Hallo, ich bin der Neue Lanz punktet mit Nackten
07.10.2012, 05:05 Uhr
Vom Publikum beklatscht, von Lagerfeld beäugt, von Frau van der Vaart geküßt: Markus Lanz.
(Foto: REUTERS)
Während sich beim Supertalent Simone aus Brindisi die Seele aus dem engen T-Shirt singt und ein kleiner stromresistenter Mann Würstchen zum Glühen bringt, quatscht Markus Lanz sich bei seiner "Wetten, dass..?"-Premiere um Kopf und Kragen - macht aber nichts.
Er kann reden, das steht fest. Er sieht gut aus, das wissen wir. Er stellt normalerweise die richtigen Fragen. Er kann auch mit den Großen der Showbranche – jetzt muss er nur noch lernen, an den richtigen Stellen einfach mal den Mund zu halten. Und das ist nicht böse gemeint, denn in diesem kurzen Bericht soll es darum gehen, dass Markus Lanz einer ist, den man mögen kann - und muss.
Denn: Die Übernahme des Show-Schlachtschiffs "Wetten, dass..?" hätte auch in die Hose gehen können ("Ich habe mächtig Schiss in der Büx", hatte er vor Kurzem noch wissen lassen). Es ging dann aber doch alles ganz gut. Der Anfang der Show war tatsächlich rasant: Chauffiert vom kleinen Schumi-Bruder, erwartet vom Boxer-Bruder Klitschko, die besten Freunde, Weggefährten und Fürsprecher in der ersten Reihe – dann noch die Verbeugung vor – alles super bis dahin.
An Tagen wie diesen …
Auch die Sprüche sitzen: Markus Lanz besitzt zum Glück so viel Intelligenz, dass seine Koketterie niemals wirklich unangenehm wirkt. Er freut sich sichtlich über den immensen Beifall, den ihm das Düsseldorfer Publikum entgegen bringt, und die kleine Reminiszenz an ist wirklich nett. Der entscheidet zeitgleich über künstlerisches Leben und Tod beim auf und gibt dabei leider nur eine semi-glückliche Figur ab. Denn Lanz’ Meinung nach hätte der Tommy noch ewig die ZDF-Show moderieren können (zögerlicher Applaus im Publikum), doch nun macht er, der Lanz, sich mal ans Werk (tosender Applaus) – die Voraussetzungen sind bestens.
Sehr gute Idee: die Prominenten kommen zusammen mit ihren Kandidaten auf die Bühne, alle benutzen die gleiche Treppe, die Promis bleiben auch die ganze Sendung über auf der mobilen Couch (schönen Gruß an Stefan Raab), und die Kandidaten sitzen in einer Lounge auf der Bühne. Sie bleiben die komplette Sendung hindurch in Kontakt mit den Paten und dem Publikum. Das Frank-Elstner-Prinzip, nämlich Kandidaten und Wetten in den Vordergrund zu stellen und nicht Moderator und Promis, ging voll auf.

Auch mit den großen Stars kann er ganz gut: Jennifer Lopez fühlte sich Lanzens Händen gut aufgehoben.
(Foto: dpa)
Kaum ein anderer Show-Mann ist ja so gut auf seine Gäste vorbereitet wie Markus Lanz – und das ist super, wenn er nahezu allabendlich seine Talkshow durchzieht - am Samstagabend kann er sich das aber gerne abgewöhnen. Da darf er spontaner werden, dann würde die ganze Kiste auch in der vorgegebenen Sendezeit ablaufen und nicht so gnadenlos überzogen werden. Wir glauben ihm auch so, dass er 1a über seine Gäste recherchiert hat! Da grenzt er sich wirklich am deutlichsten von seinem Vorgänger ab, der ja oft den Eindruck machte, dass er sich eigentlich null dafür interessiert, was der Gast so zu sagen hat.
Wir werden darüber zu reden haben …
Die Gäste: Ehepaar van der Vaart – immer ein Gewinn, die sind einfach süß. "Wetten, dass..?"-Stammgast Karl Lagerfeld wirkte ab und an geradezu fassungslos darüber, dass er mal nicht im Mittelpunk steht, aber er sah das dem Jungspund gütig nach und flirtete fast mit ihm.
Die Lokalmatadoren, Campino und die hüstelnde Landesmutter Hannelore Kraft, bereicherten das Sofa, Rolando Villazon durfte tatsächlich ohne Anna Netrebko kommen und Wotan Wilke Möhring hätte man noch länger zusehen und zuhören mögen. Aber das geht ja bald wieder (im Kino und auch als Tatort-Kommissar).
Was Bülent Ceylan geritten hat, sich per Tanz vor Jennifer Lopez (die als einzige früher gehen durfte) komplett zum Löffel zu machen – wir wissen es nicht. Ob er nachhaltig schockiert war, weil sie kurz zuvor nur in drallen Spitzenstrumpfhöschen aufgetreten war, oder ob ihm noch immer die Frage durch den Kopf geisterte: "Warum nochmal habe ich mir die Fingernägel Schwarz lackiert?" – wir werden es nie erfahren.
Manche Dinge sind ungerecht – warum darf der Mann, der die "Lanz-Challenge" so gnadenlos versemmelt hat, zwei Wochen auf Kreuzfahrt gehen? Ach ja, weil ein anderer für ihn die Liegestütze gemacht hat (38 Stück, Lanz schaffte immerhin 28 mit ner Bierkiste auf dem Rücken (Chapeau!) und warum ist der glücklose erste Wett-Kandidat (er schoss auf der Slackline Tore im Fallrückzieher, eine Kunst, die selbst von den wenigsten Profis seit Klaus Fischer ohne Slackline nicht beherrscht wird) am Ende doch der Sieger? Weil er Wettkönig wird, völlig zu Recht, und mit einem nagelneugen Auto nach Hause fahren darf.
Moderator mit Migrations- und Migränehintergrund
Hübscher Gedanke, theoretisch: die schwergewichtige Cindy aus Marzahn als Assistentin im krassen Gegensatz zu Vorgängerin , die oft Gottschalks Schludrigkeiten weglachen musste.

Debüt bestanden: Das älteste Flaggschiff der deutschen TV-Unterhaltung hat einen neuen Moderator.
(Foto: dpa)
Es ware schön, wenn die beiden, sollte das Konzept erhalten bleiben, sich näher kommen würden. So hatte man das Gefühl, sie fühlt sich nicht ganz wohl in der Rolle, er fühlt sich auch nicht so wohl, und ständig auf ihrem Gewicht rumzureiten ("Cindy kriegt ihr Fett weg") ist auch nicht weiter ausbaufähig, denn alle Witze haben sie nun bereits in der ersten Sendung verballert.
Ja, vielleicht war es ingesamt ein bisschen zu viel, zu voll, Günther Jauch war sogar da (der von Switch allerdings), die Ruder-Olympioniken und Cro (mit dem T-Shirt-Aufdruck "Was reimt sich auf Lanz", naja).
Ach ja, und Campino und die Nackten? Die Düsseldorfer, sonst ja gern im Pelz unterwegs, machten sich für die Außenwette tatsächlich Spencer-Tunick-mäßig nackig und formten das Wappen des ansässigen Fußballvereins. Das sah schön aus, alles in rot-weiß.
Der absolute Star des Abends und komplett Kalauer-frei war aber der kleine Julian, der das Berliner S-Bahn-Netz auswendig konnte und mit perfekter Intonation die Zugansagen zum Besten gab: "Nächster Halt: Bornholmer Straße, Übergang zu den Zügen xyz und zum Regionalverkehr".
Wir schließen uns an, wünschen weiterhin gute Fahrt und wetten, dass der Südtiroler das beim nächsten Mal noch besser hinkriegen kann?
Quelle: ntv.de