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"Das brandneue Testament" Wissen Sie auch schon, wann Sie sterben?

Bei "Das brandneue Testament" weiß plötzlich jeder, der ein Smartphone besitzt, wann er sterben wird.

Bei "Das brandneue Testament" weiß plötzlich jeder, der ein Smartphone besitzt, wann er sterben wird.

(Foto: Youtube/NFP marketing & distribution*)

Jeder Mensch segnet irgendwann das Zeitliche - und dank Éa wissen nun auch alle, wann. Filmemacher Jaco Van Dormael hat sich eine Tochter Gottes erdacht, die dem Diktat ihres Vaters nicht länger folgen will. Deswegen übernimmt mal eben dessen Computer.

Was, wenn jeder Mensch schon seit Sterbedatum wüsste? Im Film "Das brandneue Testament" werden sämtliche Todesdaten anonym verbreitet. Wer ein Handy hat, bekommt die Nachricht - der Countdown läuft. Kriege und Konflikte werden daraufhin beendet, wie im Fernsehen die Nachrichtensprecherin berichtet. Außerdem seien viele Menschen, die ihren Sterbezeitpunkt erfuhren, der Arbeit ferngeblieben. "Alle fragen sich: Was machen wir noch aus unserem Leben?" Regisseur Jaco Van Dormael macht daraus eine Tragikomödie voller skurriler Momente und poetischer Bilder.

"Ich habe einfach nur ein Märchen erzählt", sagt der belgische Filmemacher über sein neues Werk "Das brandneue Testament". Ob er die Befürchtung hatte, die katholische Kirche damit schockieren zu können? Darüber habe er sich keine Gedanken gemacht. Auch habe er gar nicht versucht, zu schockieren. Dabei hat er in seinem Märchen die Rolle des Bösewichts jemand ganz Besonderem gegeben: Gott höchstpersönlich.

"Gott lebt in Brüssel"

"Gott existiert. Er lebt in Brüssel", erklärt eine Kinderstimme gleich zu Beginn der Geschichte. Blitz und Donner krachen über die Leinwand. Das Mädchen berichtet weiter von Gott. "Er ist ein Tyrann. Er behandelt seine Frau und seine Tochter mies."

"Er ist ein Tyrann", findet Éa, Tochter von Gott.

"Er ist ein Tyrann", findet Éa, Tochter von Gott.

(Foto: © Kris Dewitte)

Es ist Éa (Pili Groyne), dessen zehnjährige Tochter, die davon erzählt, wie Gott (Benoît Poelvoorde) nicht nur sie und ihre Mutter (Yolande Moreau), sondern die gesamte Menschheit drangsaliert. Den ganzen Tag lang schlurft er schlecht gelaunt im Bademantel durch die Wohnung.

Seine Freude hat Gott hier nur am Bösen. Der Allmächtige löst Naturkatastrophen und Kriege aus. Dazwischen überlegt er sich kleine Fiesheiten für den Alltag der Menschen. Neue Gebote, die Gott schuf, lauten etwa: Sobald jemand in der Badewanne liegt, klingelt das Telefon. Ein Marmeladenbrot fällt immer auf die Marmeladenseite. Und im Supermarkt geht es in der Schlange nebenan immer schneller.

Lästereien über Jesus Christus

Catherine Deneuve liebt einen Gorilla.

Catherine Deneuve liebt einen Gorilla.

(Foto: © Fabrizio Maltese)

Gottes Sohn Jesus Christus steht nur noch als Jesusfigur auf dem Schrank. "JC" nennt Éa ihren Bruder, bei dem sie sich immer wieder Rat holt. Als das Mädchen schließlich - von Vater Gott verprügelt - endgültig fliehen will, gibt "JC" ihr noch den Rat, die Liste der zwölf Apostel aus dem Neuen Testament um sechs weitere zu ergänzen, deren Geschichten sie für das "brandneue Testament" aufschreiben soll. Doch zuvor rächt sie sich an ihrem Vater: Von dessen Computer aus verschickt sie die Sterbedaten der Menschen.

"Das brandneue Testament" ist nach "Toto der Held", "Am achten Tag" und "Mr. Nobody" erst der vierte Langfilm Van Dormaels. Sein Werk ist gefüllt mit originellen Ideen, die für ebenso groteske wie magische Momente sorgen. Wenn in einer Szene die verlorene Hand einer einarmigen Frau allein auf dem Tisch tanzt, ist das ein schmaler Grat zwischen schräg und schön. Immer wieder überrascht der Film, zeigt zauberhafte Bilder und absurde Komik. Letzteres vor allem, wenn Gott sich selbst auf die Erde begibt und etwa in einer Kirche von einem Priester Prügel bezieht, weil er dermaßen über Jesus Christus ablästert.

Armlos & besessen von Sex

Die sechs Apostel, die Éa der Reihe nach aufsucht, liefern tragische Einzelschicksale: Die wunderschöne Aurélie etwa, die glaubt, dass man sie nicht lieben kann, weil sie nur einen Arm hat. Oder der Sexbesessene, der seine Kindheitsliebe wieder trifft. Und Frankreichs Filmstar Catherine Deneuve spielt eine frustrierte Ehefrau, die erst mit einem jungen Liebhaber, den sie dafür bezahlt, ins Bett geht - und dann mit einem Gorilla aus dem Zirkus. Traurige und fröhliche Geschichten über Menschen, die sich schon damit abgefunden hatten, Verlierer zu sein.

"Das Paradies ist hier und heute, nicht erst nach dem Tod", sagt der Regisseur. "Wir haben nicht lange zu leben. Liebt und tut deshalb, was euch gefällt." Und was wird aus Gott? Der muss zumindest im Film miterleben, dass man Frauen nicht unterschätzen sollte - auch nicht als Allmächtiger.

"Das brandneue Testament" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.

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Quelle: ntv.de, Dorit Koch, dpa

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