Frage & Antwort, Nr. 19 Warum setzt man jemanden bei?
10.01.2007, 14:58 Uhr Warum spricht man von "Beisetzung", obwohl alle Erdbestattungen liegend erfolgen? (fragt Alfred Kremer aus Krefeld)
"Beisetzung" und "Bestattung" werden heute oft als Synonym verwendet. Ein Fehler, wie ein Blick in die Sprachgeschichte zeigt. "Beisetzen" wird seit Jahrhunderten in der deutschen Sprache gebraucht. Die Grundbedeutung "etwas neben anderes hinzusetzen, hinzufügen" ist seit dem 15. Jahrhundert belegt, geht also der speziellen Bedeutung "begraben, bestatten" um etwa 200 Jahre voraus. Diese Bedeutung kam erst im 17. Jahrhundert dazu.
Vornehme Leichen
"In Zeiten, in denen Adlige noch in Gruften bestattet wurden, wurde ein Sarg in der Familiengruft neben den anderen gesetzt", erläutert Kerstin Gernig vom Kuratorium Deutsche Bestattungskultur. "Es handelte sich also eher um ein schichtenspezifisches Phänomen", pflichtet Marco Scheider bei. Der Mitarbeiter der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Autor der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuches von Jacob und Wilhelm Grimm verweist auf "den wichtigsten Lexikographen des 18. Jahrhunderts, Johann Christoph Adelung", der in der zweiten Auflage seines "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart" von 1793 zu diesem Stichwort schreibt: "1. Eine Sache bey oder neben der andern setzen (...) 2. Eine Leiche beysetzen, sie in die Gruft oder in ihr Erbbegräbnis setzen, von vornehmen Leichen."
Erst auf die Beisetzung, das Herablassen des Sarges ins Grab, folgt also die Bestattung. Das "Bestatten" ist schon im Mittelhochdeutschen, genauer gesagt seit dem 12. Jahrhundert bezeugt. "Als eine Grundbedeutung darf man wohl 'jemanden oder etwas an eine Statt, Stelle bringen' annehmen", sagt Scheider. Im einzelnen haben sich daraus Unterbedeutungen wie "jemandem eine Wohnstätte anweisen" oder "jemanden verheiraten, versorgen, ausstatten" entwickelt. Die schon im berühmten "Parzival" Wolfram von Eschenbachs bezeugte spezielle Bedeutung "begraben" ("man sagete mir daz Isenhart / küneclche bestatet wart") hat sich, anders als die vorher genannten, bis heute im populären Sprachgebrauch erhalten.
Wörtlich nahm man es übrigens mit dem Beisetzen im alten Ägypten. "Dort gab es zu früheren Zeiten tatsächlich Hockgräber", weiß Gernig. Zu besichtigen sind sie im Nationalmuseum in Kairo.
Quelle: ntv.de