Hollywoods Ausnahmeerscheinung Cannes würdigt Meryl Streep mit Ehrenpalme
14.05.2024, 21:56 Uhr Artikel anhören
Die Hollywood-Legende Meryl Streep hat einen guten Grund zur Freude: Bei der Eröffnungszeremonie der internationalen Filmfestspiele in Cannes wurde sie für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
(Foto: picture alliance / Vianney Le Caer/Invision/AP)
Für den Hollywood-Regisseur Alan J. Pakula ist sie ein offenes Buch - außer, wenn sie vor der Kamera steht und sich ein geheimnisvoller Schleier um sie legt. Nun, nach 47 Jahren in der Filmbranche, wird der Star aus "Der Teufel trägt Prada" und "Mamma Mia!" in Cannes für ihr Lebenswerk geehrt.
Sie war nie eine klassische Hollywood-Schönheit und auch ihr Privatleben ist nicht besonders glamourös. Doch wegen ihrer Wandlungsfähigkeit gilt Meryl Streep vielen als beste Schauspielerin der Welt und Hollywood-Idol ohne Gleichen. Sie drehte Kultfilme wie "Kramer gegen Kramer", "Jenseits von Afrika" und "Der Teufel trägt Prada" und bekam dafür drei Oscars und insgesamt 21 Oscar-Nominierungen.
Zur Eröffnung des Filmfestivals in Cannes wurde die 74-Jährige nun auch noch mit der Ehrenpalme ausgezeichnet. "Du hast unsere Art verändert, wie wir auf Frauen in der Kinowelt schauen", sagte die französische Schauspielerin Juliette Binoche bei der Preisübergabe in Cannes.
Streep selbst dankte ihrerseits dem Publikum, "dass Sie sich an meinem Gesicht nicht so schnell satt gesehen haben". Das Attribut "beste Schauspielerin der Welt" weist Streep kategorisch zurück. Lange Zeit präsentierte sie sich gar als Frau, die sich hauptsächlich um ihre vier Kinder kümmert und nur nebenbei Kinofilme macht. Vier Jahrzehnte lang war sie mit demselben Mann verheiratet, erst im vergangenen Jahr ließ Streep die Öffentlichkeit wissen, dass sie bereits seit sechs Jahren von dem Bildhauer Don Gummer getrennt lebe.
"Die geheimnisvollste Frau" vor der Kamera
Der Regisseur Alan J. Pakula, der mit Streep 1982 das Weltkriegsdrama "Sophies Entscheidung" drehte, sagte einmal über sie: "Sie ist die am wenigsten geheimnisvolle Person, die ich kenne." Sobald Streep aber vor der Kamera stehe, sei sie "die geheimnisvollste Frau, die es gibt".
Ihre Kindheit war nicht außergewöhnlich: Die am 22. Juni 1949 in New Jersey geborene Mary Luise Streep wächst in einer heilen Mittelklasse-Familie auf. In der Oberschule fängt sie mit dem Theaterspielen an, wobei ihr ein ausgezeichnetes Gedächtnis und ihr Talent für Akzente helfen. An ihr Studium der Theaterwissenschaften hängt sie noch einen Master in Schauspiel an der Elite-Uni Yale.
Danach macht Streep sich mit ihrem Talent und ihrem Arbeitseifer schnell einen Namen in der New Yorker Theaterszene. Schließlich wechselt sie vom Broadway nach Hollywood, und schon ihr zweiter Film "Die durch die Hölle gehen" von 1978 bringt ihr ihre erste Oscar-Nominierung ein.
Viele können sich mit ihren Filmcharakteren identifizieren
Wie in dem Vietnamkriegsdrama spielt Streep künftig immer wieder stinknormale oder sogar unsympathische Frauen. In "Kramer gegen Kramer" verkörpert sie 1979 eine Frau, die ihre Familie verlässt, dann aber um das Sorgerecht für ihren Sohn kämpft. Damit spricht sie die vielen Frauen in aller Welt an, die zwischen ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter und ihrem Bedürfnis nach Unabhängigkeit hin- und hergerissen sind. Für die Rolle bekommt Streep ihren ersten Oscar, der zweite folgt für ihre Hauptrolle als Holocaust-Überlebende in "Sophies Entscheidung".
Als die Rollenangebote mit zunehmenden Alter knapper werden, erfindet sich Streep 1992 in der schwarzen Filmkomödie "Der Tod steht ihr gut" neu. Es folgen Filme wie "Die Brücken am Fluss" mit Clint Eastwood als männlichem Gegenpart und Regisseur. Auch mit anderen Kult-Filmemachern wie Sydney Pollack und Steven Spielberg hat Streep zusammengearbeitet.
Wenige Jahre vor ihrem 60. Geburtstag erhält Streeps Karriere mit ihrer Rolle als eiskalte Modezeitschrift-Chefredakteurin in "Der Teufel trägt Prada" neuen Schub. Die US-Schauspielerin lässt sich weiterhin nicht auf ein Genre festlegen und spielt 2008 im ABBA-Filmmusical "Mamma Mia!" mit. Mit 62 erhält sie schließlich ihren dritten Oscar für ihre Rolle als Margaret Thatcher in "Die Eiserne Lady".
Kritik der MeToo-Bewegung
Einen Kratzer bekommt Streeps Image im Zuge der MeToo-Bewegung. Rose McGowan, eine der ersten Schauspielerinnen, die dem mächtigen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein öffentlich sexuellen Missbrauch vorwerfen, hält Streep 2017 entgegen: "Ihr Schweigen ist das Problem." Die MeToo-Aktivistinnen nehmen es Streep übel, dass sie sagt, sie habe nichts von Weinsteins Fehlverhalten gewusst, und dass sie ihn ein paar Jahre vor Bekanntwerden der massenhaften Vorwürfe sogar als Film-"Gott" bezeichnet hatte. Etwas für ihr Image tut Streep, als sie mit ihrem Kollegen und Freund George Clooney im vergangenen Sommer 15 Millionen Dollar aufbringt, um die streikenden Hollywood-Schauspieler und Drehbuchautoren zu unterstützen.
Und letztlich bleibt Streeps Geschichte eine sagenhafte Erfolgsstory, wie auch ihr Biograf Michael Schulman prägnant umschreibt: "Keine vor 1960 geborene Schauspielerin bekommt in Hollywood eine Rolle, bevor diese nicht von Meryl abgelehnt wurde."
Quelle: ntv.de, Yvonne Brandenburg, AFP