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Mit altem Speisefett unterwegs HVO-Diesel kommt ab April - ist das jetzt die CO2-Lösung?

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Anfang Februar 2024: Ein Bus der Deutschen Bahn wird mit dem Biokraftstoff HVO betankt. Erstmals fahren seitdem bei Regionalbus Braunschweig (RBB) Busse der DB mit HVO. Ab April kann der Kraftstoff an Tankstellen verkauft werden.

Anfang Februar 2024: Ein Bus der Deutschen Bahn wird mit dem Biokraftstoff HVO betankt. Erstmals fahren seitdem bei Regionalbus Braunschweig (RBB) Busse der DB mit HVO. Ab April kann der Kraftstoff an Tankstellen verkauft werden.

(Foto: picture alliance/dpa)

Diesel aus altem Frittenfett, im Ernst? Viele Sparfüchse haben in der Vergangenheit immer wieder Salatöl in ihr Dieselauto gekippt. Das ist natürlich Steuerhinterziehung. Der ab April legale Kraftstoff aus "Hydrotreated Vegetable Oil" dürfte teurer werden, aber soll gut für die Umwelt sein.

Der Straßenverkehr hat bekanntermaßen ein CO2-Emissionsproblem, das es zu bekämpfen gilt. Die aufwendige Elektromobilität ist sicherlich ein Instrument, das hier helfen kann. Doch es ist eine Binsenweisheit, dass die Umstellung lange dauert. Vielleicht zu lange. Wie wäre es also, den CO2-Ausstoß bereits früher und schneller zu reduzieren, indem man klimafreundlichen Kraftstoff tankt? E-Fuels sollen dabei helfen, doch es gibt eine Lösung, die kurzfristig greifbar scheint. Womöglich kurzfristiger auch als das Ausrollen eines flächendeckenden E-Fuel-Angebots. Ab April erlaubt die Bundesregierung nämlich, dass sogenannter HVO-Diesel verkauft wird. Dabei handelt es sich um Dieselkraftstoff, der beispielsweise aus Fettabfällen hergestellt wird.

Worin besteht der Unterschied? Herkömmlicher, aus fossilem Mineralöl hergestellter Diesel setzt CO2 frei, das aus Überresten von Pflanzen und Tieren rührt, die wiederum seit Jahrmillionen im Boden gebunden sind und sozusagen nicht mehr zum aktuellen Kohlenstoffzyklus gerechnet werden. Gewinnt man den Kraftstoff hingegen aus schnell nachwachsenden Rohstoffen, ist der CO2-Kreislauf neutral, weil die Pflanzen nachwachsen und wieder CO2 speichern. Für alte Fettabfälle gilt dieses Prinzip ebenfalls, denn sie entstammen ja aus Pflanzen, die nachwachsen, weil die Lebensmittelindustrie ja immer wieder nachproduziert. Klingt fast zu schön, um wahr zu sein, oder?

HVO-Diesel kommt zu den Tankstellen

Tatsächlich soll der HVO-Diesel hierzulande in Kürze real verfügbar sein und das nicht bloß als Beimischung, sondern sogar in Reinform. Doch wo? Der italienische Eni-Konzern und das Unternehmen "TotalEnergies" bekunden, HVO-Kraftstoffe anbieten zu wollen. Aber auch auf den Websites von Aral und Shell ist davon zu lesen. Also darf man davon ausgehen, dass die CO2-armen Dieselkraftstoffe in nächster Zeit an den Tankstellen handelsüblicher Marken zu kaufen sein werden. Und da der Kraftstoff chemisch weitgehend konventionellem, sogenanntem paraffinischen Diesel entspricht, kann er auch ohne technische Veränderung am Motor bedenkenlos getankt werden. Das gilt übrigens auch für alte Autos: Das Fachmagazin "Auto Bild Klassik" fährt einen Citroën XM Diesel bereits seit Ende 2023 ausschließlich mit HVO-Diesel.

Natürlich gibt es ebenso kritische Stimmen zum Thema HVO. Demnach stellt sich die Frage, ob alles anfallende Frittenfett überhaupt ausreichen kann, um regelmäßig über zehn Millionen Dieselfahrzeuge zu betanken. Umweltschützer befürchten, dass zur Produktion der HVO-Kraftstoffe beispielsweise Palmöl genutzt werden könnte, was kontraproduktiv wäre.

Neuer Diesel ist sauberer

Verbrennungstechnisch ist der designte Sprit besser als sein fossiles Pendant. Weniger Ruß und Stickoxide machen die lokalen Emissionen jedenfalls sauberer. Der Kraftstoff ist geruchlos und daher angenehmer im Handling. Dieselfahrer wissen, wovon die Rede ist. Und nicht umsonst liegen an den Tankstellen Dieselhandschuhe aus. Andererseits erfordert auch die Herstellung des HVO-Diesels Energie, denn es wird Wasserstoff für die sogenannte Hydrierung benötigt, dessen Herstellung wiederum energieintensiv ist.

Im Gegensatz zu Diesel- sind Ottokraftstoffe nicht so einfach mit der Hilfe von bereits vorhandenen Fettabfällen herstellbar. Hiermit wäre dann auch die Differenzierung von E-Fuels ausgemacht. Denn während HVO-Sprit - vereinfacht gesagt - das Produkt chemisch behandelter Abfälle wie pflanzliche Öle und tierische Fette ist, müssen E-Fuels unter Zuhilfenahme von CO2 und Wasser (zur Wasserstoffgewinnung mittels Elektrolyse) hergestellt werden. Und in diesem Zuge wird diskutiert, ob die CO2-Mengen reichen und wie energieintensiv sie entnommen werden. Im Idealfall wird der dazu benötigte Strom regenerativ erzeugt, dann ist der Kraftstoff auch CO2-neutral.

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Fraglich ist, wie gut der kohlenstoffdioxidarme Dieselkraftstoff angenommen wird, wenn er denn flächendeckend kommen sollte. Günstig wird er zunächst jedenfalls nicht. In den Niederlanden, wo der neue Sprit schon an rund 150 Tankstellen verfügbar ist, muss mit einem Aufpreis von 15 bis 30 Cent pro Liter gerechnet werden. Es gibt Stimmen, die eine steuerliche Vergünstigungen für den Klimasprit fordern. Schön ist, dass nun endlich Bewegung in die Kraftstoff-Thematik kommt - "CO2-reduzierte" Energieträger sind mit der praktischen Einführung nun nicht mehr bloß graue Theorie.

Übrigens sind auch E-Fuels durchaus schon verfügbar. Verschiedene kleinere Firmen bieten den "Sonderkraftstoff" an, aber eben noch nicht in praktikabler Form für den Endkonsumenten. Genau das soll jetzt aber für den HVO-Diesel erfolgen. Mal sehen, ob dadurch auch Rückenwind für E-Fuels entsteht. Wünschenswert wäre es.

Quelle: ntv.de

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