Hüter der Farne und Blüten Sukopp erhält EuroNatur-Preis
15.10.2008, 13:06 Uhr Ohne den Botaniker Herbert Sukopp wären einige Pflanzen in Deutschland und Europa wahrscheinlich längst ausgestorben. Dem Engagement des 77-jährigen Berliner Ökologen und ehemaligen Professors der Technischen Universität Berlin (TU) ist es zu verdanken, dass es seit 1974 die erste "Rote Liste gefährdeter Arten" für Farne und Blütenpflanzen in Deutschland gibt. Seit 1978 gilt sie auch für Europa. Für diese Leistung wird der Ökologe auf der Insel Blumeninsel Mainau im Bodensee mit dem EuroNatur-Preis der Stiftung Europäisches Naturerbe ausgezeichnet werden.
Als Träger des undotierten Ehrenpreises hat Sukopp prominente Vorgänger. Die Stiftung verlieh die Auszeichnung seit 1992 zum Beispiel an Michail Gorbatschow, Nelson Mandela, Prinz Charles oder Klaus Töpfer. Der Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, deren Engagement Vorbildcharakter hat und die sich langfristig für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen einsetzen.
Verbindung von Mensch und Natur
"Professor Sukopp hat es immer verstanden, Mensch und Natur zu verbinden", begründet Sprecherin Katharina Grund die Entscheidung der Stiftung für die Ehrung des Berliner Botanikers. Sukopp habe dazu beigetragen, das europäische Naturerbe für kommende Generationen zu sichern. Sukopps Erkenntnisse seien heute gängige Standards - und aus Biotop-Kartierungen oder Umweltverträglichkeitsprüfungen in der Landschafts- und Stadtplanung nicht mehr wegzudenken. Sukopp wurde 1969 zum Professor ernannt und leitete von 1974 an das neu gegründete Fachgebiet Ökosystemforschung und Vegetationskunde der TU Berlin. 1996 wurde er emeritiert.
Bereits in den 60er Jahren, mitten im Kalten Krieg, untersuchte Sukopp gemeinsam mit Forschern aus Polen, Tschechien oder Estland die Vegetation in vielen europäischen Landstrichen. Das war lange bevor der Begriff "Biodiversität" für die biologische Vielfalt nach der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 zum allgemeinen Sprachgebrauch wurde. "Wir haben uns gegenseitig besucht und sind in die Landschaft gegangen", erinnert sich Sukopp. Das meiste habe er aus der Natur und nicht aus Büchern gelernt. In seiner damals isolierten Geburtsstadt West-Berlin begann er sich insbesondere für die Ökologie in der Großstadt zu interessieren. "Wir wollten damals zeigen, wie mannigfaltig die Natur auch mitten in der Stadt sein kann", sagt er. Die Hauptstadt verdankt ihm so manche "grüne Lunge".
Tübingen als Vorbildfunktion
Ausgedehnte Parks wie der Berliner Tiergarten sind wichtig für das Klima einer Großstadt, betont Sukopp noch heute. Die ökologischen Bemühungen Berlins in der Nachwende-Zeit sieht er allerdings auch kritisch. Seit der Maueröffnung seien beim Bau neuer Stadtquartiere Grünflächen häufig nicht ausreichend berücksichtigt worden. Besser als an der Rummelsburger Bucht im Osten Berlins sei dies zum Beispiel in Tübingen gelungen: Dort wurden seit 1991 Kasernenflächen neu gestaltet, die von den Franzosen aufgegebenen worden waren. "Die Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Natur dort wurde beispielhaft geplant und den Anwohnern gut vermittelt", urteilt der Stadtökologe.
Der Hochschullehrer weiß aus Erfahrung, wie wichtig die eigene Anschauung für ein nachhaltiges Natur- und Umweltbewusstsein ist. Je früher sie beginne, desto besser, betont er. "Das Verteilen von Broschüren bringt gar nichts." Viel sinnvoller seien Projekte wie "Grün macht Schule" oder Naturschutzzentren, in denen ökologische Zusammenhänge anhand naturnaher Projekte vermittelt werden. Davon gingen wichtige Impulse aus.
Quelle: ntv.de, Andrea Puppe, dpa