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Zum Vermehren nach Kenia Seltene Nashörner ausgeflogen

Versuche sind gescheitert, das nördliche Breitmaulnashorn im Zoo vom Aussterben zu bewahren. Nun soll eine spektakuläre Auswilderung die seltenen Nashörner retten.

Ein Nördliches Breitmaulnashorn beschnuppert in seinem Gehege im tschechischen Zoo Dvur Kralove schon mal den Reisecontainer einen Reisecontainer.

Ein Nördliches Breitmaulnashorn beschnuppert in seinem Gehege im tschechischen Zoo Dvur Kralove schon mal den Reisecontainer einen Reisecontainer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Letzte Chance für das Nördliche Breitmaulnashorn: Per Flugzeug treten vier der extrem seltenen Rhinozerosse am 19. Dezember die Reise von Tschechien nach Kenia an. Im Naturschutzreservat Ol Pejeta soll sich die fast ausgestorbene Unterart des Weißen Nashorns unter natürlichen Bedingungen wieder vermehren, hofft der tschechische Zoo Dvur Kralove (Königinhof an der Elbe). In freier Wildbahn ist das nördliche Breitmaulnashorn laut Weltnaturschutzunion IUCN seit 2008 nicht mehr gesichtet worden. Außer den bisher sechs Exemplaren in Ostböhmen leben verbürgt nur noch zwei im Zoo von San Diego (USA).

Der tschechische Chefzoologe Pavel Moucha schickt seine Pfleglinge keinesfalls leichten Herzens auf die knapp 6000 Kilometer lange Reise, sagt aber: "Wir haben alles ausprobiert, was sich für die in Gefangenschaft lebenden Tiere anbot, bis hin zur künstlichen Befruchtung." Die beiden Weibchen Fatu und Najin und ihre männlichen Artgenossen Suni und Sudan, allesamt tonnenschwer, werden in Kenias zentralem Hochland bei Nanyuki ihr neues Zuahuse finden.

Bereits Erfolg mit den Spitzmaulnashörnern

Das dortige private Reservat Ol Pejeta arbeitet eng mit den staatlichen Naturschutzbehörden zusammen und hat bereits Erfolge bei der Erhaltung von Spitzmaulnashörnern erzielt. Auf drei Jahre ist der international unterstützte Versuch mit den nördlichen Breitmaulnashörnern zunächst angelegt, die Kosten von mindestens 300.000 Dollar (209.070 Euro) werden nach Angaben des Zoos komplett von Sponsoren aufgebracht, der Transport koste trotz Rabatt etwa 150.000 Dollar. Die schon 1903 gegründete Umweltorganisation Fauna und Flora finanziert den Großteil der Reise.

Südliche Breitmaulnashörner leben bereits im Naturschutzreservat Ol Pejeta.

Südliche Breitmaulnashörner leben bereits im Naturschutzreservat Ol Pejeta.

"Grünes Licht" für den Transport gab es erst kürzlich vom Prager Umweltministerium, das eine Sondergenehmigung ausstellte. Zunächst werden die Kolosse drei Stunden per Lastwagen zum Prager Flughafen gebracht. Dort steht, wenn alles glatt läuft, eine Frachtmaschine der holländischen Martin Air bereit, die für die Nashörner auf ihrer regulären Route Amsterdam-Nairobi einen Zwischenstopp einlegt. "16 Tonnen haben wir gebucht", sagt Moucha, im Laderaum werde für natürlichen Luftdruck und Plus-Temperaturen gesorgt. An Bord sollen zudem ein Tierarzt und Assistentin aufpassen.

Keine Vermehrung mehr hinter Gittern

Weil seit dem Jahr 2000 alle Versuche gescheitert sind, das nördliche Breitmaulnashorn hinter Gittern vom Aussterben zu bewahren, hat sich der Zoo zu der ungewöhnlichen Aktion entschlossen. Fünf Geburten der fachsprachlich Ceratotherium simum cottoni genannten Unterart hatte man von 1977 bis 2000 noch im Zoo Dvur Kralove erlebt.

Fatu, Najin, Suni und Sudan erwartet in Ol Pejeta natürlich besondere Wache. "Klima und Sicherheit", nennt Mucha als die entscheidenden Gründe, warum die Wahl gerade auf das Reservat in Kenia fiel. Die natürliche Population in Afrika war von Wilderern ausgerottet worden - andere natürliche Feinde als den Menschen kennen die großen Nashörner nicht. Ihrem zerriebenen Horn wird in der traditionellen chinesischen Medizin Heilwirkung zugeschrieben, was sie für Jäger so attraktiv machte.

Bewaffnete Ranger passen auf

Wie in afrikanischen Reservaten üblich, werden die vier nördlichen Breitmaulnashörner künftig nach Auskunft des Zoos von bewaffneten Rangern beobachtet, bei den seltenen Vierbeinern ergänzen Elektrozäune und Videokameras die Sicherheitsmaßnahmen. Das Betreuer-Team schickt später auch den Kot der Tiere regelmäßig nach Wien, um dort Hormonwerte der Weibchen zu ermitteln, die direkte Hinweise auf mögliche Schwangerschaften geben.

"Wir hoffen, dass sie sich untereinander paaren", sagt Mucha, aber auch einem "Seitensprung" zu den ebenfalls im Reservat lebenden südlichen Breitmaulnashörnern könnte er etwas Positives abgewinnen. "Für genetische Diversifikation wäre das an sich wünschenswert", sagt der Zoologe. Die vier Tiere, die in den Zoos in Tschechien und den USA verbleiben, sind nicht mehr zeugungsfähig. Die letzte Zukunftsoption bei einem Fehlschlag in Kenia hieße künstliche Befruchtung im Labor, um ein Retorten-Nashornbaby von einem Muttertier austragen zu lassen - "aber das ist zunächst nur eine akademische Diskussion", sagt Mucha, "jetzt läuft erstmal die biologische Uhr".

Quelle: ntv.de, Jakob Lemke, dpa

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