Fundsache, Nr. 1251 520 Millionen Jahre alter Gliederfüßer
08.04.2014, 05:11 Uhr
Der Fund sei wie "eine Version von Pompeji bei wirbellosen Tieren", sagt Nicolas Strausfeld von der University of Arizona.
(Foto: Xiaoya Ma, Yunnan University, Kunming)
Im chinesischen Kunmin stoßen Forscher auf ein Fossil mit großer Aussagekraft. Das versteinerte Weichtier aus dem frühen Kambrium verfügt über ein erhaltenes Herz-Kreislauf-System. Ein "Ausnahmefund", frohlocken die Forscher.
Schon vor einer halben Milliarde Jahren gab es Tiere mit einem komplexen Herz-Kreislauf-System. Das berichtet ein internationales Forscherteam nach der Untersuchung eines garnelenähnlichen Meerestieres, das vor etwa 520 Millionen Jahren im Gebiet des heutigen China lebte.

Das ausgefeilte Herz-Kreislauf-System des Gliederfüßers reicht von der Schwanzspitze bis in die Fühler.
(Foto: Nicholas Strausfeld)
Das nahe der Stadt Kunmin gefundene Fossil von Fuxianhuia protensa ist 7,5 Zentimeter lang. "Das ist das erste erhaltene Herz-Kreislauf-System, das wir kennen", sagt Nicolas Strausfeld von der University of Arizona in Tucson. Mit Forschern aus China und Großbritannien stellt er den Fund in der Zeitschrift "Nature Communications" vor.
Da Weichteile toter Tiere schnell verwesen, sei das Fossil des ausgestorbenen Gliederfüßers ein Ausnahmefund, schreiben die Wissenschaftler. Mit bildgebenden Verfahren machten sie das langgestreckte Herz und die Blutgefäße bis zu den Fühlern am Kopf sichtbar. Durch Vergleiche mit anderen Fossilien schlossen sie aus, dass die Spuren vom Nervensystem oder vom Darm stammen. Stattdessen fanden sie Parallelen zur Anatomie moderner Gliederfüßer, etwa eine Hauptader am Rücken, von der paarweise Adern nach links und rechts abzweigen.
Bei dem Herz-Kreislauf-System handele sich anscheinend um "das Grundmuster, aus dem andere sich entwickelt haben", wird Strausfeld in einer Mitteilung seiner Uni zitiert. "Das Tier sieht schlicht aus, aber sein innerer Aufbau ist ziemlich ausgefeilt. Zum Beispiel führen mehrere Arterien zum Gehirn, ein Muster, das modernen Krebstieren stark ähnelt." Die Krebstiere (Crustacea) zählen zu den Gliederfüßern (Arthropodae).
"Pompeji bei wirbellosen Tieren"
Die Anatomie lässt Rückschlüsse auf die Lebensweise des Tiers zu: "Wegen der guten Blutversorgung des Gehirns können wir davon ausgehen, dass es ein sehr aktives Tier war, das aus vielen Verhaltensmöglichkeiten wählen konnte", sagt Strausfeld. Das gut durchblutete Sinnessystem mit Augen und Fühlern unterstütze die Vermutung, dass frühe Gliederfüßer sehr mobil nach Beute suchten.
Weshalb das Herz-Kreislauf-System in dem Fossil so gut erhalten blieb, wissen die Forscher nicht. Das Meerestier könnte plötzlich unter sehr feinem Material begraben und dann durch spezielle Stoffe konserviert worden sein, sagt Strausfeld, etwa bei einer Naturkatastrophe: "Das ist eine Version von Pompeji bei wirbellosen Tieren."
Quelle: ntv.de, ail/dpa