei Felder mit einer ukrainischen Sojabohnen-Sorte. Eins davon befand sich innerhalb der Quarantänezone, etwa fünf Kilometer vom Unglücksreaktor entfernt. Das andere lag etwa hundert Kilometer südlich.
Sojasamen aus Tschernobyl kleiner
Die Belastung mit radioaktivem Cäsium-137 war im Boden des reaktornahen Feldes 163 Mal größer als in dem weit entfernten Gebiet. Bei der Ernte im Herbst fanden die Forscher heraus, dass die Sojasamen aus Tschernobyl um ein Drittel kleiner waren als jene aus großer Entfernung. Bei neun Prozent der Samenproteine unterschied sich die Konzentration zwischen den Samen der strahlungsbelasteten Pflanzen und den Kontrollen deutlich.
Schwermetallstress
Diese Proteine ließen sich in drei Gruppen einteilen, berichten die Forscher: Etwa die Hälfte davon, die in der Mehrzahl verstärkt gebildet wurden, gehörten zum Typ der Samen-Speicherproteine. Von diesen ist bekannt, dass sie nicht nur die Einlagerung von Nährstoffen regeln und als Reserve dienen, sondern auch als "Schutzproteine" wirken. Daneben wurden verstärkt Proteine gefunden, die typisch für Pflanzen sind, die unter Schwermetallstress leiden und die Aufnahme dieser Giftstoffe verringern. Schließlich fanden die Forscher, dass Pflanzensamen im Tschernobyl-Umkreis das Enzym PBD (Peroxisomal Betainaldehyd Dehydrogenase) im Durchschnitt in viel größerer Konzentration enthielten als in den Kontrollpflanzen – fast ein Drittel mehr (32 Prozent). Dieses Enzym ist für seine Schutzwirkung gegen Strahlung beim Menschen bekannt. Zusammen könnten diese Veränderungen in der Proteinausstattung ein erstes Licht auf die Mechanismen werfen, die Pflanzen in der Umgebung von Tschernobyl trotz der Dauerbelastung überleben lassen.
Quelle: ntv.de, dpa