Fundsache, Nr. 68 Hammaburg gefunden?
13.12.2006, 10:42 Uhr
Der Leiter für die Ausgrabungen auf dem Hamburger Domplatz, Karsten Kablitz, legt in Hamburg Siedlungshorizonte frei.
(Foto: picture alliance / dpa)
Sensation auf dem Domplatz im Zentrum Hamburgs: Wenige Tage vor dem Ende 18-monatiger Ausgrabungen haben die Archäologen möglicherweise nun doch Reste der legendären Hammaburg aus dem 9. Jahrhundert entdeckt. "Das war ein richtiges Nikolaus-Geschenk", freute sich der Direktor des Helms-Museums, Rainer-Maria Weiss. "Nun können wir endlich Klarheit in die verworrene Geschichte bringen." Bestätigen sich die Vermutungen der Archäologen, wäre die Hammaburg - der Ursprung Hamburgs - doch, wie in alten Stadtmodellen dargestellt, eine ringförmige Befestigungsanlage gewesen, die sich um den Domplatz herumzieht.
Im Sommer 2005 hatte das 16-köpfige Grabungsteam begonnen, auf dem 1.350 Quadratmeter großen Areal, das bisher als Parkplatz genutzt wurde, nach den Ursprüngen der Stadt zu suchen. Das Museum nutzte die von 2007 an geplante Neubebauung des Platzes, um das historisch bedeutende Gelände zu erforschen. Aus schriftlichen Quellen ist bekannt, dass die Hammaburg als Keimzelle der späteren Stadt vermutlich 817 errichtet und 845 bei einem Überfall der Wikinger zumindest teilweise zerstört wurde. "Die Hammaburg ist für den Norden von großer Bedeutung, da der Apostel des Nordens, Ansgar, von dort aus die Christianisierung vorangetrieben hat", hatte Weiss im Vorfeld der Grabungen erklärt.
Die Erwartungen zu Grabungsbeginn waren also hoch, wurden jedoch zunächst enttäuscht. Bis vor wenigen Wochen konnten die Archäologen keine Überreste aus dem 9. Jahrhundert finden. Stattdessen brachten die Ausgrabungen viele andere Fundstücke zu Tage, darunter zahlreiche Zeugnisse anderer Epochen wie Knochen, Münzen und Bruchstücke eines Grabes von Papst Benedikt V., der im Jahre 965 in Hamburg starb und dort kurzzeitig bestattet war. Bei ihrer Suche mussten sich die Archäologen durch mehrere Jahrhunderte Hamburger Geschichte graben. So wurde neben Bombensplittern aus dem Zweiten Weltkrieg auch ein Werkzeug aus der Jungsteinzeit gefunden.
"Die größten Hoffnungen haben wir auf das Toilettenhäuschen aus den 20er Jahren gesetzt, das zuletzt als Sozialstation genutzt wurde", sagte Weiss. An dieser Stelle war noch nie zuvor gegraben worden und die Forscher nahmen sich das Areal als letztes vor. Und tatsächlich fanden die Wissenschaftler dort, was sie suchten: Einen komplett erhaltenen Siedlungshorizont aus mehreren Lehmschichten, mit Wallanlagen, Brandspuren und Holzerhaltungen. "Jetzt haben wir eindeutige Spuren, um zu klären, ob es sich um die Hammaburg handelt", sagte Grabungsleiter Karsten Kablitz.
Wissenschaftler können anhand der C-14-Spuren nun genau klären, aus welchem Jahrhundert die Siedlungsspuren stammen. Bei der ersten Ausgrabung nach dem Zweiten Weltkrieg, 1949 bis 1956, war eine Wallanlage aus dem 10. Jahrhundert entdeckt worden, die jedoch 100 Jahre jünger war als die Hammaburg, die so genannte Domburg. Eine Grabung in den 80er Jahren brachte eine Doppelkreisanlage aus dem 8. Jahrhundert zu Tage, also 100 Jahre zu alt für die Hammaburg. "Wenn wir jetzt Spuren aus dem 9. Jahrhundert finden, wissen wir, hier lag die Hammaburg", stellt Weiss fest. Bis zur endgültigen Gewissheit müssen die Wissenschaftler aber noch einmal Geduld aufbringen: Die Untersuchungen werden einige Monate dauern.
Quelle: ntv.de, dpa