Frage & Antwort, Nr. 70 Entstehen noch neue Nachnamen?
26.05.2009, 08:30 Uhr
In Deutschland besteht ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung von Familiennamen.
(Foto: Elisabeth Patzal / pixelio)
Entstehen auch heute noch neue Familiennamen oder werden immer nur die alten weitergegeben? (fragt Herr Ulrich E. aus Regensburg)
"Kaum, denn in Deutschland werden Nachnamen bis auf wenige Ausnahmen an die nächste Generation weitergegeben", erklärt Jürgen Udolph, Professor für Onomastik (Namenforschung). "Das ist für uns Namenforscher auch gut so, denn nur so können wir die historische Entwicklung von Nachnamen nachvollziehen oder sogar historisch Relevantes mit Hilfe der Familiennamen aufdecken."
In Dänemark und anderen skandinavischen Ländern dagegen können sich seit ein paar Jahren die Menschen quasi einfach einen neuen Nachnamen aussuchen. Der Grund dafür liegt, wie Udolph erklärt, in der großen Eintönigkeit an Nachnamen in skandinavischen Ländern. Das zeigen schon die Beispiele: Larsen, Hansen, Jensen. Die Häufungen von Nachnamen führen zu zahlreichen Verwechslungen und Missverständnissen. Mit einem Antrag entstehen in Skandinavien durchaus neue Nachnamen.
In Deutschland hingegen nur ausnahmsweise, denn der Familienname steht hier dem Namensträger nicht zur freien Verfügung. Im Gegenteil, es besteht sogar ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung der Nachnamen. "Nur aus 'wichtigem Grund' und auf Antrag des Namensträgers werden bei uns Familiennamen geändert", erläutert Udolph. Die rechtliche Grundlage dafür liefert das "Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen" (Namensänderungsgesetz).
Auf welche Dinge muss man achten, wenn man tatsächlich seinen Nachnamen ändern will?
Der Antrag auf Namensänderung muss beim der zuständigen Verwaltungsbehörde, oftmals beim Standesamt gestellt werden. Ein Nachname kann niemals gegen den Willen des Namensträgers geändert werden. Die Behörde entscheidet letztlich darüber, ob eine Namensänderung bewilligt oder abgelehnt wird. Dabei gibt es einige Richtlinien. Eine Namensänderung wird bewilligt, wenn:
- der Familienname häufig ist, wie Müller, Meier, Schmidt, um die Verwechslungsgefahr einzugrenzen (ähnlich wie in Dänemark).
- der bisherige Nachname anstößig ist, wie Hitler, Arsch oder Fick.
- der Nachname in Schreibweise oder Aussprache sehr fremd ist, wie Tzebiner, Grzeszysta.
- die Änderung des Nachnamens eines Straftäters oder seiner Familie eine Resozialisierung erleichtert.
Ebenso müssen sich Antragsteller auf einige Regeln bei der Wahl ihres Wunschnamens einlassen. Der neue Name muss:
- zum Gebrauch als Familiennamen geeignet sein
- außerhalb von Sammelnamen wie Meier, Müller, Schmidt liegen
- als Künstlername oder Pseudonym in Klang und Schreibweise geeignet sein
- nicht zu lang sein
- so gewählt werden, dass kein falscher Eindruck über familiäre Zusammenhänge erweckt wird (wie Goethe, Bismarck, Bohlen)
Was sagen Sie als Namenforscher zu dem aktuellen Gerichtsbeschluss, dass so genannte Namensketten verboten bleiben?

Namensketten aus drei oder mehr Teilen können zu Verwirrungen führen.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
"Ich als Namenforscher verstehe die Entscheidung des Gerichts und bin auch der Meinung, dass ein Doppelnachname ausreicht, um eindeutig erkannt zu werden", antwortet Udolph. Ein Nachname aus drei oder noch mehr Teilen stiftet Verwirrung und ist oftmals unpraktisch. Auch für die Onomastik sind die einfachen Nachnamen die besseren Forschungsobjekte. Und sogar bei diesen kann man durch verschiedene Schreibweisen auf die falsche Fährte geführt werden. "Der Name Udolph zum Beispiel, wurde bis in die 1950er Jahre mit einem "f" geschrieben. Dann wurde von einem Standesbeamten festgestellt, dass Udolph in Zukunft mit "ph" geschrieben werden müsse" erzählt Udolph. Seitdem wird Udolph eben mit "ph" geschrieben. "An meinem Beispiel zeigt sich, dass Nachnamen bis heute einer Reglementierung durch das Standesamt unterliegen und das ist auch gut so, denn nur so ist auch eine ordentliche Namenforschung möglich", resümiert Udolph.
Übrigens: Sämtliche Kosten für eine Änderung des Nachnamens hat der Antragsteller selbst zu begleichen. Die Verwaltungsgebühren richten sich nach dem Verwaltungsaufwand und dem Einkommen des Antragstellers. Sie können laut Paragraph 9 Verwaltungskostengesetz zwischen 2,56 und 1.022,58 Euro liegen. Dazu kommen die Kosten für die Neuaustellungen von Ausweis, Pass, Führerschein, etc. Eine einmal bewilligte Namensänderung kann nicht wieder rückgängig gemacht werden.
Quelle: ntv.de