Unterhaltung

"Eine Show, die relevant ist" Die ESC-Mission der ARD

"Für uns ist es wichtig, dass Jamie-Lee glänzen kann."

"Für uns ist es wichtig, dass Jamie-Lee glänzen kann."

(Foto: imago/Future Image)

Der ESC ist eines der letzten großen TV-Lagerfeuer. Ein Feuer, an dem sich viele gern wärmen - oder aber ihr Mütchen kühlen. n-tv.de fragte ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber nach öffentlichem Druck, der Hoffnung Jamie-Lee und - natürlich - Xavier Naidoo.

n-tv.de: Sie begleiten Jamie-Lee nun bereits seit einigen Tagen in Stockholm. Warum ist sie die Richtige für den Eurovision Song Contest (ESC) in diesem Jahr?

Thomas Schreiber: Erst einmal ist sie die Richtige, weil das TV-Publikum in Deutschland mit wirklich großer und eindeutiger Mehrheit für sie angerufen hat. Aber sie ist auch die Richtige, weil sie an dem, was sie macht, Spaß hat. Und sie hat Spaß daran, gewinnen zu wollen. Damit sage ich nicht, dass sie hier auch wirklich gewinnt. Aber sie hat die Leistungsbereitschaft, das Beste abliefern zu wollen. Dass sie wirklich sehr gut singen kann, hat sie zum Beispiel bei ihrem Auftritt in der Residenz des deutschen Botschafters in Stockholm gezeigt. Und bei den Proben in den vergangenen Tagen haben wir erlebt, dass sie die Bühne hier zu ihrer Bühne macht. Jetzt muss das noch die Kamera abbilden und den Zuschauern zeigen. Dann haben wir alles geschafft.

Wie geht es Ihnen denn, wenn Sie sich einen Vorentscheid zum ESC anschauen? Schlägt da ihr Herz für bestimmte Kandidaten oder können Sie das ganz neutral betrachten?

Als Unterhaltungskoordinator der ARD ist Thomas Schreiber nicht zuletzt für den ESC zuständig.

Als Unterhaltungskoordinator der ARD ist Thomas Schreiber nicht zuletzt für den ESC zuständig.

(Foto: imago/Future Image)

Es wäre sehr unprofessionell, wenn meine Emotionen dabei überkochen würden. Wir bemühen uns immer sehr darum, die besten Teilnehmer zu finden und ein möglichst breites Spektrum anzubieten. Die Popmusik in Deutschland ist sehr vielfältig. Von daher finde ich es wichtig, dass wir - wie in diesem Jahr - zum Beispiel von Schlager mit Ella Endlich über die Gregorians und Glam Metal von Avantasia bis hin zu Jamie-Lee eine möglichst große Bandbreite haben. Was ich persönlich gerne höre, wenn ich etwa in meinem Auto sitze oder zuhause bin, tut unter professionellen Gesichtspunkten nichts zur Sache.

Für die ursprüngliche Nominierung von Xavier Naidoo für den diesjährigen ESC mussten Sie sich viel Kritik anhören. Inzwischen ist das Schnee von gestern. Trotzdem: Wie sehen Sie die Sache nun mit einigem Abstand?

Zu Xavier Naidoo möchte ich mich nicht äußern, das haben wir ausführlich getan. Hier geht es um Jamie-Lee. 

Noch einmal anders gefragt: Die Kritik an der Nominierung Naidoos war das eine. Zugleich gerieten aber auch die Medien - ich nehme uns da gar nicht aus - in den Verruf, zu überzogen und hysterisch reagiert zu haben. Sie sind selbst Medienmacher, stehen mit dem ESC aber eben auch stets unter massiver Beobachtung. Wie sehen Sie das?

Noch einmal: Ich möchte mich dazu nicht äußern. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel.

Okay, mal losgelöst von Naidoo: Einerseits muss es Sie natürlich freuen, dass am ESC immer ein so reges öffentliches Interesse besteht. Andererseits erscheint die Aufregung dafür, dass es sich "nur" um einen Gesangswettbewerb handelt, manchmal auch irrational. Nehmen wir den ESC zu ernst?

Nun, zunächst einmal ist es eine Fernsehsendung! Und uns geht es darum, dass wir an einem Samstagabend und auf dem Weg dorthin eine gute Sendung und Show machen. Eine Show, die relevant ist. Das bedeutet: Eine Show, die eingeschaltet wird, die man sich angucken will und von der es am nächsten Morgen heißt, dass man sie gesehen haben muss. Dasselbe gilt für den Vorentscheid. Wichtig dabei ist, dass die Zuschauer mitbestimmen können. Beim deutschen Vorentscheid haben sie den Künstler ausgewählt. Als Fernsehmacher wollen wir, dass unsere Sendungen gesehen werden und unterhalten. Und wir wollen beim ESC den europäischen Gedanken hochhalten - darum geht es definitiv auch.

"Bloß nicht schon wieder 0 Punkte!", rufen viele schon im Vorfeld des diesjährigen Finales. Prallt das an Ihnen ab?

Natürlich gewinnt man lieber, als dass man verliert. Aber noch einmal: Zunächst ist der ESC eine Fernsehsendung, in die jeder gerne hinein interpretieren kann, was er möchte. Natürlich treten wir an, um eine bestimmte Qualität abzuliefern. Wir tun handwerklich alles dafür, damit der Künstler, der vom deutschen Publikum gewählt wurde, in Europa möglichst gut präsentiert wird. Aber dass eine Fernsehsendung für unterschiedliche Menschen etwas Unterschiedliches bedeutet, gehört auch dazu. Die Fans, die für den ESC enorm wichtig sind, betrachten das sicher mit anderen Augen als jemand, der sich vielleicht nur einmal im Jahr für den ESC interessiert. Letztlich ist das aber ja genau das Spannende daran.

Für eine Künstlerin wie Jamie-Lee, die gerade mal 18 geworden ist, ist es sicher nicht so leicht, das alles so nüchtern zu verarbeiten. Wie kümmern Sie sich um sie bei alledem, was gerade auf sie einprasselt?

Das machen wir sehr intensiv. Wir haben uns etwa unmittelbar am Morgen nach dem deutschen Vorentscheid mit Jamie-Lee und unserem Team - also ihrem Management, dem Regisseur Ladislaus Kiraly, dem Lichtdesigner Jerry Appelt, NDR Kolleginnen und Kollegen und der Plattenfirma - zusammengesetzt. Da war zum Beispiel auch Jamie-Lees Vater dabei. Seither gibt es einen sehr regelmäßigen Austausch. Jamie-Lee wird von mehreren Profis aus der Branche begleitet. Und wir versuchen, im richtigen Maß zwischen Anforderungen und Erholung Rücksicht zu nehmen.

Was bei all dem Termindruck von Proben über Interviews bis hin zu Empfängen sicher auch Not tut …

Der Eurovision Song Contest ist im Endeffekt ein mehrmonatiger Marathon. Er beginnt mit der Entscheidung, beim Vorentscheid mitzumachen, und endet mit dem Finale. Beim Marathon gewinnt immer der, der auf den letzten zehn, fünf und auch drei Kilometern noch Kraft und Luft hat. So betrachte ich auch die Vorbereitungszeit auf die Sendung. Für uns ist es wichtig, dass Jamie-Lee beim Jury-Finale am Freitag und beim großen Finale am Samstag glänzen kann. Unser Job ist es, sie dort hin zu tragen.

Was ist dann Ihre Erwartung oder Hoffnung für das Finale?

Im Moment bin ich sehr glücklich, dass Jamie-Lee die Bühne ausfüllt. Das wünsche ich mir auch für Freitag und Samstag. Zudem wünsche ich mir, dass die schwedischen Kollegen von Kamera und Regie es hinbekommen, die drei, vier oder fünf zentralen Momente aus dem Lied so einzufangen, dass sie beim Fernsehpublikum ankommen. Dann habe ich keine Zweifel, dass Jamie-Lee ihr Bestes zeigen kann.

Was heißt das mit Blick auf die Platzierung?

Unser professionelles Ziel ist immer eine Top-Ten-Platzierung. 

Mit Thomas Schreiber sprach Volker Probst

Quelle: ntv.de

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