Frage & Antwort

Frage & Antwort, Nr. 74 Wem gehören unentdeckte Inseln?

Plötzlich war sie da: Surtsey, eine kleine Insel im Süden Islands.

Plötzlich war sie da: Surtsey, eine kleine Insel im Süden Islands.

(Foto: Wikipedia)

Wem gehört eine noch unentdeckte Insel, die ich mit meiner Segeljacht als Erster erreiche? Und darf ich diese Insel benennen? (fragt Tobias Jäschke aus Frankfurt.)

Das ist eine gute Frage. Und vorweg stellt sich noch eine andere: Gibt es überhaupt noch unentdeckte Inseln? Ist es tatsächlich denkbar, dass unser Leser irgendwann auf eine Insel trifft, die auf keiner Karte verzeichnet ist?

Es ist noch gar nicht so lange her – gerade einmal 46 Jahre –, da brach 30 Kilometer vor der Südküste Islands ein Vulkan aus. Er befand sich gut 120 Meter unter der Wasseroberfläche auf dem Meeresboden. Wasserdampf und Lavafontänen schossen aus dem Meer empor. Nach wenigen Stunden war die Rauchsäule mehr als vier Kilometer hoch. Auf dem Meeresboden türmten sich die Lavamassen. Sie bildeten eine Insel, die einen Tag später schon zehn Meter hoch war. Das war am 14. November 1963. Die Insel Surtsey war entstanden.

Eine Rauchwolke kündigte die Entstehung Surtseys an.

Eine Rauchwolke kündigte die Entstehung Surtseys an.

Nach vierwöchiger Vulkantätigkeit ragten bereits 150 Meter aus dem Meer. Der Vulkan spuckte weitere vier Jahre, ehe er erlosch. Bis dahin war eine Fläche von rund 2,8 Quadratkilometern entstanden.

Vulkane bringen Inseln hervor

Immer wieder bringen unterirdische Vulkanausbrüche neue Inseln hervor – besonders im Bereich des Mittelatlantischen Rückens, der den Atlantik in eine West- und eine Osthälfte teilt. So eben auch Surtsey, die jüngste dieser Inseln. Auch in anderen vulkanreichen Regionen besteht die Möglichkeit, dass sich neue Inseln bilden. Hawaii zum Beispiel gäbe es ohne Vulkantätigkeit nicht.

Segelt unser Leser, Herr Jäschke, also in vulkanreichen Gebieten, kommt er unter Umständen tatsächlich in den Genuss, als Erster einen Fuß auf bisher unentdecktes Terrain zu setzen. Und wem gehört dann die neu entstandene Landmasse?

Danach haben wir Doris König gefragt. Sie ist Professorin für Öffentliches Recht, Allgemeine Staatslehre, Völker- und Europarecht an der Bucerius Law School in Hamburg. Ihre Antwort dürfte die Entdeckerfreude manchen Seglers ein wenig trüben. Denn wer auf eine neue Insel stößt, darf sie nicht behalten... Aus der Traum von der eigenen Insel (es sei denn, man erwirbt sie gegen Geld, wie es Johnny Depp vorgemacht hat).

Kein Privateigentum möglich

"Eine Privatperson kann kein Privateigentum an einer von ihr entdeckten Insel begründen", erklärt König. Die Insel kann nur von einem Staat in Besitz genommen werden bzw. von seinen Organen, also der Armee, der Polizei, den Beamten." Und welcher Staat ist es, dem dieses Recht dann zufällt? "Es wird entweder der Staat sein, dessen Staatsangehöriger die Insel entdeckt hat, oder ein in der Nähe der Insel gelegener Staat", so die Juristin. "Dieser Staat übt dann effektiv die Hoheitsgewalt aus."

Surtsey am Tag 16 nach der Entstehung.

Surtsey am Tag 16 nach der Entstehung.

Schade. Aber alles andere wäre vielleicht auch zu schön, um wahr zu sein. Die Insel Surtsey wurde übrigens in den ersten Tagen ihrer Existenz von französischen Journalisten besucht. Diese hielten sich eine Viertelstunde auf dem Eiland auf und beanspruchten anschließend die Hoheitsgewalt Frankreichs über die Insel. Die isländischen Behörden wehrten sich jedoch dagegen: Surtsey sei schließlich in isländischen Hoheitsgewässern entstanden.

Jäschke-Insel ist denkbar

Und wie steht es um die Namensgebung? Bleibt dem Entdecker einer neuen Insel wenigstens dieses Privileg? "Letztlich", sagt Prof. König, "ist auch die Namensgebung Sache des Staates, der die Insel in Besitz genommen hat." Doch immerhin, so die Expertin, stehe es dem Staat frei, den Namen zu übernehmen, den der Entdecker der Insel gegeben hat. So besteht für unseren Leser also doch noch Hoffnung auf die Jäschke-Insel.

Wie lange diese Insel dann existiert, ist ein weiteres spannendes Thema. Surtsey zum Beispiel wird durch Erosion von Wellen, Regen und Wind ganz allmählich wieder abgetragen. Schon jetzt hat die Insel die Hälfte ihrer Fläche eingebüßt. So wird sie rund 150 Jahre, nachdem sie aus dem Wasser aufgetaucht ist, wieder im Meer verschwinden.

Quelle: ntv.de

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