Der scharfe Kombi-Kraxler Seat Leon X-Perience - eine echte Erfahrung
30.12.2014, 13:27 Uhr
Vor der Moritzburg: Seinerzeit ritt der Prinz auf der Suche nach Aschenbrödel diesen Weg. Heute würde er mit einem Seat Leon X-Perience vorfahren.
(Foto: Holger Preiss)
Unter dem Volkswagen-Dach findet man bei allen Marken einen kompakten Offroad-Kombi. Das wohl dynamischste Lifestyle-Mobil in der Reihe ist der Seat Leon X-Perience. Und das nicht nur, weil der Spanier optisch die schärfsten Ecken hat.
Nachdem der "gemeine" Kombi in der Publikumsgunst der deutschen Autokäufer gegen die SUV in den letzten Jahren immer mehr verloren hat, haben die Hersteller nicht geruht, bis auch der letzte Lademeister in Offroad-Optik erstrahlt. Gerade unter dem Dach von Volkswagen gibt es seit dem Seat Leon X-Perience keinen kompakten Kombi mehr, der nicht auch mit angedeutetem Unterfahrschutz in Aluminiumoptik, seitlicher Verplankung und angetrieben über alle vier Räder der dicken Konkurrenz am Leder flicken soll. Und tatsächlich haben die kompakten Kombi-Kraxler einige Vorteile gegenüber den hochbauenden Dickschiffen.
Alle Kombis durchdekliniert

Bis zu 1470 Liter verschwinden im Seat Leon X-Perience bei umgelegter Rückbank auf einer planen Fläche.
(Foto: Holger Preiss)
Sie glänzen mit einer im Vergleich niedrigen Ladekante, einem in der Regel größeren Kofferraum und einer deutlich besseren Agilität und Dynamik. Natürlich sind diese Kombis mit SUV-Attitüde nicht für schweres Gelände geschaffen worden. Daran ändert auch der Allradantrieb und das beim Seat Leon X-Perience 15 Millimeter höhergelegte Fahrwerk nichts. Sicher kann der eine oder andere Holperweg souveräner überrollt werden und auch steile Ein- und Ausfahrten können dem spanischen Überlandkombi nichts anhaben, aber echtes Gelände sollte man dennoch meiden. Was der 4Drive dem Seat aber gibt, ist eine enorm gute Straßenlage und ein super Grip.
Auch bei widrigen Straßenverhältnissen wie Regen, Schnee oder Eis ist der Golf aus Spanien kaum aus der Spur zu bringen. Wie beim Golf Variant Alltrack und Skoda Octavia Scout optimiert eine Haldex-Kupplung der fünften Generation die Kraftübertragung. Bei Bedarf schaltet sie den Antrieb der Hinterachse in Sekundenbruchteilen zu, ohne dass es für den Fahrer spürbar ist. Zudem haben die Spanier den X-Perience angenehm straff abgestimmt und mit einer sehr direkten Lenkung versehen. Das wird vor allem die sportlich ambitionierten Fahrer freuen, denn trotz der drei Zentimeter höheren Sitzposition im Vergleich zu seinen gleichnamigen Straßenkumpels ohne Allrad lässt er sich zielgenau und flott durch die Kehren scheuchen.
Bei voller Ladung fehlt der Schwung
Allerdings sollte, wer dem dynamischen Fahrvergnügen frönt, überlegen, ob er sich mit dem im Testwagen verbauten 2,0-Liter-Diesel anfreunden kann. Der leistet 150 PS und generiert ein Drehmoment von ordentlichen 340 Newtonmetern. Laut Datenblatt schiebt er die 1,5 Tonnen schwere Fuhre in 8,7 Sekunden von null auf Tempo 100. Schluss soll mit dem Vortrieb erst bei 208 km/h sein. Das sind beeindruckende Werte, die sich aber im Test schnell relativieren. Spätestens, wenn die Bude voll besetzt und die 587 Liter Kofferraumvolumen mit Reisetaschen gefüllt sind, verliert der wunderschön gezeichnete Designer-Kombi mit Kraxelattitüde an Schwung. Mit langem Anlauf geht es bis an die 200-km/h-Marke, aber wirklich dynamisch will das nicht mehr wirken. Deutlich flotter dürfte der ebenfalls für den X-Perience erhältliche 2.0 TDI mit 184 PS unterwegs sein. Der kostet allerdings 33.060 Euro ohne Extras.
Auch der Verbrauch lässt den Fahrer nicht in Jubel ausbrechen. Im Testverlauf verschwanden über die gefahrenen knapp 1000 Kilometer im Schnitt 7,1 Liter Diesel aus dem 55 Liter fassenden Tank. Herstellerseitig ist von 4,9 Litern die Rede. Nun sei dem Spanier zugute gehalten, dass er sich bei Minusgraden mit laufendem Powärmer – der sich im Winterpaket für 390 Euro verbirgt – über die Straßen kämpfen musste. Dennoch hätte eine 6 vor dem Komma für mehr Freude gesorgt.
Laufruhe in wertigem Ambiente

Schick und frisch wirken die Armaturen. Die Braun-Grau-Kombination der Polster ist Geschmackssachen.
(Foto: Holger Preiss)
Erfreulich hingegen ist die Laufruhe des 2.0 TDI, den es natürlich mit Start-Stopp-Automatik gibt, und die präzise und absolut leichtgängige Sechsgang-Handschaltung. Das Triebwerk nervt selbst bei schnellem Lauf die Insassen nicht mit aufmüpfigem Brummen. Auch über die bequemen und in jedem Fall langstreckentauglichen Polster gibt es nichts zu klagen. Ob hingegen die Braun-Grau-Kombination des Alcantara-Stoff-Leder-Pakets gefällt, das mit 550 Euro zusätzlich zu Buche schlägt, dürfte Geschmackssache sein. Beim Autor und Betrachtern des X-Perience hielt sich die Begeisterung bei dem Anblick eher in Grenzen. Dabei wertet die Optik mit den zusätzlich farblich abgesetzten Ziernähten den Innenraum deutlich auf, widerspricht aber irgendwie der sportlichen Zeichnung von Armatur, Instrumententafel und Luftausströmdüsen. Doch letztlich liegt das im Auge des Betrachters. Weniger subjektiv ist der Umstand, dass in den Seitenfächern aller vier Türen lediglich 0,5-Liter-Flaschen verstaut werden können.
Ansonsten ist für Ablageflächen gesorgt. Jedenfalls findet man für alle Kleinigkeiten einen Platz - entweder im Fach der Mittelarmlehne, in der Mittelkonsole oder in den Seitenfächern der Türen. Jeweils zwei Becherhalter befinden sich für Fahrer und Beifahrer neben der mechanischen Handbremse und für die Fondpassagiere in der ausklappbaren Mittelarmlehne der Rückbank.
Der Preis wird heiß

Der X-Perience wirkt bulliger als seine Kollegen. Die vermitteln aber dafür mehr Sportlichkeit.
(Foto: Holger Preiss)
Doch wer in den Seat Leon X-Perience ab 28.750 Euro einsteigt, der bekommt noch mehr: sieben Airbags, eine Geschwindigkeitsregelanlage, Berganfahrhilfe, eine elektronische Differenzialsperre und das Mediasystem mit 5,0 Zoll großem Farb-Touchscreen. Wer jetzt aufrüsten will, dem stehen die Türen offen. Für 560 Euro gibt es eine automatische Distanzregelung mit City-Notbremsfunktion. Das Navigationssystem gibt es für durchaus bezahlbare 690 Euro und wer es richtig krachen lassen will, holt sich für 330 Euro das Seat Soundsystem. Das kann dann auch über Bluetooth, USB, AUX oder CD mit MP3 bespielt werden.
Im Comfortpaket II verbergen sich der Regensensor und der automatisch abblendende Innenspiegel. Dass es elektrisch anklappende Außenspiegel beim X-Perience nicht im Grundpreis gibt, ist schade. Wer die haben will, muss weitere 130 Euro bereithalten. Auch die für den 4,54 Meter langen Kombi nicht unwesentlichen Einparksensoren müssen für satte 500 Euro extra in der Optionsliste gebucht werden. Und für das Geld ist nicht die Rede von einer Rückfahrkamera. Optisch lässt sich der Lade-Kraxler dann auch noch mit 18-Zoll-Rädern bestücken, die mit 225er Reifen bespannt sind. Das sieht wuchtig aus, gibt dem Spanier noch mal einen ganz anderen Stand und kostet lediglich 450 Euro mehr. Anders die Voll-LED-Scheinwerfer, für die Seat satte 1190 Euro haben will.
Wer also seinen X-Perience wie auch immer anfetten möchte, der sollte den Taschenrechner danebenlegen und genau abwägen, was nottut und was nicht. Denn der zum Test zur Verfügung gestellte Leon mit dem 2.0-Liter-Diesel und 150 PS kostete in der Grundausstattung bereits 29.740 Euro. Mit allem erwähnten Beiwerk waren es am Ende bereits 35.375 Euro. Ein stattliches Sümmchen für einen Mittelklassewagen. Auch wenn er optisch aus der Masse heraussticht und sich technisch des neuesten Standes erfreut.
Fazit: Der Seat Leon X-Perience gehört in seinem Segment unbenommen zu den dynamischsten Schlechtwege-Kombis auf dem Markt. Allerdings nehmen ihm die seitlichen Verplankungen, der Unterfahrschutz und die Höherlegung um 15 Millimeter ein gutes Stück seines sportlichen Auftritts. Wer also nicht in häufiger Folge Schotterpisten oder Waldwege zu durchqueren hat, sollte sich überlegen, ob er mit einem Leon ST 4Drive nicht besser bedient ist. Hier starten die Preise bereits ab 24.290 Euro für den 1.6 TDI mit 105 PS. Wer es sportlicher und in der Grundausstattung üppiger möchte, landet dann beim Seat Leon ST FR. Leider gibt es den dann nur mit dem auch im Testwagen verbauten 2.0 TDI mit 150 PS und der Preis startet bei 29.290 Euro.
DATENBLATT | Seat Leon X-Perience 2.0 TDI 4Drive |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)Active 1,6l BlueHDi 120 STOP & START | 4,54 / 1,97/ 1,48 m |
Radstand | 2,63 m |
Leergewicht (DIN) | 1484 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 587 / 1470 Liter |
Motor | Vierzylinder mit 1968 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang Handschaltung |
Leistung | 110 kW/150 PS |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | Allradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 208 km/h |
Tankvolumen | 55 Liter |
max. Drehmoment | 340 Nm bei 1750 - 3000 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 8,7 Sekunden |
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert) | 5,8 / 4,2 / 4,9 l |
Testverbrauch | 7,1 l |
Effizienzklasse | B / EU6 |
Grundpreis | 29.740,00 Euro |
Preis des Testwagens | 35.375,00 Euro |
Quelle: ntv.de