Embryonen auseinandergerissen Unruhige See klont Korallen
02.03.2012, 09:34 UhrKorallen sind für ihre unterschiedlichen Vermehrungsarten bekannt. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass sogar Korallenembryone, die in stürmischer See auseinandergerissen werden, überleben. Und zwar als Klon.
Australische Forscher haben eine bisher unbekannte Vermehrungsstrategie bei Korallen entdeckt: die Klonierung. Werden junge und ungeschützte Embryonen bei stürmischer See auseinandergerissen, bedeutet das nicht etwa ihren Tod, berichten die Wissenschaftler im Journal "Science". Stattdessen wachsen die einzelnen, genetisch identischen Stücke ungehindert zu Larven heran, die sich dann festsetzen und zu ausgewachsenen Korallen weiter entwickeln. Die komplexen Vermehrungsstrategien der Korallen erhöhten vermutlich ihre Überlebenschancen unter wechselnden und unvorhersehbaren Umgebungsbedingungen, schreiben die Forscher.
Korallen vermehren sich sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich.
(Foto: picture alliance / dpa)
Korallen gehören zu den Nesseltieren. Sie vermehren sich sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung wächst aus einem Korallenpolyp ein kleiner Anhang heraus, der dann einen neuen Polyp bildet. Die Koralle teilt sich im Grunde genommen selbst. Brechen Teilstücke von einem Korallenriff ab, können die Bruchstücke unter günstigen Bedingungen wieder am Meeresboden anwachsen und zu einem neuen Korallenstock werden. Auch dies ist eine Art der ungeschlechtlichen - wenn auch unbeabsichtigten - Vermehrung.
Bei der geschlechtlichen Vermehrung hingegen werden Eizellen der Korallen von Spermien befruchtet. Die jungen Embryonen treiben dann im Meerwasser und werden von der Strömung fortgetragen. Auf diese Weise können die Korallen sich auch über weite Entfernungen hinweg ausbreiten und an anderer Stelle den Grundstock für ein neues Korallenriff legen. Ein berühmtes Naturschauspiel ist die Massenvermehrung am australischen Great Barrier Reef, wenn zu Beginn des Frühjahrs in einer oder wenigen Nächten massenhaft Spermien- und Eizellen ins Wasser gegeben werden und die Korallenblüte einsetzt.
Embryonen im Labor geschüttelt
Da die jungen Embryonen - anders als andere vielzellige Tiere - nicht von einer Kapsel oder einer umgebenden Membran geschützt sind, werden sie durch Turbulenzen im Wasser leicht auseinandergerissen. Dies beobachteten Andrew Heyward und Andrew Negir vom Australian Institute of Marine Science (Western Australia und Queensland) zunächst im Labor, als sie Behälter mit Korallenlarven rührten oder belüfteten. Die Forscher vermuteten, dass das Gleiche auch in der Natur passiert. Denn nicht selten ist zum Beispiel die See in den Nächten der Massenvermehrung unruhig, ergaben ihre Nachforschungen. Windstärken von elf Knoten und Wellen treten dann regelmäßig auf.
Das Team ging dem Phänomen genauer nach und schüttete im Meerwasser treibende Embryonen im Labor über eine Höhe von 30 Zentimetern von einem Behältnis ins nächste, um den Wellengang zu simulieren. Dabei zeigte sich: Knapp die Hälfte der Embryonen wurde durch die Turbulenzen auseinandergerissen. Noch erstaunlicher aber war, dass sich die Einzelteile scheinbar ungestört weiter entwickelten. Die Larven, die aus den Bruchstücken heranwuchsen, waren zwar kleiner als diejenigen aus kompletten Embryonen, sie entwickelten sich aber zu normalen, jungen Korallen.
"Es scheint, dass das Fehlen einer schützenden Membran [um die Embryonen] kein Zufall ist", erläutert Negri in einer Pressemitteilung des Australian Institute of Marine Science. "Fast die Hälfte der nackten Embryonen fragmentierte in unseren Versuchen. Das lässt vermuten, dass dies schon lange zum Repertoire der Korallen gehört, um die Auswirkungen ihrer reproduktiven Bemühungen zu maximieren."
Quelle: ntv.de, dpa