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Härtetest im All "Shefex II" rast zur Erde zurück

Die Darstellung zeigt den Wiedereintritt von "Shefex II" in die Erdatmosphäre - der riskanteste Augenblick der Mission.

Die Darstellung zeigt den Wiedereintritt von "Shefex II" in die Erdatmosphäre - der riskanteste Augenblick der Mission.

(Foto: picture alliance / dpa)

Er sieht äußerst ungewöhnlich aus, hat Ecken und Kanten und eine markante Spitze: Der Flugkörper "Shefex II" soll helfen, die Raumfahrt zu revolutionieren.  Er wird heute Abend - kurz vor dem EM-Spiel - für wenige Minuten ins All geschossen und mit seiner Rückkehr zu Erde einem richtigen Härtetest ausgesetzt.

Der Flugkörper Shefex ist schon an der Startrampe montiert, befindet sich aber noch in einer Halle. Ist das Wetter günstig, dann öffnet sich vor dem Start das Dach der Halle und die Startrampe wird aufgerichtet.

Der Flugkörper Shefex ist schon an der Startrampe montiert, befindet sich aber noch in einer Halle. Ist das Wetter günstig, dann öffnet sich vor dem Start das Dach der Halle und die Startrampe wird aufgerichtet.

(Foto: DLR)

Alles ist bereit für den Start heute Abend: Auf einer mobilen Raketenbasis auf der norwegischen Insel Andøya wartet das Raumfahrzeug mit dem Namen "Shefex II" auf den Praxistest. Der kantige Flugkörper mit seiner markanten Spitze ragt an einer Rakete befestigt 12,6 Meter in die Höhe. Er soll mit dieser Rakete für einen Härtetest an die Grenze des Alls geschossen werden. 250.000 Meter wird "Shefex II" in die Höhe gebracht, um nach nur wenigen Minuten wieder zur Erde zurückzukehren und an einem Fallschirm sanft nahe Spitzbergen zu landen. Schlechtes Wetter hatte den Forschern mehrfach einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Mit dem außergewöhnlichen Flugkörper soll getestet werden, wie verschiedene Materialien und Systeme auf hohen Druck und hohe Temperaturen beim Eintreten in die Erdatmosphäre reagieren. "Dabei sind nicht die oft erwähnten Kanten des unbemannten Raumfahrzeuges die Innovation, sondern die vielen glatten Flächen an unserem Flugkörper", erklärt Hendrik Weihs vom federführenden DLR-Institut für Bauweisen und Konstruktionsforschung in Stuttgart das spezielle Aussehen von "Shefex II" in einem Gespräch mit n-tv.de.

"Die Kanten sind zwangsläufig entstanden und stellen für uns eine besondere Herausforderung dar, da an ihnen besonders große Hitze entsteht", so Weihs weiter. Am höchsten allerdings werden die Temperaturen an der markanten Spitze des Flugkörpers. "Sie drückt das Gas der Atmosphäre zusammen und durchschneidet quasi mit einer Geschwindigkeit von rund 11.000 Kilometern pro Stunde, also elffacher Schallgeschwindigkeit, die Luft", erklärt der Spezialist. Dadurch würden Temperaturen von bis zu 2500 Grad Celsius entstehen.

Einsparungen sind möglich

Shefex II

Bei Shefex II (Sharp Edge Flight Experiment, etwa: scharfkantiger Flugversuch) handelt es sich laut DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in mehrfacher Hinsicht um ein einzigartiges Raumfahrzeug. Im Unterschied zu bisherigen Raumfahrzeugen ist die Außenhaut nicht gerundet, sondern scharfkantig. Außerdem soll mit Shefex II erstmals eine aktive Kühlung des Hitzeschildes in der Raumfahrt getestet werden. Zudem ist es das einzige allein von Deutschland finanzierte und durchgeführte Projekt eines Raumfahrzeugs, das automatisch gesteuert zur Erde zurückkehren kann.

Sind die Praxistests mit "Shefex II" erfolgreich, könnten mit dem Einsatz von glatten Flächen und spezieller Keramiken als Hitzeschutz viel Geld gespart werden. Zudem erprobt "Shefex II" mit seinem Flug Steuerungstechniken. Mit dieser Technologie könnten in Zukunft Raumfahrzeuge ganz gezielt durch die Atmosphäre tauchen und schließlich auf der Erde zu einem bestimmten Landepunkt gebracht werden. Das wäre ein großer Vorteil zum Beispiel im Vergleich zur Raumkapsel "Dragon", die vor Kurzem die Internationale Raumstation ISS beliefert und vom Müll befreit hat. Die "Dragon"-Kapsel ist relativ einfach konstruiert. Sie kann in einem bestimmten Gebiet im Meer landen. Dort muss sie geortet und geborgen werden. Auch der Hitzeschild des Raumtransporters verbrennt beim Eintritt in die Atmosphäre und muss dementsprechend beim Wiedereinsatz erneuert werden. Das alles verursacht Kosten, die mit einer ausgereiften "Shefex"-Technologie in Zukunft vermeidbar wären.

"Unser Ziel ist es, ein Raumfahrzeug zu entwickeln, das so einfach aufgebaut ist wie eine Raumkapsel, mit dem wir aber alle Möglichkeiten eines Space-Shuttles haben" resümiert Weihs. Der Testflug von "Shefex II" ist ein Schritt dorthin. Die Planungen für eine dritte "Shefex"-Mission haben bereits begonnen. Ab 2020 soll es sogar ein Raumfahrzeug geben, das für Experimente ins All fliegt, dort einige Tage bleibt, um anschließend auf einem normalen Flughafen zu landen.

Quelle: ntv.de

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