Da freut sich der Ingenieur Vorbild Muschelseide
05.03.2010, 13:06 UhrMit einem abriebresistenten und trotzdem dehnbaren Material aus Eisen und Protein schützen Muscheln ihre Haftfäden, mit denen sie sich an Felsen festhalten. Das einzigartige Material wird als Muschelseide bezeichnet. Ingenieure wollen es nun nachbauen.

Muscheln haften an harten Oberflächen (Küstenstreifen) mithilfe von Muschelseide (Byssus)
(Foto: Matt Harrington, Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung)
Damit sie nicht vom Fels gerissen werden, schützen Muscheln ihre Haftfäden mit einer Art dehnbarem Panzer aus Eisen und Protein. So verringern die Tiere den Abrieb durch Geröll und Sand, schreibt eine Gruppe um Matthew Harrington vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung im Journal "Science". Die Resultate könnten neuartige abriebresistente und zugleich dehnbare Beschichtungen inspirieren.
Die von der Muschel produzierten Haftfasern bündeln sich zur sogenannten Muschelseide (Byssus). Diese ist von einer dünnen, harten Haut umgeben. Die wiederum entsteht, wenn die Proteine in den Fäden durch Eisenatome fest miteinander verbunden werden – die Forscher sprechen in einer Mitteilung von "quervernetzt". Eine Ansammlung solcher Vernetzungen bildet schließlich harte, kaum ein Tausendstel Millimeter große Kügelchen innerhalb der weichen und dehnbaren Schutzschicht. Diese "knubblige Oberfläche" reißt daher selbst bei hundertprozentiger Dehnung nicht, ergänzten Harrington und seine Kollegen.
Tyrosin verbindet Eisen
Bei alledem kommt der Aminosäure Tyrosin eine besondere Rolle zu. Sie ist Bestandteil der Muschelfäden und verbindet sich in einer chemischen Modifikation bereitwillig mit Eisen. Diese Metall-Protein-Komplexe haben eine hohe Bruchfestigkeit.
"Die Natur hat eine elegante Methode für ein Problem entwickelt, mit der Ingenieure noch immer kämpfen: Sie hat Eigenschaften, die einen Abrieb verhindern und dennoch eine hohe Dehnbarkeit gewährleisten, in einem Material vereinigt", erklärte Peter Fratzl, Direktor der Abteilung Biomaterialien am MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung.
Quelle: ntv.de, dpa