Größer als ein Bundesliga-Fußball Riesenaugen helfen Tintenfischen
16.03.2012, 10:52 Uhr
Ein eingelegter, sechs Meter langer Riesenkalmar im Ozeanum in Stralsund.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Die Augen mancher Tintenfisch-Arten sind groß wie Fußbälle - und damit die größten im Tierreich. Bislang war es ein Rätsel, wieso. Nun finden Wissenschaftler heraus: Nur durch solche Riesenaugen können sich die Weichtiere ausreichend vor ihrem ärgsten Feind, dem Pottwal, schützen.
haben die größten Augen im Tierreich. Sie sind größer als ein Bundesliga-Fußball, und damit rund drei Mal größer als die Sehorgane von Blauwalen. Forscher um Dan Nilsson und Eric Warrant von der Universität in Lund fanden nun heraus, warum die Weichtiere so große Augen haben. Denn um Beute in der fast komplett dunklen Tiefe zu erspähen, würden eigentlich kleine Augen ausreichen, schreibt das Team im Journal "Current Biology". Die großen Augen schützen sie vor Feinden - sie helfen den Tieren, räuberische Pottwale aus mehr als 100 Metern Entfernung erkennen und noch flüchten zu können.

Nicht alle Tintenfisch-Arten sind groß - nur selten findet man so stattliche Exemplare wie den Riesenkalmar.
(Foto: dapd)
Nilsson und Warrant gehören zu den wenigen Menschen, die viel Erfahrung mit den größten Weichtieren der Welt haben. Zu ihnen gehört etwa jener Koloss-Kalmar, der 2007 vor der Arktis gefangen wurde. Er war 450 Kilogramm schwer. Die schwedischen Forscher beteiligten sich an der Konservierung des Tieres in Neuseeland. Dabei untersuchten sie auch die Augen – es waren die größten, die bisher erforscht wurden, deutlich größer als ein Bundesliga-Fußball, mit einer Linse allein so groß wie eine Orange. "Das sind wirklich erstaunliche Augen", sagte Warrant damals. Im zusammengefallenen Zustand maßen sie rund 25 Zentimeter Durchmesser, im lebenden Tier seien es womöglich um die 30 Zentimeter gewesen. Zugleich seien sie unter den größten, die es während der gesamten Stammesgeschichte der Tiere jemals gegeben habe.
Nun haben die schwedischen Forscher ihr Wissen um die fast lichtlosen Verhältnisse im mehreren hundert Metern Wassertiefe in ein Computermodell übertragen. Sie wollten herausfinden, warum die Riesentintenfische derart gigantische Augen entwickelt haben. Die Rechnungen zeigten, dass es für die Jagd rund 500 Meter unter der Oberfläche keinen Sinn hat, mehr als etwa orangengroße Augen zu besitzen, schreibt Nilsson in einer Mitteilung zu der Studie. "Die Augen noch größer zu machen würde die Sicht nur noch marginal verbessern, aber solche Augen wachsen zu lassen und zu erhalten benötigt sehr viel Energie."
Flucht vor dem Pottwal-Sonar
Sinnvoll werden die fußballgroßen Augen erst dann, wenn es im Dunkel der Tiefsee Gefahren zu erspähen gilt, etwa den Hauptfeind der Tintenfische, den Pottwal. Diese werden um die 18 Meter groß und machen in der annähernd lichtlosen Tiefe mit ihrem Echolot Jagd auf Tintenfische. Gänzlich dunkel ist es dort unten aber nicht – viele kleine Organismen senden ein biologisch erzeugtes Licht aus, die sogenannte Biolumineszenz. Das geschieht oft dann, wenn sie gestört werden – zum Beispiel durch einen vorbeischwimmenden Wal, heißt es in "Current Biology". Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Tintenfische dieses Licht aus einer Entfernung von rund 120 Metern wahrnehmen können, um dann zu fliehen. Pottwale haben mächtige Zähne und starke Kiefer, aus denen es kaum ein Entrinnen gibt.
Weil Tintenfische für die taub sind, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich aufs Sehen zu verlassen. Da das Sonar der Wale aber weiter reicht als die 120 Meter Blickweite der riesigen Weichtiere, genügen die Augen wohl nur dazu, eine plötzliche und möglichst schnelle Flucht einzuleiten, wie Nilsson und Warrant annehmen. Damit habe die Bedrohung durch die räuberischen Wale womöglich dazu beigetragen, dass im Zuge der Evolution derart große Tintenfische entstanden seien, schlussfolgern die Forscher.
Quelle: ntv.de, dpa