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Wettbewerb für Elektroautos Silvretta-Rallye - unter Strom auf den Berg

Einst war die Silvretta eine reine Oldtimer-Veranstaltung, heute ist sie Spielwiese für Elektroautos.

Einst war die Silvretta eine reine Oldtimer-Veranstaltung, heute ist sie Spielwiese für Elektroautos.

(Foto: Uwe Fischer)

Mit dem Namen Silvretta verbinden viele Oldtimer-Besitzer eine der reizvollsten Klassiker-Rallyes. Dass die malerische Landschaft des Vorarlbergs beginnt, sich auch als Schau-Platz für Elektromobile zu etablieren, ist noch nicht so bekannt.

Mit der angezeigten Reichweite, müsste der BMW i3 die Silvretta locker schaffen.

Mit der angezeigten Reichweite, müsste der BMW i3 die Silvretta locker schaffen.

(Foto: Uwe Fischer)

Wie schafft man Vertrauen in Zuverlässigkeit und Reichweite von Elektroautos? Diese Frage stellen sich Hersteller seit Langem, denn noch lässt das Interesse der deutschen Kunden zu wünschen übrig. Sie vor Publikum auf die Straße zu bringen lautet ein Rezept, Neugier auf Plug-In-Hybride und "echte" Stromer zu entfachen. Außer etlichen Privatfahrern, die mit Teslas, Kias, Renaults oder Nissans nach Österreich gerollt sind, entdecken immer mehr Automobil-Produzenten die Chance, bei einer Rallye für ihre Elektro-Produkte zu werben.

Steigende Akzeptanz tut not, soll das politisch postulierte Ziel erreicht werden, in vier Jahren eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren zu lassen. Inzwischen wird die Anschaffung solcher Autos staatlich mit 4000 Euro gefördert, doch die Lade-Infrastruktur gleicht noch einem Netz mit sehr großen Maschen. Und auch im äußersten Westen Österreichs sind Ladesäulen normalerweise die Ausnahme, nur im Sommer nicht, wenn die an der E-Silvretta teilnehmenden Firmen die Versorgung ihrer Vorführwagen selbst organisieren.

BMW mit drei Modellen am Start

Erst im kommenden Jahr wird der BMW i3 mit verlängerter Reichweite zu haben sein.

Erst im kommenden Jahr wird der BMW i3 mit verlängerter Reichweite zu haben sein.

(Foto: Uwe Fischer)

In der pittoresken Marktgemeinde Schruns versammelten sich die 26 Starter, um die 213 Kilometer lange Strecke in zwei Etappen unter die Räder zu nehmen. Allein acht davon schickte Mercedes-Benz ins Rennen, darunter eine B-Klasse, die ihren eigenen Strom per Brennstoffzelle produziert. BMW ließ sich ebenfalls nicht lumpen und trat unter anderem mit zwei Autos an, die noch gar nicht auf dem Markt sind: Die neue Luxus-Limousine mit dem komplizierten Namen BMW 740Le xDrive iPerformance und der kompakte Fünftürer i3 mit vergrößerter Batterie werden erst demnächst für die Kunden verfügbar sein.

Auch der BMW 740Le xDrive iPerformance durfte als E-Mobil zur Silvretta rollen.

Auch der BMW 740Le xDrive iPerformance durfte als E-Mobil zur Silvretta rollen.

(Foto: Uwe Fischer)

Aber auch für Kunden, die bereits einen i3 besitzen, besteht in Zukunft die Möglichkeit, auf den stärkeren Akku zu wechseln. Allerdings verlangt BMW für den Austausch stattliche 7000 Euro. Die Bayern betonen, dass sie den Kunden hier sogar noch entgegengekommen sind, denn die tatsächlichen Kosten lägen wohl im fünfstelligen Bereich. Vergleichsweise günstig erscheint da das Angebot der Neuanschaffung. Der i3 mit dem starken 94Ah-Akku ist nämlich ab 36.150 Euro zu haben. Das sind lediglich 1200 Euro mehr, als das auch weiterhin angebotene Modell mit 60Ah-Batterie und der um fast 100 Kilometer geringeren Reichweite.

Zusätzlich im Feld: Zwei Exemplare des Modells 225 xe, der als Plug-In-Hybrid zwar einen Verbrennungsmotor hat, aber an der Steckdose seine Leistungsbatterie aufladen und etwa 40 Kilometer rein elektrisch zurücklegen kann. Er trägt den drittletzten Buchstaben des Alphabets, weil er eine Form des Allradantriebs umsetzt, die dem des BMW i8 vergleichbar ist. Der Unterschied besteht darin, dass beim Active Tourer der Dreizylinder-Benziner auf die Vorderachse wirkt, während der Elektromotor die Hinterachse antreibt. Absoluter Hingucker im Feld war der Fisker Karma Ecochic, ein Sportcoupé mit Solarzellendach, das allerdings nur noch gebraucht zu haben ist, da die Firma die Produktion einstellen musste. Ein anderer Exot ist der elektrische VW-Bulli T2 der gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft Dorstener Arbeit. Seine 500-Kilo-Batterie soll ihn 300 Kilometer weit bringen.

Navigationssysteme sind bei der Silvretta nicht erlaubt. Die Route erliest man sich über ein sogenanntes Roadbook.

Navigationssysteme sind bei der Silvretta nicht erlaubt. Die Route erliest man sich über ein sogenanntes Roadbook.

(Foto: Uwe Fischer)

An öffentlicher Unterstützung für die von einer Fachzeitschrift maßgeblich organisierten Rallye mangelt es nicht. Zum großen Eröffnungs-Bahnhof auf dem kleinen Marktplatz im Bezirk Bludenz hatte eine Schule einen Malwettbewerb zum Thema ausgelobt, die Arbeiten der Kinder werden dem Publikum vor Ort präsentiert und prämiert. Streckensprecher Johannes Hübner gibt den Schaulustigen zu jedem Fahrzeug fachkundige Erklärungen, bevor die Zweier-Teams die erste Etappe in Angriff nehmen. Auch wenn es sich um topmoderne Fahrzeuge handelt, Navigationsgeräte sind bei solchen Rallyes tabu. Vielmehr muss der Beifahrer anhand einer Ansammlung von kryptischen Zeichen und Symbolen die Strecke "lesen" und den Lenker dorthin manövrieren, wo Zeit-, Wertungs- und Sonderprüfungen auf die Teilnehmer warten.

Bergab wird eifrig "nachgetankt"

Der besondere Reiz einer Bergtour im Elektromobil liegt darin, dass sozusagen während der Fahrt nachgetankt werden kann. Unabhängig von Hersteller oder technischem Konzept sind die Serien-Stromer so konstruiert, dass sie Gefällstrecken für die Stromerzeugung nutzen können. "Rekuperation" wird der Vorgang genannt, der die kinetische Energie der Schwungmasse in Elektrizität umwandelt. Auch beim Bremsen wird "Kraftstoff" zurück gewonnen. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass der Ladezustand der Batterie im Tal wieder das Niveau erreicht, wie es vor dem Anstieg auf die Passhöhe war.

Unterwegs sind die Teams den gleichen Herausforderungen ausgesetzt wie ihre Pendants in den klassischen Automobilen, und es ist bei weitem nicht damit getan, immer die richtige Abzweigung zu finden. Zum Beispiel sind definierte und markierte Streckenabschnitte in einer bestimmten Zeit zu durchqueren, beispielsweise 120 Meter in 15 Sekunden. Klingt einfach, aber die mittels Lichtschranke ermittelte Zeit muss präzise getroffen werden, sonst hagelt es Strafpunkte. An anderer Stelle muss der Steigungswinkel einer Bergauffahrt notiert oder der Stempel einer versteckten Durchfahrtskontrolle abgeholt werden.

Sieger-Ehrgeiz und olympischer Gedanke halten sich bei der E-Silvretta noch die Waage. Mancher ist schon froh, wenn er die Strecke nicht verliert und am Abend mit einem vollständig abgearbeiteten Wertungsbogen am Tagesziel ankommt. Um den Erkenntnisgewinn fürs Publikum und auch die Neugier potenzieller Kunden zu steigern, wäre allerdings denkbar, die Startbedingungen für die E-Autos stärker zu differenzieren. Wie das geht, zeigt der Rennsport. In der Langstrecken-Weltmeisterschaft zum Beispiel sind die Hybriden mit streng limitierten und überwachten Energiemengen unterwegs. So wird nicht nur der schnellste, sondern auch der effizienteste Wagen ermittelt.

Quelle: ntv.de

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