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Zapp Maier - die WM-TV-Kolumne Aller guten Dinge sind drei

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(Foto: picture alliance / dpa)

Warum einer, wenn es nicht auch drei sein können - im britischen Fernsehen dürfen bei der WM eine Vielzahl von Fußballexperten fachsimpeln und niemals wird der Kommentar einem überlassen - so beugt man der Langeweile vor.

Englands Ex-Nationalspieler Gary Lineker macht nicht nur am Ball eine gute Figur.

Englands Ex-Nationalspieler Gary Lineker macht nicht nur am Ball eine gute Figur.

(Foto: REUTERS)

Thierry Henry ist gelangweilt. Das Spiel Russland-Belgien gibt auch nicht viel her und was die belgischen und russischen Stürmer da fabrizieren, nervt den vielfachen französischen Nationalspieler und ehemaligen Arsenal-Star. Kollege Alan Shearer stimmt zu und Moderator Gary Lineker, der ja eigentlich neutral sein sollte, nickt. Nur Clarence Seedorf springt für die unglücklichen Russen in die Bresche und erwähnt die Abwehrversuche der gegnerischen Mannschaft - was ein wenig gönnerhaft klingt.

Anders als im deutschen Fernsehen, wo es Leuten wie Oliver Kahn oder Mehmet Scholl allein überlassen wird, Phrasen zu dreschen, setzt man im englischen Fußballfernsehen auf drei Experten, wobei man bei der BBC eigentlich vier hat, denn schließlich gehört Gary Lineker zu den Fußballlegenden im Land.

Der ehemalige englische Nationalstürmer gehört zu den wenigen Ex-Sportlern, die sich vor der Kamera wohlfühlen. Er führt mit einer Leichtigkeit durch das Programm und tröstet mit seinem Charme über so manchen Grottenkick hinweg. Er moderiert normalerweise "Match of the Day", eine Art Sportschau. Für die WM hat die BBC recht tief in die Taschen gegriffen und sich internationale Hochkaräter wie Henry und Seedorf geholt.

Dazu gibt es die britischen Eigengewächse wie Manchester Uniteds Rio Ferdinand und das Urgestein Alan Hansen, der als ehemaliger Innenverteidiger oft über mangelnde Abwehrleistungen nörgelt und es irgendwie schafft, auch lobende Worte eher zu grummeln. Schaut man sich die Gestalten im Studio an, könnte man auf den Gedanken kommen, dass Verteidiger auch im richtigen Leben eher schwerfälliger agieren, während ihre Stürmerkollegen wie Sonnenkinder wirken.

Im Notfall Stammtischparolen

Er lächelt halt gern: Fabio Cannavaro.

Er lächelt halt gern: Fabio Cannavaro.

(Foto: dpa)

Fabio Cannavaro dürfte dann aber die Ausnahme sein. Der ehemalige italienische Abwehrchef wurde vom britischen Sender ITV als Experte verpflichtet, ist der englischen Sprache aber nicht ganz so mächtig und so fallen seine Analysen eher einsilbig aus. Dafür sieht er immer wie aus dem Ei gepellt aus und lächelt die ganze Zeit, was fast ein wenig verstörend wirkt, denn als aktiven Spieler hat man ihn immer finster über den Platz stapfen sehen.

Okay, als er 2006 den WM-Pokal in den Himmel reckte, hat er gelacht, aber daran will man als Deutscher nicht unbedingt erinnert werden. Cannavaro darf sich bei ITV meistens mit dem Franzosen Patrick Vieira und Engländer Lee Dixon im Studio austoben. Hier regieren also eher die Abwehrleute, deshalb werden auch stundenlange Debatten darüber geführt, ob man nun in der entsprechenden Situation besser den Raum oder den Mann gedeckt hätte.

Wenn es allzu zu dröge wird, greift ITV-Moderator Adrian Chiles mit Thesen ein, die eher an den Stammtisch erinnern. Er regt sich über Müller auf, der seiner Meinung die Rote Karte von Pepe im Spiel Deutschland - Portugal provoziert hat und fällt stellvertretend für Millionen englischer Fußballfans in tiefste Tiefen, als die Mannschaft mit der Niederlage gegen Uruguay schon in der Vorrunde aus dem Wettbewerb fliegt. Er geifert auch ein bisschen gegen Wayne Rooney, wobei dieser vorher von den Kommentatoren in Schutz genommen wurde.

Die Sendung mit der Fußballmaus

Wobei wir bei den Kommentatoren sind - auch hier lässt man niemanden allein agieren und es funktioniert meistens. In Deutschland hat man das ja auch mal vor Jahrzehnten unter anderem mit Karl-Heinz Rummenigge versucht und es schnell wieder sein gelassen. Dabei wäre es wirklich ein Versuch wert, denn wenn man einen guten Reporter mit einem eloquenten Fußballer paart, kann das sehr unterhaltend sein.

Besonders wenn das Geschehen auf dem Spielfeld eher zum Gähnen ist. Zumindest können sich die Kommentatoren dann gemeinsam über die mangelnde Spielfreude und spielerisches Unvermögen aufregen. Und der Fußballer liest meistens das Spiel besser und erklärt, warum dieser Pass so genial war oder diese Abwehrvariante gut funktioniert. Ich habe das Gefühl, dass man im englischen Fußballfernsehen mehr über den Sport lernt als im deutschen Fernsehen.

Es kann aber auch schiefgehen und das musste der arme Phil Neville feststellen - der ehemalige Spieler von Manchester United fungierte zum ersten Mal als Co-Kommentator beim Spiel England - Italien und es hagelte nur so an Kritik. Ein regelrechter Twittersturm brach über die "Schnarchnase" Neville ein, der nach Meinung vieler nichts Originelles von sich gegeben hatte. Die BBC verteidigte seinen Neuzugang und bat um eine gewisse Schonfrist.

Für das Spiel Belgien - Russland ließ sich der Sender dann eine andere Variante einfallen - wer wollte, konnte sich das Spiel von Hacker T Dog, einer Puppe aus dem Kinderprogramm, kommentieren lassen. Auch eine Variante, die man sich im deutschen Fernsehen überlegen könnte.

Quelle: ntv.de

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