Neue Krebstherapien Stammzellen als stille Reserve
06.12.2008, 09:00 Uhr"Schlafende" Stammzellen im Knochenmark könnten neue Perspektiven für die Krebstherapie eröffnen. Der Körper behält Stammzellen offenbar als stille Reserve für Notfallsituationen und versteckt sie im Knochenmark in Höhlen, wie Andreas Trumpp vom Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz) in Heidelberg mitteilte. Erst Verletzungen oder Blutverlust erwecken diese schlafenden Stammzellen zum Leben: Sie beginnen sofort, sich zu teilen, bis der Verlust an Blutzellen wieder ausgeglichen ist.
Trumpp kam den "schlafenden" Stammzellen gemeinsam mit Forschern in der Schweiz bei Versuchen mit Mäusen auf die Spur. In der Regel haben viele spezialisierte Zellen etwa in der Haut, Darmschleimhaut oder im Blut nur eine Lebensspanne von wenigen Tagen. Für die Funktionsfähigkeit dieser Gewebe ist daher ein steter Nachschub an spezialisierten Zellen unerlässlich. Zuständig dafür sind die so genannten adulten Stammzellen, die auch als Gewebestammzellen bezeichnet werden. Wissenschaftler gingen bislang davon aus, dass diese Stammzellen nur eine geringe Teilungsrate haben.
Potenzial zur Selbsterneuerung
Die von den Forschern aus Deutschland und der Schweiz entdeckten "schlafenden" Stammzellen zeigen demnach das höchste Potenzial zur Selbsterneuerung, das bisher bei Stammzellen beobachtet wurde. Bei Versuchen mit Mäusen ersetzten sie deren zerstörtes Knochenmark und stellten das gesamte blutbildende System wieder her. Die Wissenschaftler konnten die Versuche an denselben Tieren mehrfach wiederholen. Bei aktiven Stammzellen gelingt der Knochenmarks-Ersatz hingegen nur ein einziges Mal.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Ergebnisse wichtige Impulse für das Verständnis der Krebsstammzellen geben können. "Auch Krebsstammzellen verharren vermutlich die meiste Zeit über in einem Schlafzustand - wahrscheinlich ist dies einer der Gründe, warum sie resistent gegen viele Chemotherapien sind, die auf schnell wachsende Zellen abzielen", erklärte Trumpp. Könnten Ärzte in Zukunft diese "Schläfer" wecken, bevor der Patient behandelt werde, wäre es eventuell möglich, erstmals auch Krebsstammzellen zu eliminieren und damit die Erkrankung viel effektiver zu behandeln. Die Forschungsergebnisse wurden in den Zeitschriften "CELL" und "CELL Stem Cell" veröffentlicht.
Quelle: ntv.de