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Ohne Ecken und Kanten Hyundai i30 - noch nie so nah am VW Golf

Der Hyundai i30 sieht gefällig aus. Nichts stört an dem koreanischen Kompakten, der angetreten ist den Golf zu ärgern.

Der Hyundai i30 sieht gefällig aus. Nichts stört an dem koreanischen Kompakten, der angetreten ist den Golf zu ärgern.

(Foto: Holger Preiss)

Es ist der ewige Kampf gegen den Giganten. Hyundai betreibt ihn mit dem i30 bereits seit acht Jahren. Mit der dritten Generation sind die Koreaner aber so nah wie nie am VW Golf. Dazu nutzt man deutsche "Tugenden" ebenso wie überraschende technische Finessen.

LED-Licht gehört an Front und Heck zu den Optionen des Hyundai i30.

LED-Licht gehört an Front und Heck zu den Optionen des Hyundai i30.

(Foto: Holger Preiss)

Wenn Hyundai ein neues Modell seines i30 vorstellt kommt man nicht umhin es ins Verhältnis zum VW Golf zu setzen. Das mag langweilig klingen, ist aber gewollt: "Wir wollen, dass die Leute, wenn sie auf der Suche nach einem Kompaktwagen sind, den i30 ebenso auf der Liste haben wie den VW Golf", betont Deutschland Geschäftsführer Markus Schrick bei der Fahrpräsentation des Wagens. Insofern verwundert es auch nicht, dass der Koreaner sich in seiner äußerlichen Anmutung dem Golf immer weiter annähert. Das Design ist gefällig bis unauffällig. Die Sicken ziehen sich klar und ohne Aufregung durch das Blech. Für etwas Biss sorgen der neue "Kaskaden-Grill" und die knackige Kante im Heck. Egal von welcher Seite man den i30 aber auch betrachtet, er gibt an keiner Stelle Grund zum Anstoß. Wie beim Golf eben.

Auch in den Maßen gleichen sich die beiden fast wie Zwillinge. Mit 4,34 Meter Länge überragt der i30 den Golf um 8,0 Zentimeter. Auch der Radstand von 2,65 Meter ist zwei Zentimeter länger. Am Ende hat der Koreaner auch beim Kofferraumvolumen mit 395 Litern gegen 380 Liter die Nase klar vorn. Den eigenen Vorgänger überragt die Neuauflage ebenfalls deutlich, was sich nicht nur auf das Gepäckabteil auswirkt, sondern auch Reisenden im Fond ausreichend Knie-, Schulter- und Kopffreiheit schenkt. So ist natürlich auch an dieser Stelle der Vergleich mit dem Golf gestattet und bringt in keiner Weise Nachteile für den Hyundai.

Gesucht und gefunden

Der einzige Punkt an dem man sich im Hyundai i30 reiben möchte sind die grauen Plastikeinlagen in der Armatur.

Der einzige Punkt an dem man sich im Hyundai i30 reiben möchte sind die grauen Plastikeinlagen in der Armatur.

(Foto: Holger Preiss)

Am ehesten findet der Suchende, vor allem wenn er richtig pingelig wird, den Unterschied im Interieur. Nicht etwa in den Sitzen, nein, die sind wohlausgeformt, werden natürlich auch in Leder angeboten und offerieren auf Wunsch neben der Heizung auch eine Pobacken-Kühlung. Der Unterschied findet sich im Dashboard. Während das im Golf mit weich geschäumter Plastik ummantelt ist, finden sich beim i30 Einlagen in geprägter Hardplastik. Das wird umso auffälliger, als dass die Designer dachten, sie müssten einen farbigen Akzent in Mausgrau setzen. Klar, dass ist Geschmacksache, aber nicht nur der Blick wird in diese Richtung gezogen, sondern auch die Hand. Und die hat hier keine Freude. Auch das acht Zoll große Multimediadisplay mit Touchscreen ist gewöhnungsbedürftig. Während es im Golf in die Mittelkonsole versenkt ist, thront es im Hyundai aufrecht und in Trapezform darüber. Das ist nicht schlimm, das machen andere Hersteller auch. Worauf die aber verzichten, sind die etwas überdimensionierten Bedienelemente am Rand.

Das tut der Bedienbarkeit keinen Abbruch, sieht nur etwas gewöhnungsbedürftig aus.Insgesamt hat Hyundai aber technisch aufgerüstet. Zwar gibt es noch kein volldigitales Display, sondern die gewohnten analogen Rundinstrumente mit Tacho und Drehzahlmesser, aber das spielt für den Moment auch nicht die erste Geige. Viel wichtiger ist, dass die Koreaner mit einer üppigen Ausstattung an Assistenten bereist in der Grundausstattung einsteigen. So gibt es ab 17.450 Euro einen Müdigkeitsassistent, einen adaptiven Spurhalteassistenten - auf den wir gleich noch näher eingehen - einen Fernlichtassistenten, die City-Notbremsfunktion und einen Tempomaten. Einzig der Motor ist hier der 1,4 MPI mit 100 PS, der bereits im Vorgänger verbaut war und nicht für Dynamik und Sparsamkeit bekannt ist.

Neuer 1,4 Liter Benziner überzeugt

Sehr gute Sitze und ausreichend Platz sprechen für den Hyundai i30.

Sehr gute Sitze und ausreichend Platz sprechen für den Hyundai i30.

(Foto: Holger Preiss)

Da haben die Koreaner inzwischen ganz anderes im Programm. Neu und wirklich eine echte Empfehlung ist der 1,4 T-GDI, der mit 22.350 Euro ab der Ausstattung Trend zu haben ist. Der Vierzylinder leistet 140 PS und generiert 242 Newtonmeter, die sich entweder über ein exakt schaltendes manuelles Sechsganggetriebe oder ein mit sieben Gängen ausgestattetes DCT an die Vorderräder leiten lassen. Wie auch immer die Kraft verteilt wird, der Benziner erfreut durch ein spontanes Ansprechverhalten, angenehme Laufruhe und ausreichend Kraft in allen Lebenslagen. In knapp 9,0 Sekunden beschleunigen beide Antriebsarten auf Landstraßentempo. Für den Handschalter endet der Lauf bei 210 km/h, beim Automaten ist bei 205 km/h Schluss. Auch das Werte, die sich sehen lassen können. Den Verbrauch geben die Koreaner kombiniert mit 5,5 Litern an. Auf bergigen Passagen, Autobahn und kurzem Stadtverkehr waren es beim Testlauf dann doch gut acht Liter.

Wer es eine Nummer kleiner möchte, der macht mit dem 1.0 T-GDI auch nichts verkehrt. Der Benziner mit 120 PS knurrt in den unteren Gängen dreizylindertypisch, beruhigt sich aber schnell und hat keine Probleme, die je nach Ausstattung 1,4 Tonnen anzuschieben. Hier verteilt über sechs Stufen ausschließlich ein Handschalter - der in den Bergen etwas fleißiger bewegt werden muss - die Kraft von 172 Newtonmetern. Für den Sprint auf Tempo 100 braucht es hier 11,0 Sekunden. Für die Spitze gibt das Datenblatt 190 km/h aus. Für den sanften Gleiter, dessen Spritverbrauch kombiniert mit 5,0 Litern auf 100 Kilometer angegeben ist, verlangt Hyundai in der Ausstattungslinie Select 19.700 Euro. Vergleicht man die Preise mit denen des Golfs, so liegt der Koreaner tatsächlich wieder knapp unter denen des Wolfsburgers. In der höchsten Ausstattungslinie Premium trennen die annähernd gleich ausgestatteten Konkurrenten knapp 2000 Euro.

2 Minuten 44 Sekunden mit Autopilot

395 Liter Kofferraumvolumen bei aufrechter Sitzbank, 130 1Liter sind es wenn die Lehne umgelegt wird.

395 Liter Kofferraumvolumen bei aufrechter Sitzbank, 130 1Liter sind es wenn die Lehne umgelegt wird.

(Foto: Holger Preiss)

Doch abseits des schnöden Mammons soll hier noch auf weitere positive Entwicklungen des i30 verwiesen sein. Während die Vorgängermodelle das Problem hatten, dass sie in technischen Belangen dem Golf nie das Wasser reichen konnten, ist der Neue Koreaner gereift. Die Lenkung, die immer als zu indirekt bekrittelt wurde ist nunmehr elektromechanisch gesteuert, angenehm genau und mit einer guten Rückmeldung ausgestattet. Das Fahrwerk, das seinerzeit zu schwammig war, ist unterdessen straff und dennoch komfortabel. Filtert selbst böse Querfugen einfach weg und lässt den i30 problemlos durch Kurven gleiten. Auch in diesen Belangen gibt sich der i30 inzwischen unauffällig wie ein Golf.

Und weil das alles so schön unscheinbar ist, soll an dieser Stelle noch auf einen Umstand hingewiesen werden, der bei der Fahrt im i30 für große Augen sorgte. Hyundai hat sich nämlich auch bei den Assistenzsystemen den Gepflogenheiten angepasst. Für den Koreaner gibt es nicht nur Totwinkelwarner, Querverkehrswarner oder Verkehrszeichenerkennung, sondern auch den schon erwähnten adaptiven Spurhalteassistenten mit aktivem Lenkeingriff sowie einen adaptiven Abstandsradar mit Bremsassistent. Und das Ganze funktioniert im Zusammenspiel mit dem Automatikgetriebe auch ganz famos und vor allem im ersten Test absolut fehlerfrei. Bis zu 2 Minuten und 44 Sekunden fuhr der i30 ohne den Fahrer aufzufordern, das Lenkrad zu übernehmen. Der kürzeste Zyklus lag im Übrigen bei 36 Sekunden. Ein Vorgeschmack auf das Autofahren der Zukunft, das sich gar nicht so unangenehm anfühlt.

N-Performance gegen GTI

Nun mag der Leser sagen: "Gutes Auto, aber irgendwie emotionslos, ohne Ecken und Kanten." Genau, dass war das Ziel, denn auch beim Golf muss man die Emotionen suchen. Finden wird man sie am ehesten in einem GTI. Und so wird es auch beim i30 sein. Hier heißt der GTI aber in Zukunft N-Performance. Ab Herbst 2017 wird der verschärfte kompakte mit 250 PS respektive 275 PS angeboten. Darüber hinaus könnte es auch noch eine Version mit bis zu 300 PS geben, aber das ist noch nicht verbrieft.

Bleibt die Frage, ob sich das Prinzip Golf tatsächlich wiederholen lässt. VW kam mit seinem Klassenprimus ums Eck, als nichts Gleichwertiges auf dem Markt war. Hyundai stemmt sich mit dem i30 gegen einen Giganten, der zudem bereits kommende technische Neuerungen auf der CES in Las Vegas vorgestellt hat. Doch bis die Eingang in die Serie gefunden haben, kann der Koreaner getrost auf die Liste der alternativen Angebote gesetzt werden.

Quelle: ntv.de

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