Frage & Antwort Warum vergilbt Papier?
10.12.2013, 10:01 Uhr
Ein altes Buch mit vergilbten Seiten.
(Foto: Helene Souza, pixelio)
Immer wieder fällt mir auf, dass Zeitungen schon nach einigen Tagen einen gelben Schleier bekommen, wenn ich diese auf meinem Sofa liegenlasse. Aber auch interessante Zeitungsausschnitte, die ich in Ordnern aufbewahre, werden nach einiger Zeit gelb. Wieso passiert das eigentlich und kann ich etwas dagegen tun? (fragt Juliane F. aus Düsseldorf)

Der Papierzerfall zerstört historisch wichtige Schriften, wie hier die des französischen Schriftstellers Blaise Pascal.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Kaum eine andere Erfindung in der Geschichte der Menschheit hat so einen immensen Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft genommen wie die des Papiers. Früher ein Luxusartikel ist es heute zum billigen Massenprodukt geworden - allerdings mit endlicher Haltbarkeit. Der Grund dafür sind Bestandteile des Holzes, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts im Papier befinden. "Schrieb man erst auf Pergament aus Tierhäuten und vor 1850 auf handgeschöpften Papieren, die aus zerkleinerten Baumwoll-Lumpen bestanden und als Hadern bezeichnet wurden, verwendete die Papierindustrie nun den billigeren Rohstoff Holz zur Gewinnung der Zellulose", erklärt Dr. Anna Haberditzl, Referatsleiterin am Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut im Landesarchiv Baden-Württemberg.
Um reine, stabile Zellulose aus Holz zu gewinnen, muss der Rohstoff in einem aufwändigen chemischen Verfahren "aufgeschlossen" werden, das Produkt sind sogenannte "holzfreie" Papiere, die kaum vergilben. Wesentlich einfacher wurde die Papierproduktion durch die Erfindung des mechanischen Holzschliffs, bei dem feinst gemahlenes Holz direkt zu Papier verarbeitet wird. Doch die billigere Variante der Papierherstellung hat ihre Schattenseiten. Da im Holzschliffpapier alle Bestandteile des Holzes enthalten sind, reagiert dieses Papier mit Licht. "So wie ein Holzbrett im Sonnenlicht nachdunkelt, so bekommt Papier, das Tageslicht ausgesetzt wird, einen Gelbstich", erklärt Haberditzl. Verantwortlich dafür ist ein Stoff namens Lignin, der im Holz enthalten ist. Vergilbung ist also einerseits ein Zeichen für die Alterung und andererseits die Beschaffenheit des Papiers.
Papier zerstört sich selbst

Bücher in einer Entsäuerungsanlage. Mit aufwendigen Verfahren kann die Lebenszeit von Büchern erhöht werden.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Doch das ist nicht alles. Papier, das aus Zellulose gewonnen wird, muss gefestigt werden, um es beschreibbar zu machen. Dafür werden Stoffe als Leim verwendet, die beispielsweise Aluminiumsulfat enthalten. Aus diesem wiederum bilden sich Säuren. Diese spalten die Zelluloseketten im Papier in kleinere Stücke auf. Das Papier verliert so an Festigkeit und wird brüchig. "Durch den massiven Abbau der Zellulose kommt es schließlich zum Papierzerfall", erklärt die Expertin. Die Selbstzerstörung des Papiers trifft quasi alle Schriften und Bücher, die nach 1850 hergestellt wurden. "Für Archive und Bibliotheken ist der Papierzerfall eine tickende Zeitbombe, denn Restauratoren können nur mit großem Aufwand wenige Schriften retten", warnt Haberditzl.
Aber auch für den Hausgebrauch ist der Papierzerfall ein Thema. Sowohl interessante Zeitungsausschnitte als auch Jubiläumsausgaben oder Dokumente sind davor nicht gefeit. Und selbst das Lieblingsbuch wird irgendwann unansehnlich und porös. Besonders liebgewonnene oder wichtige Stücke kann man in säurefreie Papierhüllen verpacken (keinesfalls in PVC-Folie!) und vor allem kühl, trocken und dunkel lagern. Das kann zwar den Papierzerfall an sich nicht stoppen, dafür aber wesentlich verlangsamen.
Beim heute beliebtesten Weg, schnell einen Scan zu machen, drängt sich mal wieder die Frage auf, welches Speichermedium das geeignetste und vor allem langlebigste ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, wirklich Wichtiges auf säurefreies Papier zu kopieren und so lichtgeschützt wie möglich aufzubewahren.
Übrigens: In der Papierindustrie wird grob wird zwischen Papier, Karton und Pappe unterschieden. Wegen der vielen Kombinationsmöglichkeiten bei Rohstoffen, Fertigung, Verarbeitung und Verwendung unterscheidet man heute zwischen 3000 verschiedenen Papiersorten.
Quelle: ntv.de