Unterhaltung

"Ehrgeiz ist völlig fehl am Platz" Smudo im Rausch des ESC

Seit Montag leisten ihre beiden Ex-Mentoren bei "The Voice of Germany" Jamie-Lee in Schweden Gesellschaft.

Seit Montag leisten ihre beiden Ex-Mentoren bei "The Voice of Germany" Jamie-Lee in Schweden Gesellschaft.

(Foto: dpa)

Gemeinsam mit Fanta-4-Kollege Michi Beck ist Smudo als moralische Stütze für Jamie-Lee nach Stockholm gereist. Im n-tv.de Interview gewinnt er nicht nur dem ESC ganz neue Seiten ab, er denkt auch über eine neue Karriere jenseits der Musik nach.

n-tv.de: Beim Eurovision Song Contest (ESC) 2012 in Baku habe ich deinen Band-Kollegen bei den Fantastischen Vier, Thomas D., zu einem Interview auf einer Parkbank aufgestöbert. Dich treffe ich nun in der Residenz des deutschen Botschafters in Stockholm. Ein etwas nobleres Ambiente …

Gemeinsam mit Jamie-Lee kraxelten Smudo und Michi Beck auf Stockholms Rathaus herum.

Gemeinsam mit Jamie-Lee kraxelten Smudo und Michi Beck auf Stockholms Rathaus herum.

(Foto: dpa)

Smudo: Ja, das stimmt. Das Haus hier ist irgendeine Mischung aus Allgäu und skandinavischem Stil - mit Blick zum Hafen, dazwischen ein in voller Blüte stehender Park. Da frage ich mich sofort: Was muss man machen, um Botschafter zu werden? Aber ich habe das gerade von seinem Attaché erfahren: Man muss beim Generalkonsul erst einmal die Prüfung ablegen und sich dann nach und nach hocharbeiten. Wenn ich jetzt mit 48 anfangen würde, könnte ich irgendwann mit 80 mein Leben auch so verbringen.

Du bist hier zusammen mit Michi Beck, um euren Schützling Jamie-Lee zu unterstützen. Wann seid ihr angekommen?

Am Montag. Und als allererstes wurden wir zu einer Kletterpartie auf das Rathaus gescheucht. Ich fand, das ist etwas, das man sofort auch am Hamburger Rathaus anbieten müsste.

Der ESC ist nicht gerade die Baustelle, die man normalerweise mit dir verbinden würde. Wie empfindest du das hier?

Für mich ist das tatsächlich ein ungewöhnlicher Ausflug. Mit unserer begrenzten Sicht als Hip-Hopper haben wir den ESC natürlich auch immer als einen Wettbewerb von Interpreten und nicht von Künstlern gesehen. (lacht) Aber das hat sich gewandelt. Als Kind, damals, als es nur drei Programme gab, versprühte der ESC den Duft der weiten Welt, der per Fernsehen ins Wohnzimmer kommt. Und ich erkenne hier jetzt schon auch, dass es ein internationaler Wettbewerb von einer gewissen Größe ist. Und es gibt noch eine weitere Komponente, die ich so langsam verstehe und gut finde.

Und zwar?

Diese Show- und Unterhaltungs-Komponente. All diese Kostüme, das Kitschige und stellenweise auch Trashige hat eben durchaus etwas Unterhaltsames. Jetzt ist mir auch völlig klar, warum das ein schwules Publikum attraktiv findet - weil es um die Gesamt-Performance geht. Dazu passt dann auch gut diese Interpreten-Denke. Zugleich bin ich natürlich ganz stolz, dass wir hier in Vertretung für unsere deutsche Kandidatin, die Jamie, sind. Sie ist ja auch mehr Künstlerin als Interpretin.

Der ESC macht ja aber schon länger einen Image-Wandel durch, in den vergangenen Jahren zum Beispiel auch durch Stefan Raab …

Bei einem Auftritt in der deutschen Botschaft in Stockholm gab Jamie-Lee eine Kostprobe ihres Könnens.

Bei einem Auftritt in der deutschen Botschaft in Stockholm gab Jamie-Lee eine Kostprobe ihres Könnens.

(Foto: dpa)

Ich muss ehrlich sagen: So sehr hat mich das bislang noch nicht beschäftigt. Ich werde mir jetzt am Samstag tatsächlich zum ersten Mal den Grand Prix in voller Länge antun. Und mal gucken, wie ich es danach finde. Ich habe die letzten Tage schon ein bisschen mit Hausaufgaben verbracht: gelesen, was die Presse so schreibt, und mir auch alte Aufnahmen angeguckt.

Bevor Jamie-Lee nun als deutsche Kandidatin feststand, gab es das Hick-Hack um die Nominierung von Xavier Naidoo. Wie fandest du das?

Ich kenne den Kollegen Naidoo. Ich finde ihn als Sänger ganz toll, aber politisch auch streitbar. Ehrlich gesagt, fand ich sowohl den Umgang des NDR als auch der Medien mit dem Thema ungeschickt. Er wurde ja für etwas verurteilt, das er selbst gar nicht angezettelt hatte. Und plötzlich wurde aus der ESC-Nominierung eine Nummer gemacht, als würde er vor der Uno sprechen müssen. Er ist ein Sänger! Und er hätte gut gepasst. Das wäre sicher ein toller Vortrag geworden. Zugleich fand ich es auch doof, dass jemand einfach so nominiert wurde. Dieser totalitäre Touch war bestimmt nicht sehr geschickt. (lacht)

Um so etwas muss sich Jamie-Lee nach ihrem Sieg in einem Vorentscheid keinen Kopf machen …

Ja, Jamie kann auf jeden Fall mit dem guten Gefühl nach Hause gehen, das Trauma der Deutschen rund um den ESC vielleicht endgültig ausgeräumt zu haben - egal, welchen Platz sie macht. Sie ist eine Kandidatin, auf die sich alle geeinigt haben und auch wirklich stolz sind. Das spüre ich zuhause und auch hier in Stockholm.

Du sprichst die Platzierung an. Was sind mit Blick darauf deine Erwartungen?

Meine persönliche Erwartungshaltung ist rein künstlerisch. Erfahrungsgemäß würde ich schätzen, dass sie eine gute Mittelfeld-Position erringen wird. Ich weiß nicht, ob es ein Platz in den Top Ten wird. Man könnte natürlich auch von den Top Five träumen … Aber ich glaube, dazu sind die Deutschen in Europa aktuell einfach zu unpopulär. Das hängt überhaupt nicht mit Jamie zusammen.

Hast du dir denn schon mal einige ihrer Konkurrenten im Finale angeguckt?

Ich habe eigentlich nur nachgelesen, wer die hippen Leute sind. Und ich habe mit Jamie darüber gesprochen. Sie hat mir gesagt, dass der australische Beitrag ganz toll sei und die Franzosen eine gute Chance hätten, vorne mitzumischen. Aber die Songs habe ich noch nicht gehört.

Falls es am Samstag doch nicht für einen guten Platz reichen sollte - was tust du mit Michi Beck, um Jamie-Lee zu trösten?

Wir machen das, was wir auch schon bei "The Voice" gemacht haben. Wir stapeln tief. So ein naturgegebener Pessimismus ist immer gut. Das wende ich auch in meiner eigenen Karriere an. Bei den Projekten, die wir machen, konzentriere ich mich auf die Sachen, an denen ich mich erbauen kann. Und so sage ich auch Jamie: "Lass uns die Zeit hier zusammen genießen, es ist toll, eine Riesenchance, wir werden ganz viele verrückte Erfahrungen machen …" Es ist doch wirklich super, das alles hier mitzuerleben. Und es ist etwas, das man seinen Kindern mal erzählen kann. Ehrgeiz ist hier völlig fehl am Platz. Das Gute ist bereits passiert: Wir sind hier. Alles andere ist ein Bonus.

Mit Smudo sprach Volker Probst

Quelle: ntv.de

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