"Keine Qualitätsproduktionen" Harfouch kritisiert ARD und ZDF
20.09.2014, 13:16 Uhr
Corinna Harfouch
(Foto: Tim Brakemeier)
Sie ist eine der gefragtesten und renommiertesten deutschen Schauspielerinnen: Corinna Harfouch. Doch sie ist auch schonungslos wenn ihr etwas nicht gefällt - und kritisiert in einem Interview nicht nur DDR-Filme, sondern auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender.
Schauspielerin Corinna Harfouch hat ihrem Ärger über das Programm bei ARD und ZDF Luft gemacht. "Es gibt bei den Sendern nur noch ganz wenige Redaktionen, über die ich sage: Die sind noch irgendwie bei Trost, die denken noch nach, die pflegen noch eine Fantasie, die nicht von Tausenden Regeln erstickt ist", sagte Harfouch der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sei ein System entstanden, "in dem sich der einzelne Mensch kaum noch gegen den Apparat durchsetzen kann", beklagte die 59-Jährige. "Ich weiß gar nicht, ob ich bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehredaktionen von Feigheit sprechen soll."
Dass unter den hochgelobten TV-Serien der Gegenwart keine deutsche Produktion ist, hat für Harfouch einen Grund: Deutsche Qualitätsserien erwähne niemand, "weil es keine gibt, die den Begriff verdient". Serienangebote lehne sie regelmäßig ab. Zuletzt sei es die Produktion "Die Füchsin" gewesen, verriet Harfouch. "Es geht - raten Sie mal - um eine Privatdetektivin, es ist doch fürchterlich, es gibt nichts anderes mehr."
Unfassbar viel Schrott
Doch die Schauspielerin, die in Suhl geboren wurde, vermisst nicht nur den Mut zu Qualitätsproduktionen im deutschen Fernsehen, sie hat auch eine unmissverständliche Haltung gegenüber dem Film- und Fernseherbe der DDR. "Es ist nicht alles ein Schatz. Es gab unfassbar viel Schrott und der wird eben verschrottet", sagte Harfouch. "Man muss nicht alles aufbewahren. Vieles war mittelmäßig, hässlich, grob und ungekonnt. Und das sehr absichtsvoll. Die Arbeiter-und-Bauern-Unterhaltung wollte ideologisieren und hat das mehr als holprig angestellt."
Doch hat die Schauspielerin auch gute Erinnerungen an die konspirative und engagierte Stimmung, in der damals Kunst gemacht worden sei: "Ich habe das mal vermisst. Extrem", sagte Harfouch. "Aber dann hat mich der Satz einer Freundin aus dem Westen aufgerüttelt, die mir gesagt hat: 'Aha, aha, du brauchst für dein künstlerisches Wohlbefinden also eine Diktatur.' Und es ist etwas Wahres dran: Kunst in der Diktatur macht auf eine ambivalente Weise viel mehr Spaß, man spürt sich ganz einfach mehr." Der Preis dafür sei allerdings zu hoch. Außerdem, so Harfouch, "stehen in der jetzigen Gesellschaft viel härtere Fragen an".
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa