Todesfallen in der Ostsee Taucher sichten "Geisternetze"
26.06.2014, 07:38 Uhr
Ein Taucher befreit einen Seeskorpion (Myoxocephalus scorpius) aus einem Geisternetz am Wrack der "Friedrich Engels" in der Ostsee östlich von Rügen (Mecklenburg-Vorpommern).
(Foto: picture alliance / dpa)
Sie sind eine ernste Bedrohung für Meeressäuger und Fische - und sie zerstören historische Wracks am Meeresgrund: In der Ostsee macht sich eine ungewöhnliche Allianz daran, unter Wasser treibende Fischernetze wieder einzufangen.

Ziellos treibendes Fischereigerät: Ein Dorsch hat sich in einem Geisternetz am Wrack des Holzfrachters "Fliegender Holländer" verfangen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vor der deutschen Ostseeküste wollen Experten sogenannte "Geisternetze" vom Meeresgrund und von Wracks bergen. Die langlebigen Fischernetze aus Kunststoff verrotten nur sehr langsam. Nach Einschätzung von Meeresforschern und Umweltschützern stellen sie eine ernstzunehmende Gefahr für Meerestiere dar. Darüber hinaus verursachen die ziellos treibenden Fischernetze durch ihr Gewicht und ihre Zugkraft in der Strömung schwere Schäden, wenn sie sich an historischen Schiffswracks verfangen.
Am Grund der Ostsee liegen nicht nur archäologisch bedeutsame Fundstellen aus mehreren Jahrhunderten intensiven Seehandels von Wikingern, Hanse-Städten und anderen Ostseeanrainern. Abgesehen von bislang unentdeckten Wracks aus der Epoche der Segelschifffahrt sind auch zahlreiche Überreste der beiden Weltkriege in den Seekarten verzeichnet.
So erinnert zum Beispiel das Wrack des Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff" vor der polnischen Ostseeküste an einer der bislang opferreichsten Schifffahrtskatastrophen überhaupt. Die Reste des einstigen NS-Kreuzfahrtdampfers sind wie die Reste der "General von Steuben" als sogenanntes Seekriegsgrab gesondert geschützt. Unweit davon liegen auch die Überreste der "Graf Zeppelin", des bislang einzigen deutschen Flugzeugträgers, ebenfalls ein Relikt des Zweiten Weltkriegs.
"Netze an allen Wracks"
Um die Gefahren für Wracks und Tierwelt zumindest in den Gewässern vor Rügen zu beseitigen, haben sich Fachleute verschiedener Institutionen und Organisationen zu einer ungewöhnlichen Allianz zusammengeschlossen: In einem Projekt des Deutschen Meeresmuseums, der Naturschutzorganisation WWF und des Vereins Archaeomare suchen Helfer seit vergangenem Jahr 28 Wracks rund um Rügen ab.
"An allen angetauchten Wracks hatten sich Netze verfangen", sagte Thomas Förster, Vorsitzender von Archaeomare und Mitarbeiter des Meeresmuseums in Stralsund. Im Spätsommer soll mit der Bergung begonnen werden. Eine Sonderausstellung im Museum informiert interessierte Besucher über die Gefahr der Geisternetze. Ob die Aktion auf weitere Regionen der Ostsee ausgedehnt werden soll, ist bislang noch offen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa