"Polizeiruf" aus Frankfurt (Oder) Harzer Käse und Vorabendunterhaltung
17.04.2016, 21:45 Uhr
Haben die richtigen erwischt: Raczek und Lenski
(Foto: rbb/Christoph Assmann)
Die ultimative Belastungsprobe für die deutsch-polnische Freundschaft riecht nach alten Socken. Das hat nicht so viel mit Autoschiebern und militanten Bürgerwehren zu tun, soll aber die Krimistimmung auflockern. Ob das funktioniert?
Beweise sichern, Zeugen befragen, Zusammenhänge herstellen: So eine Mörderhatz kann ganz schön anstrengend sein, auch und vor allem für die Zuschauer eines TV-Krimis. Nun gibt es viele Mittel und Wege, die Stimmung ein bisschen aufzulockern, ohne gleich den ganzen Druck aus dem Kessel zu nehmen. Und es gibt den Weg der öffentlich-rechtlichen Vorabendunterhaltung, den der neue "Polizeiruf" aus Frankfurt/Oder geht: Er beinhaltet einen hungrigen deutschen Polizisten, einen treudoof blickenden Revierhund und ein deutsch-polnisches Polizeirevier, in dem der Diebstahl eines Harzer Käses ein Kapitalverbrechen darstellt.
Irgendwo da draußen wird es wohl tatsächlich jemanden geben, der diese Sorte Stinkerhumor witzig findet, alle anderen dürften vor lauter Fremdscham dagegen eher mit den Augen rollen. Was ein bisschen schade ist, denn abgesehen von der humoristischen Komponente ist dem RBB diesmal ein durchaus solider "Polizeiruf" gelungen.
Fehlt nur noch die Crystal-Küche
"Der Preis der Freiheit" thematisiert gleich eine ganze Reihe von grenznahen Konflikten, die aber natürlich alle irgendwie miteinander verbunden sind: Eine junge polnische Polizistin kommt bei der Verfolgung eines geklauten SUV ums Leben, der vermeintliche Mörder begeht Fahrerflucht und versteckt sich in einer Scheune von Oderfischern. Die wiederum sind Teil einer zwielichtigen Bürgerwehr mit latent fremdenfeindlicher Gesinnung. Und aus all dem Chaos wollen die immer noch nicht ganz eingespielten Kommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) die Wahrheit heraussortieren.
Polnische und ukrainische Autoschieber, militante deutsche Bürgerwehren und bockige Brandenburger Bauern: Je nach Perspektive ist die Themenwahl des neuen "Polizeirufs" entweder enorm unkreativ oder ganz schön mutig - mehr Klischees hätten die Macher schließlich nur verwursten können, wenn am Ende auch noch irgendwo eine Crystal-Küche explodiert wäre. Allerdings sind die angerissenen Probleme eben auch genau die, die in einer Grenzregion wie Frankfurt eine Rolle spielen. Und sobald man sich darauf einmal eingelassen hat, unterhält der "Der Preis der Freiheit" ganz ordentlich. Unterstützt wird das Ganze durch eine melancholische Bildsprache und sehr viel Dunkelheit, die eine Einsamkeit vermittelt, die schlicht und ergreifend perfekt nach Brandenburg passt.
Leider wird die Einsamkeit dann aber auch immer wieder von der eingangs angesprochenen Vorabend-Betulichkeit unterbrochen - ganz so, als ob sich Regisseur Stephan Rick nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollte, um ja keine Zuschauer zu vergraulen. Wenn überhaupt erreicht er damit allerdings eher das Gegenteil. Für einen richtig packenden Krimi reicht es deswegen am Ende leider trotzdem nicht. Ob "Der Preis der Freiheit" deshalb auch mit einem lauten "Fuck" schließt?
Quelle: ntv.de