
Optisch unterscheidet sich der P300 kaum von seinen F-Type-Brüdern.
(Foto: Holger Preiss)
Zweisitzige Sportwagen sind nichts für den Alltag, aber Spaßbringer. Leidig ist, dass sie ab einer bestimmten Leistungsklasse nicht billig sind. Jaguar legt nun mit dem F-Type P300 ein Angebot vor, das auch mit Blick auf die Konkurrenz interessant ist.
Man glaubt es kaum, aber der wohl dynamischste Jaguar, der F-Type, ist seit 2012 auf dem Markt. Seit dieser Zeit erfreut sich der britische Sportler größter Beliebtheit bei den Fans rassiger Coupés. Allein im vergangenen Jahr wurden 1300 verkauft. Allerdings konnte der Einstieg in die Power-Katze bis dato nicht in die Kategorie Schnäppchen einsortiert werden. Mindestens 68.200 Euro werden für ein F-Type Coupé aufgerufen. Unter der Haube ist ein 3,0-Liter-V6-Kompressor-Motor, der 340 PS und 450 Newtonmeter maximales Drehmoment zur Verfügung stellt. Jetzt schickt Jaguar eine Vierzylinder-Katze an den Start, die mit ähnlichen Datenblattwerten glänzt, aber mit 59.200 Euro deutlich preiswerter ist. Das Cabrio schlägt mit 66.200 Euro zu Buche.
Nur vier Zylinder für den Spaß?
Der als P300 angebotene F-Type wird von einem 2,0-Liter-Reihenvierzylinder mit Twin-Scroll-Turbolader befeuert, der 300 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 400 Newtonmetern an die Hinterachse schickt. Anders als beim P340 wird die Kraft aber in Serie durch eine Achtgang-Quickshift-Automatik von ZF freigegeben und nicht durch einen sechsstufigen Handschalter. Das hat seine Vor-und Nachteile. Beim friedlichen Cruisen auf Landstraßen und Autobahnen entspannt es den in die sportlichen Polster gefesselten Piloten der Raubkatze ungemein. Wer den aggressiven Ausritt sucht, sollte sich auf die gut proportionierten Schaltwippen am Lenkrad stürzen.
Aber noch einige andere Sachen gilt es bei der sportlichen Ausfahrt mit dem F-Type zu beachten, wie eine erste Testfahrt mit dem 2019er Modell auf den kurvenreichen Straßen rund um Nizza ergab. Der Vierzylinder ist mit seinen 300 PS ein durchaus kraftvolles Triebwerk, dessen 400 Newtonmeter bereits an 1500 Kurbelwellenumdrehungen anliegen sollen. Das stimmt für den Ampelstart ohne Zweifel, in 5,7 Sekunden beschleunigt sich das immerhin 1,5 Tonnen schwere Coupé auf Landstraßentempo. Das im ersten Auslauf getestete Cabrio ist mit 5,7 Sekunden nicht wesentlich langsamer. Wer allerdings aus dem Gleitflug zur spontanen Überholjagd ansetzt, der benötigt mindestens 3000 Kurbelwellenumdrehungen, um den erforderlichen Schub zu generieren.
Paddeln für den Fahrspaß
Klar kann der Fahrer zur Unterstützung den Fahrmodischalter auf Dynamic kippen und den Ganghebel auf Sport stellen. Das Ergebnis ist dann ein wunderbares Spratzen aus dem Endrohr mit Klappensteuerung, aber auch ein etwas angestrengtes Ausdrehen des Motors bis an die Begrenzer-Marke. Erst bei 6000 Umdrehungen wird der nächste Gang eingeklinkt. Besser ist es also, für den Sound die Klappen per Knopfdruck zu öffnen und die Gänge über die Wippe per Fingerdruck einzulegen, wenn die Nadel des Drehzahlmessers an der 5000 kratzt. Das ist dann auch der Moment, an dem die Fahrt mit dem F-Type zum Fest wird.

Der Touchscreen in der Mittelkonsole misst im 2019er-Modell 10 Zoll. Im Bild ist noch das kleinere Display zu sehen.
(Foto: Holger Preiss)
Die elektromechanische Servolenkung ist so hervorragend abgestimmt, dass der Wagen auf jeden Befehl punktgenau reagiert. Die Rückmeldung so akkurat, dass es für den Piloten absolut kein Vertun gibt. Die Sportbremsanlage beißt mit etwas Nachdruck willig in 355er Scheiben vorn und 325er hinten. Dabei zeigt sich der Brite erstaunlich kommod beim Abrollen über Bodenwellen. Lediglich schnell aufeinanderfolgende kurze Stöße quittiert er mit leichtem Zittern im Unterleib. Das hat aber nicht zur Folge, dass der Wagen irgendwann auch nur im Ansatz instabil wird. Ein Dank geht hier an die dynamische Stabilitätskontrolle und das offene Differenzial am Hinterrad. Eins sei allerdings angemerkt: Freunde des heckschwänzelnden Kurvenlaufs müssen sich große Mühe geben oder eine nasse und verschmutze Fahrbahn suchen. Andernfalls wird der P300 seinen Hintern nur mühevoll aus der Bahn werfen.
Kein Suffkopp
Wer so unterwegs ist, wird den größten Spaß auf kurvenreichen Bergstraßen haben, kann aber auf freier Strecke der Wildkatze auch die Sporen bis 250 km/h geben. Der Spritverbrauch von kombinierten 7,2 Litern über 100 Kilometer ist bei solcher Fahrweise natürlich Makulatur. Auf dem freudvollen Ausritt liefen in Summe 12,2 Liter Super durch die Schläuche. Das mag als gelesene Zahl viel sein, ist aber in der Riege der 300-PS-Bolien ein normaler Wert. Auch der CO2-Wert liegt mit 163 Gramm/Kilometer für die Kampfklasse in einem durchaus gemäßigten Bereich.
Wer jetzt die Befürchtung hat, er würde mit dem "kleinen" F-Pace im Vergleich zu den potenteren Familienmitgliedern optisch aus dem Rahmen fallen, der irrt. Statt der dicken Trompeten am Heck des V8 findet sich ein mittig platzierter trapezförmiger Auslass. Ja, der V6 hat zwei, aber bitte, wen stört das, wenn der Sound stimmt? Und der ist wie oben beschrieben eine Symphonie für die Ohren. Auch alle anderen Insignien des feurigen Ausritts wie die Lufteinlassöffnungen im Frontstoßfänger oder die seitlichen Lufteinlässe sind für alle Modellvarianten gleich.
Neu und ebenfalls für alle Modelle verfügbar ist das überarbeitete Infotainmentsystem, das jetzt mit einem 10 Zoll großen Touchscreen, einem Quad-Core-Prozessor, einem Hochgeschwindigkeits-Festplattenlaufwerk mit 60 GB und ultraschneller Ethernet-Verbindung daherkommt. Insofern dürfte der F-Type auch auf der Datenautobahn die linke Spur benutzen.
Neue Fahrassistenten
Bei den Fahrassistenzsystemen haben die Briten beim F-Pace ebenfalls aufgerüstet. Für das Modelljahr 2019 gibt es neben einem Spurhalte- und Aufmerksamkeitsassistenten jetzt auch eine Verkehrszeichenerkennung. Optional kann sich der Käufer für einen Totwinkel-Warner inklusive Annäherungssensor und Kollisionswarnsystem bei Rückwärtsfahrten entscheiden. Neu und wirklich hilfreich ist der Gegenlenkimpuls beim Verlassen der Fahrspur, wenn sich ein Auto von hinten nähert. Über den aktiven Parkassistenten soll hier gar nicht geredet werden. Den gibt es auch und der schiebt die Sportkatze ohne großes Zutun des Fahrers souverän in Längs- und Querlücken.
Am Ende des Tages ist der Jaguar F-Type P300 nicht nur eine preiswerte Alternative zu den größeren Brüdern im Rudel, sondern könnte auch mit Blick auf einen Mercedes SLC, Audi TT oder einen Porsche 718 interessant sein.
Quelle: ntv.de