"Let's Dance" - die Auftaktshow Vollblut-Tussis und lebende Rollkoffer
14.03.2015, 06:28 Uhr
Sylvie Meis hätte man einen Knebel gewünscht - für ihre Gäste.
(Foto: dpa)
Deutschlands beliebteste Tanzshow ist zurück. Die einen reden mehr als sie tanzen, die anderen treibt die Angst, sich zu übergeben, zu Glanzleistungen. Es gibt Liebesbekundungen, Knutschattacken und den Wunsch nach fliegenden Schlüpfern.
"Ich hätte lieber in den Dschungel gehen sollen", gesteht die selbst ernannte "Vollblut-Tussi" Enissa Amani, als ihr klar wird, worauf sie sich mit ihrer Teilnahme bei "Let's Dance" eingelassen hat. Professionelles Tanzen ist eben anstrengender als Akkord-Sabbeln und Witze reißen, erst recht, wenn die Füßchen nach rechts wollen, obwohl der "Dance-Coach" nach links schwenkt. Gerade aber als der Zuschauer sie abwatschen möchte, weil ihre süße Gosche das heimische Soundsystem zum Vibrieren bringt, rockt die 30-jährige Comedy-Schönheit plötzlich das Haus. Man hat fast Angst, dass sie mit ihren heißen Moves und rhythmischen Bewegungen das Parkett abfackelt. Selbst ihr Tanzpartner kommt bei so viel Temperament ins Schwitzen. Willkommen zur vierstündigen Auftaktshow von "Let's Dance!"
In der beliebten RTL-Show will man auch in diesem Jahr zeigen, wie mit Hilfe von Profitänzern aus Fußgängern und lebenden Rollkoffern kleine Tanz-Koryphäen werden. Dass dies alles andere als einfach ist, beweist gleich zu Beginn kein Geringerer als der tanzende Felsen Detlef Steves - bekannt durch diverse Reality-TV-Formate. Das Anti-Tanztalent soll mit Isabel Edvardsson einen Cha-Cha-Cha auf den Dancefloor zaubern. Deffi, der "zwar unglaublich cool mit seinem kleinen Sattel wackelt", liefert - bis auf ein paar schrille, halb cholerische Motivationsschreie - jedoch eine Performance ab, die die Stimmung der Sendung ab der zweiten Hälfte vorwegnimmt.
"Schön in den Boden getanzt"
Obschon die altbekannten Juroren, Joachim Llambi, Motsi Mabuse und Jorge Gonzales schnell auf Betriebstemperatur warmgelaufen sind, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Sendung teils wie der Genuss eines Latschenkiefer-Tees wirkt. Zu lange durchgezogen - vor allem, was die Sendezeit betrifft! Unsäglich lange. Elendiglich. Schnarchig.
Die achte Show, und das ist das Neue, trumpft dieses Mal gleich mit 14 Kandidaten auf. Lang ist ja nicht immer schlecht, langatmig aber meistens schon. Doch clever wie die bei RTL sind, kommt der Bierzelt-Applaus immer genau zum richtigen Augenblick, nämlich dann, wenn man kurz davor ist, einzunicken. Verstehen Sie das nicht falsch, die Kandidaten sind hier nicht das Problem!
Obwohl: so ganz stimmt das nicht. Von einigen hätte man sich weniger Gequatsche gewünscht. Einfach mal die Klappe halten und überzeugen ist aber heutzutage auch schwierig. Stattdessen wird endlos palavert, dass man Sylvie Meis am liebsten hinter die Bühne schicken würde, um mal ein paar Knebel zu besorgen.
Die größte Angst aller Kandidaten (welch Wunder!) ist, bereits nach der ersten Show rauszufliegen. Auch Thomas Drechsel geht deswegen ordentlich die Pumpe. Dann aber tanzt der GZSZ-Schauspieler mit seiner Regina einen feschen Cha-Cha-Cha und überzeugt vor allem "Mr. Gnadenlos" Llambi so sehr, dass Drechsel sich um ein vorzeitiges Ausscheiden keinerlei Sorgen machen muss. Der Profi sieht sogar Dinge, die dem Laien verborgen bleiben. Von "purem Sex" ist plötzlich die Rede. Muss man das verstehen? Nein, es reicht ja, wenn man ungefähr weiß, was Llambi meint, wenn er sagt, Drechsel habe die Nummer "schön in den Boden getanzt".
"Weniger als Kreisklasse"
Auch Ex-Viva-Moderatorin Minh-Khai Phan-Thi hat mit Ängsten zu kämpfen. Größte Sorge der Schauspielerin: "aufs Parkett zu kotzen". Das muss man sich mal bildlich vorstellen! Mit so einer spontanen Bauchentleerung wäre sie sofort in aller Munde. Minh-Khai könnte im Nachhinein sagen, dass das natürlich alles nur geschauspielert war und wäre möglicherweise zwar bald von der Tanz-, nicht jedoch so schnell wieder von der Bildfläche verschwunden. Aber eine solche "Mega-Dynamik" würde ja auch zu weit gehen und so tanzt die "Frühlingsrolle" (Zitat Massimo Sinató) mit ihrer Spaghetti (ebenfalls Zitat Massimo Sinató) brav einen Quickstepp, der zwar hübsch anzuschauen ist, den man aber nach drei Minuten bereits wieder vergessen hat.
So zieht es sich hin. Stunde um Stunde. Der eine hoppelt wie ein angeschossenes Kaninchen auf weiter Flur, der andere schlurft übers Parkett als würde er schlaftrunken morgens um sechs den Gang zur Kaffeemaschine antreten. RTL-Moderatorin Katja Burkard offenbart zwar, dass sie eine Links-Rechts-Schwäche hat, aber das wäre, hätte sie es nicht verraten, niemandem aufgefallen. Ohnehin hat die achte Staffel das Zeug zur ultimativen Quatsch-Show. Fußball-Weltmeister-Mats-Hummels-Verlobte Cathy Fischer hat noch keinen einzigen Schritt getanzt, da erfährt der Zuschauer bereits von ihr, dass sie Model, Bloggerin, Reporterin und "Fashionista" ist. "Die Leute kennen mich ja von meiner WM-Kolumne", fiept sie und ist mit ihren hippen Berufen ungefähr so überzeugend wie ihre Darbietung: überhaupt nicht. "Stampfig, holzig, Beine nicht unter Kontrolle", attestiert Llambi. Oder um es in "Fußball-Sprech" zu sagen: Das war weniger als Kreisklasse.
Das Beinchen muss hoch
Vollkommen überdreht hüpft auch Schauspielerin Beatrice Richter durch die Show. Die stolze 66-jährige Komödiantin tanzt mit ihrem Vadim einen Comedy-Cha-Cha-Cha und "vergisst dabei ihre Hüfte". Im Grunde ist das sehr sympathisch und "powerful" wie die Jury anmerkt, nervig wird's nur, als auch sie plötzlich einen unsäglichen Redeschwall zelebriert.
Doch es gibt auch Tänzer, die schwerelos über das Parkett gleiten: Gewichtheber Matthias Steiner, optisch kaum wiederzukennen, ist einer davon. Llambi hat zwar was zu mosern, aber "wer mit den großen Hunden pinkeln will, muss eben das Beinchen richtig heben".
Während Yoga-Guru Ralf Bauer einen etwas schlumpfigen Quickstepp und Mutmaßungen lostritt, er habe trotz Dynamik "den Stock hinten drin", tanzt die "griechische Jennifer Aniston", Panagiota Petridou, laut Llambi "wie ein Affe aufm Schleifstein". Den kleinen Fauxpas reißt sie spätestens wieder raus, als sie keck das Röckchen hebt und ihr rot gepunktetes Unterhöschen zeigt.
"Black is the new Colour"
Und dann kommt er - Hans Sarpei. Wer bislang der klischeehaften Annahme verfiel, Fußballer können nicht tanzen, wird eines Besseren belehrt. Denn der Hans, der kann's! Der 38-jährige Ex-Schalker tanzt, als habe er den Rhythmus erfunden. "Zugabe!", grölen die Bierzeltler zurecht, aber auch Motsi ist begeistert: "Einfach nur Wa-Wa-Wum - läuft bei dir! Super Hüfte!" Die versuchte auch Daniel Küblböck beim Quickstepp zu "You're The One That I Want" mit Motsis Schwester Otlile zu zeigen, aber statt "slow-quick-quick-slow" gibt es bei dem Musiker nur "quick-quick-quick".
Am Ende schlich noch einmal Ralf Schumachers Ex-Frau Cora übers Parkett und deutete einen langsamen Walzer an. Letztlich war es aber egal, welchen Tanz die Rennfahrerin tanzte, denn nicht ihre Performance sorgt für allerlei Spekulationen, sondern der emotionale Ausnahmezustand, in dem sie sich allem Anschein nach befindet. Da wird berichtet, dass sie sich seit vier Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen habe und sich nun wieder "ins Leben tanzen" wolle. Ob die Teilnahme an "Let's Dance" dafür die richtige Entscheidung ist, wissen nur Cora Schumacher und ihre PR-Berater. Bewertet wird letztlich ihre Performance und die ist ein Abbild ihrer selbst - unglücklich und unsicher - im Grunde zum Heulen.
Zum Heulen war auch dem Zuschauer zumute, als er auf die Uhr sah und feststellen musste, dass er tatsächlich vier Stunden vor der Glotze gehangen hatte. Eine kleine Wiedergutmachung dafür gab es zum Schluss: "Fashionista" Cathy Fischer musste abtanzen.
Quelle: ntv.de